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Leerlauf adé

Drucklufttechnik: Lärmschutz direkt mit integriert
Leerlauf adé

Energie verschlingende Leerlaufzeiten von Festdrehzahlkompressoren konnte Rolls-Royce durch den Einsatz drehzahlgeregelter Schraubenverdichter deutlich reduzieren. Beim Aufbau der Station ließen sich die Schallschutzauflagen direkt berücksichtigen und erfüllen.

„Druckluft für unsere Kugelstrahlanlagen können wir nun mit höchstmöglicher Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit produzieren“, berichtet Frieder Kaiser, Facility-Manager bei der Rolls-Royce Deutschland Ltd & Co. KG in Oberursel. Seit Mai 2008 sind zwei drehzahlgeregelte, öleingespritzte Schraubenkompressoren aus der Variable-Baureihe der Köngener Almig Kompressoren GmbH das Herzstück einer neuen Kompressorenstation. Beide versorgen bevorzugt den schwankenden Druckluft-Bedarf der zwei benachbarten Spezialmaschinen, verbessern aber über ihre Einbindung in das werksseitige Ringleitungsnetz die Energiebilanz weiter. Denn sie können Spitzenlasten besser als die bislang sechs Kompressoren mit fester Drehzahl auffangen. Drehzahlgeregelt produzieren sie nur genau so viel Druckluft, wie tatsächlich benötigt wird und reduzieren auf diese Weise kostenintensive Leerlaufzeiten der Festdrehzahlkompressoren. Zudem kann Rolls-Royce zukünftig ganzjährig die bei der Verdichtung anfallende Abwärme für die Raumheizung nutzen. Zusammen mit Maßnahmen für einen guten Schallschutz kommt dies auch dem Umweltschutz zugute.

