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Sparpotenzial in Milliardenhöhe

Energieeffizienz: neue herausforderung für die industrie
Sparpotenzial in Milliardenhöhe

Zwei Drittel des industriellen Energieverbrauchs wird durch Elektromotoren umgesetzt. Die Modernisierung der Antriebe ergibt ein Einsparpotenzial in Milliardenhöhe. Doch oft fehlt es noch am Willen, Energiespartechniken einzusetzen.

Die Unternehmen der Elektroindustrie haben in den letzten Jahren viel in die Entwicklung energie-effizienterer Produkte, Systeme und Verfahren investiert. Mit dem ZVEI-Impulsprogramm Energie-Effizienz lassen sich selbst bei konservativer Berechnung allein in den Bereichen Kühl- und Gefriergeräte, elektrische Antriebe sowie im Beleuchtungssektor weit mehr als 40 Mrd. kWh elektrischer Energie pro Jahr einsparen. Das kommt der Bundesregierung entgegen, die die Energieproduktivität bis 2020 gegenüber dem Jahr 1990 verdoppeln will – das heißt, im Jahr 2020 soll je Einheit Bruttoinlandsprodukt nur noch halb soviel Energie verbraucht werden wie 1990.

Die elektrische Antriebstechnik kann zu diesem Energiesparziel einen erheblichen Beitrag leisten. Der ZVEI hat allein für die Modernisierung der Antriebe in Maschinen und Anlagen der deutschen Industrie und des Gewerbes ein jährliches Sparpotenzial in Höhe von 27,5 Mrd. KWh ermittelt. Das sind 11 % des gesamten industriellen Stromverbrauchs oder 2,2 Mrd. Euro jährlich eingesparte Energiekosten. Dieses Potenzial kann mit hocheffizienten Motoren der Klasse EFF1 und elektronischer Drehzahlregelung gehoben werden. Nach aktuellem Energiemix könnte damit allein in Deutschland jährlich die Emission von 16,9 Mio. t Kohlendioxyd vermieden werden. Das Geld liegt also gewissermaßen auf der Straße. Denn häufig haben die Stromkosten einen Anteil von 90 % an den gesamten Lebenszyklus-Kosten. Der Anschaffungspreis liegt häufig weit unter 10 %.
Insgesamt werden von den etwa 30 Mio. installierten Antrieben in der deutschen Industrie rund 10 Mio. als aus Energie-Effizienzsicht modernisierungsbedürftig angesehen. Im Fokus stehen insbesondere Standardanwendungen in den betrieblichen Nebenfunktionen wie pumpen, ventilieren, verdichten, fördern, bewegen, klimatisieren und kühlen. Die individuellen Einsparpotentiale durch den Einsatz von Energiesparmotoren der Klasse EFF1 und den Einsatz von elektronischen Drehzahlregelungen liegen zwischen 20 und über 50 %.
2007 wurden in Deutschland 5 Mio. Niederspannungsmotoren, 160 Mio. Kleinmotoren und über 1 Mio. Frequenzumrichter produziert und/oder abgesetzt. Das Leistungsspektrum reicht von einem Watt bis in den zweistelligen Megawattbereich. Rechnet man die Dienstleistungen hinzu, ergibt das einen Umsatz von 10,4 Mrd. Euro. Das sind knapp 10 % mehr als im Vorjahr. In den letzten fünf Jahren stieg der Umsatz insgesamt um fast 50 %, der Export um 60 %. Auch die Entwicklung in den energieeffizienz-relevanten Bereichen Frequenzumrichter zur Drehzahlregelung und Energiesparmotoren können sich sehen lassen. So lag der Marktanteil der in Europa verkauften Energiesparmotoren der Klassen EFF 2 im Jahr 2006 bei 85 %. Die Motoren der höchsten Klasse EFF 1 erreichten 12 %, glänzen aber mit dynamischen Wachstumsraten von jeweils über 30 % in den vergangenen beiden Jahren. Die Absatzentwicklung der Frequenzumrichter ist ebenfalls positiv. Seit Jahren steigen die Stückzahlen im zweistelligen Prozentbereich.
Der politische Druck auf die Marktteilnehmer wächst. Die europäisch Kommission und die Bundesregierung haben die erheblichen Energieeinsparpotentiale in der Antriebstechnik entdeckt und wollen sie schnell gehoben wissen. Technisch wirtschaftlich sinnvoll wäre es, jeden zweiten Industrieantrieb mit einer elektronischen Drehzahlregelung auszurüsten. Derzeit entfallen auf 100 verkaufte Industriemotoren nur 20 bis 25 Frequenzumrichter. Auch der Anteil der Energiesparmotoren der Klasse EFF 1 ist mit 12 % bei weitem noch zu niedrig. Getrieben von entsprechenden Entwicklungen in den USA, China, Kanada und Australien wird es auch in Europa mittelfristig eine gesetzliche Regelung zu EFF 1-Motoren geben. Die europäischen Motorenhersteller stellen sich darauf ein, dass Standardmotoren der Klassen EFF 2 und EFF 3 in Europa und weltweit in absehbarer Zeit aus dem Markt verschwinden.
Was sind die Gründe dafür, dass sich Energiespartechniken trotz nachweisbarer Kostenvorteile nicht in der politisch gewünschten Geschwindigkeit durchsetzen? Sind es die Einkäufer, die an möglichst niedrigen Anschaffungskosten gemessen werden und nicht für die Betriebskosten verantwortlich sind? Oder ist die Hemmschwelle zu groß, altbewährte, aber energieverschwendende Technik durch neue, energiesparende Lösungen zu ersetzen? Es sicher von allem etwas.
An fehlender Information kann es nicht liegen. Es gibt zahlreiche Best Practice Beispiele und einfache Kalkulationsmodelle mit Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen. Seit Anfang dieses Jahres fördert die Bundesregierung über die KfW Energieeffizienzberatungen in kleinen und mittleren Unternehmen und bietet Kreditvergünstigungen für entsprechende Modernisierungsmaßnahmen an. Zur Beratung gehören unter anderem eine vertiefende Energieanalyse und ein konkreter Maßnahmenplan (www.kfw-foerderbank.de).
Allgemeine Informationen zu energieeffizienten Antrieben und typische Beispiele enthält auch die Energiesparbroschüre des ZVEI, die kostenlos unter antriebe@zvei.org bezogen werden kann.
Letztendlich sitzen alle Marktteilnehmer in einem Boot, die Hersteller energieeffizienter Produkte und Lösungen, die Maschinen- und Anlagenbauer, die Käufer und die Endkunden. Jeder muss in der komplexen Lieferkette seinen Teil dazu beitragen, die Energiesparziele auch ohne Regulierung zu erreichen. Das sollte unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit nicht schwerfallen, ist aber auch eine Sache der persönlichen Einstellung zur Umwelt und zur Ressourcenschonung für künftige Generationen.
Zeinz Werner Blaß Geschäftsführer ZVEI, Fachbereich Elektrische Antriebe
Kostenvorteile allein sorgen noch nicht für Durchbruch
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