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Lufthoheit in der Automation

Die Pneumatik ist oftmals die einfachere und wirtschaftlichere Lösung
Lufthoheit in der Automation

Pneumatik | Auch in Zukunft besitzt die Pneumatik bei vielen Applikationen die Lufthoheit. Best-of-Solution in spezifischen Einsatzbereichen, hohe Effizienz und Lebensdauer sowie Kostenvorteile heißen die nicht von der Hand zu weisenden Argumente.

Dr. Nico Pastewski Innovations- und Technologie-Manager, Festo AG & Co. KG, Esslingen

Ihre „Basics“ verhelfen der Pneumatik seit rund 60 Jahren zum weltweiten Siegeszug in den Produktionshallen der unterschiedlichsten Branchen. So ist das Medium Luft praktisch überall in unbegrenzter Menge verfügbar und kann aus der Umgebung angesaugt und wieder in sie abgegeben werden. Als Arbeitsfluid ist Luft im komprimierten, sprich einsatzbereiten Zustand, speicherbar und transportabel, etwa in Druckbehältern. Zudem fällt bei der industriellen Drucklufterzeugung die Abwärme zentral am Kompressor an und lässt sich somit einfach und effizient zurückgewinnen. Bei anderen Antriebstechnologien fällt die Wärme dezentral an und muss häufig über zusätzliche Kühlanlagen abgeführt werden.
Die großen Stärken der Pneumatik liegen in ihrer Einfachheit, Robustheit und Langlebigkeit. Dabei ermöglicht sie durch geringen Platzbedarf und geringes Gewicht – pneumatische Antriebe sind in der Regel kleiner und leichter als ihre elektrischen Pendants – den Einsatz unter allen erdenklichen Bedingungen. Außerdem macht die große Variantenvielfalt pneumatische Antriebe für die unterschiedlichsten Aufgaben einsetzbar.
Druckluft wird effizient erzeugt
Druckluft, die etwa für die Pneumatik eingesetzt werden kann, muss zunächst erzeugt werden. Dabei muss ein Druckluftsystem, das dem heutigen Stand der Technik entspricht, sich in Sachen Energieeffizienz keinesfalls verstecken. Denn auch hier hat die Entwicklung nicht haltgemacht. Technische Verbesserungen und intelligente Steuerkonzepte machen richtig eingesetzte Druckluft in vielen Bereichen zu einem wirtschaftlichen Energieträger.
So konnte in den letzten Jahren der Energieaufwand zur Erzeugung von Druckluft durch Optimierung der Bauweise von Kompressoren und durch innovative Steuerkonzepte deutlich reduziert werden. Der aktuelle Erzeugungsaufwand für 1 Nm³ Druckluft liegt bei 90 bis 110 Wh. Übergeordnete Steuerungen sorgen bei Einsatz mehrerer Kompressoren dafür, dass die gesamte Anlageneinheit gemäß den Produktionsparametern für die benötigte Druckluft optimal ausgelastet wird, etwa durch Reduzieren von Leerlaufzeiten und das Hinzuschalten von Spitzenlastkompressoren in Verbrauchshochzeiten. So lässt sich die Drucklufterzeugung optimal an verschiedene Verbrauchsprofile anpassen. Die Energieagentur Nordrhein-Westfalen hat ermittelt, dass sich „mit übergeordneten Steuerungen durch Druckabsenkung und bessere Koordination ein energetisches Einsparpotenzial von durchschnittlich zwölf Prozent“ erzielen lässt.
Energieeffizienz bei der Erzeugung von Druckluft lässt sich aber nicht nur über elektrische Einsparpotenziale realisieren. Auch in der Wärmerückgewinnung liegen energetische Schätze, die nur gehoben werden müssen. So betont Erwin Ruppelt, Projektingenieur der Kaeser Kompressoren AG, dass die Fragen nicht „Warum Wärmerückgewinnung?“ sondern „Warum keine Wärmerückgewinnnung?“ lauten müsste. Denn zusätzlich zur erzeugten Druckluft bieten Kompressoren mit Wärmerückgewinnung ein erhebliches Potenzial, das man nicht ungenutzt verpuffen lassen sollte.
Diese zusätzliche Wärmeenergie kann entweder in Form von warmer Luft oder Wasser zurückgewonnen und unter anderem direkt wieder als Prozesswärme eingesetzt werden, zum Beispiel bei Trocknungsprozessen. In diesen Fällen kann am Einsatz anderer Energieträger gespart werden. Leider werden Wärmerückgewinnungen trotz dieses großen Potenzials noch nicht flächendeckend eingesetzt. Aber auch ohne Wärmerückgewinnungen lässt sich Druckluft effizient nutzen.
Letztendlich entscheiden die vorhandenen Rahmenbedingungen sowie die individuelle Anwendung darüber, welche Antriebstechnologie aus ganzheitlicher Kostensicht im Einzelfall sinnvoll ist. Bei dieser Fragestellung schaut man heute genauer hin als in der Vergangenheit.
Die Anwendung selbst ist der Schlüssel zur effizienten Automation
Längst hat auch in der industriellen Automatisierung ein Paradigmenwechsel eingesetzt, den der Pneumatikexperte Prof. Dr.-Ing. Jürgen Weber vom IFD der TU Dresden so umschreibt: „In der Vergangenheit stand vor allem Funktionalität im Vordergrund, nicht das Verhältnis von Aufwand zu Nutzen. Heute geht es aber nicht mehr darum, die Grenzen des technisch Machbaren auszuloten. Vielmehr steht die Frage nach der intelligentesten, kostengünstigsten und verträglichsten Lösung in Bezug auf die jeweilige Anwendung im Raum.“
So erklärt Prof. Peter Post, Forschungsleiter beim Automatisierungsspezialisten Festo: „Der Schlüssel für die Wahl der optimalen Lösung liegt in der neutralen Bewertung jeder einzelnen Anwendung. Individuelle Anforderungen entscheiden, ob sich pneumatische, elektrische oder auch hybride Lösungskonzepte am besten für eine Anlage eignen. Den größten Vorteil hat ein Anlagenbauer, wenn er seine Anforderungen an die Applikation immer im Blick behält.“ Dabei können sich für einige Anwendungen auch Vorteile bei der Elektrik bieten, beispielsweise bei reinen Bewegungsaufgaben mit hohen Geschwindigkeiten und großen Hublängen. Auch flexible Positionierungen oder variable Verfahrprofile können für elektrische Antriebe sprechen.
Demgegenüber steht die Pneumatik, die ihre Vorteile dort ausspielt, wo eine einfache und robuste Handhabung oder eine hohe Leistungsdichte gefordert sind. Auch die Anforderungen an die Haltekraft und -dauer, lange Taktzeiten und geringe Masse des Antriebs sprechen für deren Einsatz. Besonders effizient sind pneumatische Antriebe bei Applikationen, bei denen definierte Kräfte aufgebaut und gehalten werden müssen. Ein pneumatischer Antrieb benötigt nach dem Druckaufbau keine weitere Energie, um eine definierte Kraft aufrecht zu erhalten. Ein elektrischer Antrieb benötigt für Halteaufgaben in der Regel weitere Energie.
Industrieanzeiger
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