Rolls-Royce fertigt in Oberursel mit 1200 Mitarbeitern unter anderem Komponenten für die Strahltriebwerksfamilie BR700. Zusammen mit weiteren Bauteilen aus dem Werk Dahlewitz werden komplette Triebwerke gebaut, aber auch Triebwerkskomponenten von Flugzeugen und Hubschraubern überarbeitet und instandgesetzt.
Alle Produktionsbereiche benötigen eine zuverlässige Druckluft-Versorgung. In den Kugelstrahlanlagen werden die Oberflächen von Triebwerksteilen durch das „Beschießen“ mit Stahlkugeln verdichtet, um die Materialeigenschaften zu verbessern. Der Druckluft-Bedarf ist abhängig von der Art des jeweiligen Bearbeitungsvorganges – ist also nicht konstant, sondern schwankend. „Deshalb beauftragten wir die PPI Projekt Plan GmbH, ein Ingenieurbüro für Privat-, Kommunal- und Industriebau, sowie das Ingenieurbüro Halter, spezialisiert auf Gebäudetechnik, mit der Realisierung der kompletten Druckluft-Versorgung für unsere Kugelstrahlanlagen“, fährt Kaiser fort. Zwei Forderungen waren vorrangig zu erfüllen:
  • Je nach Bearbeitungsvorgang sollte sich die Druckluft-Station dem schwankenden Druckluft-Bedarf flexibel anpassen und den Spitzenbedarf mit ausreichender Reserve abdecken.
  • Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit sollten so hoch wie möglich sein.
Die beiden Ingenieurbüros starteten Ende 2007 und konnten Ende Januar 2008 Konzept und technische Ausschreibungsunterlagen für die Realisierung der neuen Station vorlegen. Nur vier Monate später war diese betriebsbereit. „Nachdem wir die Planungsanfrage erhalten hatten, haben wir zunächst geprüft, welche Kompressor-Systeme und -Leistungen in Frage kamen“, erläutert Patrick M. Halter, Inhaber des gleichnamigen Ingenieurbüros. Wie von Rolls-Royce gefordert, wurde der Bedarfsfall mit mehreren Kompressoren-Anbietern erörtert und mehrere Angebote eingeholt. „Mit zwei drehzahlgeregelten Schraubenkompressoren lässt sich die Druckluft immer bedarfsparallel entsprechend dem unterschiedlichen Bedarf produzieren“, so Halter weiter.
Die Entscheidung fiel zugunsten zweier Verdichter des Typs Variable 150 mit Öleinspritzkühlung von Almig. Das Unternehmen liefert die drehzahlgeregelten, direktgekuppelten Schraubenkompressoren für Lieferbandbreiten von 1,06 bis 49,60 m³/min und einem in 0,1-bar-Schritten stufenlos einstellbaren Betriebsüberdruck von 5 bis 13 bar. Die für Rolls-Royce ausgewählten luftgekühlten Anlagen liefern zwischen 9,33 und 25,68 m³/min, angetrieben von frequenzgeregelten Motoren mit einer Nennleistung von 150 kW. Der Druck von 7,5 bar wird bei Rolls-Royce in einem Druckband von ±0,2 bar konstant gehalten.
Zwei Druckluft-Behälter mit einem Volumen von je 10 m³ dienen als Zwischenspeicher. Bei einem Start der Kugelstrahlanlagen ist auf diese Weise sofort Druckluft verfügbar. Sinkt der Druck auf einen vordefinierten Wert, wird vollautomatisch der erste drehzahlgeregelte Kompressor zugeschaltet. Er fährt so weit hoch, dass der Druck in den Behältern konstant gehalten werden kann. Die Anlage deckt im Normalfall rund 70 % des im Vorfeld ermittelten Druckluft-Bedarfs der Kugelstrahlanlagen. Bei weiter steigendem Bedarf startet ebenfalls vollautomatisch der zweite Kompressor – und der erste geht dann in seiner Leistung so weit zurück, dass beide parallel den aktuellen Bedarf decken.
Die beiden drehzahlgeregelten Schraubenkompressoren sind zudem über eine Bypass-Leitung auch in die werksseitige Ringleitung eingebunden. Die sechs Kompressoren in den drei Druckluft-Stationen zur Versorgung dieser Ringleitung arbeiten ausschließlich mit fester Drehzahl und werden über Kaskadensteuerungen zu- und abgeschaltet. Dadurch fallen erhebliche, kostenintensive Leerlaufzeiten an. Denn dabei benötigen diese Kompressoren noch immer rund 30 % der Leistung im Lastlauf – obwohl keine Druckluft erzeugt wird. Deswegen lassen sich auch im Ringleitungsnetz die Vorteile der bedarfsgeregelten Erzeugung über die beiden drehzahlgeregelten Almig-Verdichter nutzen. Die gesamte Druckluft-Erzeugung soll darüber hinaus zukünftig über eine externe übergeordnete Steuerung gefahren werden. Die drehzahlgeregelten Schraubenkompressoren sind dann durchgängig als Spitzenlast-Anlagen in Betrieb, so dass Rolls-Royce die energetischen Vorteile dieser Verdichter immer voll nutzen kann.
Aus Platzgründen entschied man sich übrigens für eine externe Druckluft-Station, aber in unmittelbarer Nähe zu den Kugelstrahlanlagen. Denn so ließen sich die Umweltschutz-Vorgaben – Leckageöl darf nicht in den angrenzenden Bach gelangen und der Schalldruckpegel darf 45 dB(A) nicht überschreiten – gut erfüllen. Um die Emissionsobergrenze einzuhalten, wurde die Druckluft-Station in drei Räume eingeteilt: Zuluftkammer, Hauptraum mit Druckluft-Erzeugung und -Aufbereitung sowie Abluftkammer.
„Bereits in der anfänglichen Ausschreibung für die Schraubenkompressoren haben wir nicht nur integrierte Wärmerückgewinnungssysteme in den Kompressoren, sondern auch gleich entsprechende Rohrleitungssysteme gefordert“, erläutert Frieder Kaiser abschließend. „Die anfallende Abwärme kann so bald ganzjährig zur Raumheizung im Galvanik-Bereich genutzt werden.“
Erik Schwarz Gebietsverkaufsleiter, Almig, Köngen

Kosteneffizienz
Bei stark schwankendem Druckluftbedarf – wie etwa beim Kugelstrahlen – lohnt sich der Einsatz drehzahlgeregelter Kompressoren. Ohne kostspielige Leerlaufzeiten wird auf diese Weise stets nur „bedarfsgerecht“ verdichtet. Weitere Maßnahmen wie eine übergeordnete Regelung oder die Wärmerückgewinnung erhöhen die Energie- und damit Kosteneffizienz weiter.
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