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Richtige Kugelhahnwahl vermeidet Fluchtemissionen

Armaturen: Umweltvorschriften beeinflussen Gesamtkosten
Richtige Kugelhahnwahl vermeidet Fluchtemissionen

Auch Einzelkomponenten wie Kugelhähne müssen hinsichtlich möglicher Leckagen und damit Fluchtemissionen untersucht werden. Abhängig von der Anwendung empfehlen sich verschiedene Bauarten.

Weltweit wird Fluchtemissionen immer mehr Beachtung geschenkt. Dabei handelt es sich nicht ausschließlich um Emissionen aus Abgasschächten, Rohrleitungen oder Entlüftungen, sondern auch um solche aus Geräteleckagen. Die EU-Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IVU-Richtlinie) enthält dazu umfassende Vorschriften, die seit Oktober 2007 auch anlässlich von Wartungen und Reparaturen bei vorhandenen Produktionsstätten angewendet werden. Ein Kernthema ist dabei der Einsatz der besten verfügbaren Technik (Best Available Technique, BAT), um Emissionen so weit wie möglich einzuschränken. Abgelöst wird damit die rein kostenmäßige Betrachtung.

Welche Möglichkeiten der Anwender hat, Fluchtemissionen an Einzelkomponenten zu vermeiden, soll hier exemplarisch am Beispiel der externen Leckagen aus Kugelhähnen gezeigt werden. Dabei geht es nicht darum, eine Rangliste verschiedener Systeme aufzustellen und beispielsweise die Drehzapfenbauart höher zu bewerten als eine Konstruktion mit schwebender Kugel. Die meisten Bauarten eignen sich jeweils für bestimmte Anwendungen. Ziel ist es vielmehr darauf hinzuweisen, dass die verschiedenen Bauarten Vorteile bieten, die sich direkt auf die Fluchtemissionen auswirken. Zu bedenken ist ferner, dass sich die tatsächlichen Kosten eines Ventils nicht auf den Kaufpreis beschränken. Angesichts steigender Rohstoffpreise und immer höherer und häufiger verhängter Strafen für Verstöße gegen Umweltvorschriften, sind auch die Kosten zu berücksichtigen, die für häufige Wartung sowie Defekte und Ersatzteile anfallen.
Bei Kugelhähnen ist zwischen dem Design der Körperdichtung und dem der Spindel zu unterscheiden. Bei den beiden häufigsten Formen der Körperdichtungen erlaubt der Schraubentyp die stärkere Abdichtung und somit einen höheren Systemdruck, während der Flanschtyp die schnelle und einfache Wartung ohne Ausbau des Ventils gestattet. In einem Kugelhahn muss darüber hinaus sichergestellt werden, dass das Systemmedium nicht an der Schnittstelle von Ventilspindel und -körper austritt. Diese Aufgabe übernimmt die Spindeldichtung. Abhängig von der Zahl der Betätigungszyklen verschleißen diese Dichtungen, was ebenfalls zu Leckagen führen kann. Je nach Anwendung muss deswegen das Spindeldesign bewusst gewählt werden:
Einteilige Spindelpackung:
Die einfachste Technik ist eine aus einem Stück bestehende Dichtung, die die Spindel umschließt. Beim Festziehen der Packungsschraube an der Spindel wird die Dichtung, die üblicherweise aus Polytetrafluorethylen (PTFE) besteht, zusammengedrückt und füllt den Raum zwischen Spindel und Gehäuse. Leider unterliegen PTFE und vergleichbare Packungswerkstoffe dem Kaltfluss, ihre Form ändert sich im Laufe der Zeit. In manchen Fällen kann sich der Werkstoff in Bereiche ausdehnen, für die er nicht vorgesehen wurde. Dadurch wird seine Wirksamkeit beeinträchtigt, es kommt zur Leckage von Systemmedien. Diese Packungstechnik erfordert deshalb regelmäßige Inspektionen und Nachstellungen, was leider für einen nicht ausgebildeten Bediener nicht immer einfach zu erkennen ist. Um das Risiko von Fluchtemissionen zu verringern, sollte das einteilige Packungsdesign nur bei Anwendungen mit minimalen Schwankungen von Temperatur und Druck, begrenzter Betätigungshäufigkeit sowie zusammen mit häufigen Inspektionen und Überwachungen verwendet werden.
Zweiteilige Zickzack-Spindelpackung:
Ein Design mit einer zweiteiligen Zickzack-Spindelpackung kann dagegen über weite Temperatur- und Druckbereiche hinweg verwendet werden und ermöglicht das regelmäßige und einfache Betätigen ohne übermäßigen Verschleiß. Eine Zickzack-Packung besteht aus zwei Dichtungen, deren Form so ineinander greift, dass ein rechteckiger Querschnitt entsteht. Mit minimalem Druck von der Packungsmutter entsteht auf diese Weise eine leistungsfähige Dichtung zwischen der Spindel und dem Gehäuse. Damit die Zickzackdichtung ordnungsgemäß funktioniert, müssen die beiden PTFE-Dichtungen – die „Packung“ – in ihrer Position gehalten werden, um den Kaltfluss zu verringern. Daher muss die Packung im Zickzackdesign durch Packungsstützringe und -stutzen richtig eingeschlossen und gestützt werden, um den Druck gleichmäßig zu verteilen.
Auch Ventile mit einteiliger Packung können übrigens Federn enthalten. Definitionsgemäß ist dafür aber eine hohe Federvorspannkraft erforderlich, damit sich die Packung nach außen biegen kann und gut dichtet. Bei wiederholter Betätigung kann deshalb ein beträchtlicher Verschleiß auftreten, der einen häufigen Austausch der Packung erforderlich macht.
Darüber hinaus bieten sich O-Ringe als wirksame Technologie für die Spindeldichtung an. Bei richtiger Konzeption sind sie flexibel genug für Anwendungen, die entweder hohe oder niedrige Drücke sowie einen breiten Druckbereich erfordern. Der O-Ring besteht normalerweise aus hochelastischem Material und wird durch den Druck des Medienstroms unter Spannung gesetzt. Da er elastisch ist, verformt sich der Querschnitt, nimmt aber danach wieder seine ursprüngliche Form an. Das O-Ring-Design ist bei hohem Druck besonders wirksam. Was Temperatur, Druck und Beständigkeit gegenüber Chemikalien angeht, ist die Leistungsfähigkeit dieser Lösung durch die Spezifikationen des Elastomers vorgegeben.
Neben Problemen, die auf das Design der Spindeldichtung zurückzuführen sind, gibt es zudem weitere Gründe für Leckagen an der Spindel. Diese haben mit der Ausrichtung der Spindel zu tun. Um dieses Problem zu verstehen, lohnt sich ein Blick auf den grundlegenden Aufbau eines Kugelhahns. Dieser besitzt entweder eine schwebende oder eine mit Drehzapfen versehene Kugel. In der schwebenden Bauart ist die Kugel im Körper nicht fixiert und gleitet stattdessen zwischen zwei Sitzen. In geschlossener Stellung dichtet sie gegen den Sitz auf der Niederdruckseite ab, auf den sie durch einen positiven Druckunterschied stromabwärts gedrückt wird. Hingegen wird bei der Drehzapfenbauart eine Kugel verwendet, die nicht separat ausgeführt ist. Vielmehr umfasst die Geometrie bei dieser Bauart zwei Zylinder – die so genannten Drehzapfen –, die an der Ober- und Unterseite der Kugel angebracht sind. Die Einheit ist in einen Zwischenraum im Hahnkörper eingepasst und kann sich entlang der Durchflussachse nicht bewegen. Beim Drehen der Kugel in die geöffnete oder geschlossene Stellung dreht sich diese in den Drehzapfen, die in Lagerbuchsen oder Lagern montiert werden können.
Trifft ein hoher Differenzdruck auf, kann eine schwebende Kugel zu weit stromabwärts gedrückt werden. Wird keine erweiterte Sitzkonstruktion verwendet (etwa ein federbelasteter Sitz mit einem O-Ring und einer Feder auf jeder Seite), kehrt die Kugel möglicherweise nicht mehr in die Mittelposition zurück. Folglich neigt sich die Spindel auf eine Seite, was im Laufe der Zeit zu einem ungleichmäßigem Spindelverschleiß führt. Die Drehzapfenbauart verhindert diese übermäßige Stromabwärtsbewegung der Kugel.
Michael Adkins, Produktmanager für allgemeine industrielle Ventile Peter Ehlers, Alternativkraftstoffmarkt-Manager; Swagelok, Solon, Ohio/USA

Kosteneffizienz
Auch bei Armaturen lohnt es sich, über den Kaufpreis hinaus Folgekosten für Reparatur und Wartung in die Kaufentscheidung einzubeziehen. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass auch an Einzelkomponenten sogenannte Fluchtemissionen zu vermeiden sind. Um die Umweltauflagen zu erfüllen, ist hier die am besten geeignete Technik zu wählen.
Industrieanzeiger
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