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Herr Eberhard, was macht die Drahtwälzlager-Expertise von Franke aus?
Franke ist Erfinder des Drahtwälzlagers. Unsere Expertise ist die Bearbeitung von Draht als Abrollmedium für Wälzkörper, insbesondere das Rollen des Drahtes, das Einbringen einer hochpräzisen Laufbahn und das Richten des fertigen Laufrings für besten Rund- und Planlauf.
Unser Know-how in diesem Bereich hat sich über mittlerweile beinahe 75 Jahre angesammelt und wir lernen immer noch täglich dazu. In den 1970er Jahren ist es uns gelungen, das Prinzip des Drahtwälzlagers auf lineare Komponenten zu übertragen. Unser Know-how liegt in der Bearbeitung und Einbringung von Laufdrähten aus Stahl in Aluminiumprofile.
Was sind die wichtigsten Qualitätsmerkmale dieses Know-hows?
Der erste Schritt – und Voraussetzung für die weitere Qualität – ist es, dass wir das für die Kundenanwendung richtige Drahtwälzlager zusammen mit unseren Kunden konzipieren. Früher haben wir eher gesagt, unsere Kernkompetenz ist die Bearbeitung des Drahtes. Mittlerweile sage ich, unsere Kernkompetenz zu Drahtwälzlagern geht bei der Beratung, sprich dem gemeinsamen und spezifischen Engineering mit Kunden los, um das ideale Drahtwälzlager zu entwickeln. Eine weitere Ausbaustufe bei uns bedeutet, dass wir das Ganze inklusive Antriebssystem für unsere Kunden bauen, also mit integriertem Direktantrieb und integrierten Messsystemen.
Wie grenzen Sie sich vom Wettbewerb ab?
Unser Standardprogramm – bei Wälzlagern vielleicht fünf bis zehn Prozent unseres Geschäftes – soll lediglich eine Richtschnur sein, um dem Kunden zu zeigen, was möglich ist. Hier bieten wir ausgewählte Baureihen an Drahtwälzlagern und Drehverbindungen zum günstigen Preis und teilweise sogar ab Lager, wodurch wir uns vom Wettbewerb teilweise abgrenzen können. Unser Fokus liegt allerdings auf kundenspezifischen Spezial-Wälzlagern. Hier können wir das Potenzial des Drahtwälzlagerprinzips am weitesten ausnutzen und hier entsteht auch der größte Kundennutzen. Hier haben wir keine Konkurrenz. (lacht)
Welche Produktneuheiten planen Sie?
Wir sind gerade dabei, Drehverbindungen aus Kunststoff zur Serienreife zu bringen. Zwar gibt es bereits Wälzlager aus Kunststoff von anderen Anbietern. Durch die Integration eines Drahtwälzlagers in die Gehäuseringe spielen wir aber in einer ganz anderen Liga bezüglich Präzision und Belastbarkeit. Gegenwärtig sind wir dabei, Lieferanten für die Kunststoffteile zu qualifizieren, die unseren Ansprüchen an die Kunststoffverarbeitung genügen.
Mit den Themen Leichtbau und Miniaturisierung richtet sich Franke bewusst an den Maschinen- und Anlagenbau. Was sind die Hintergründe?
Ressourcen und Energie sparsam einzusetzen, ist derzeit in allen Branchen en vogue. Leichtbau und Miniaturisierung tragen diesem Trend Rechnung. Der Maschinen- und Anlagenbau ist gerade dabei, die Chancen diesbezüglich zu entdecken. Wir möchten mit unseren Produkten und unserem Engineering dabei unterstützen. Andere Branchen wie der Fahrzeugbau, die Robotik oder die Medizintechnik sind schon viel weiter. In diesen Branchen haben Gewichtsfragen einfach schon immer eine große Rolle gespielt. Der Maschinen- und Anlagenbau hat dazugelernt. Neben der Robustheit der Maschinen ist die verbaute Masse stärker in den Fokus gerückt worden – gerade in Hinblick auf Aspekte von Rohstoffverfügbarkeit und Energieverbrauch ist das wichtig.
Welche Voraussetzungen haben Sie in Ihrer Fertigung gerade in Hinblick auf additive Verfahren geschaffen?
Bislang haben wir uns darauf konzentriert, unser Produkt – das Drahtwälzlager – als Herzstück additiv gefertigter Drehverbindungen anzupreisen. Sie können sich das so vorstellen, dass Sie mit einem Drahtwälzlager quasi die reine Funktion eines Lagers erwerben und diese einfach in Ihre frei gestaltete Umgebung integrieren. Wer das einmal erkannt hat, kann nicht anders, als davon begeistert zu sein. Gegenwärtig arbeiten wir mit externen Spezialisten zusammen, um metallgedruckte Komponenten zu erstellen. Intern experimentieren wir mit Kunststoffdruck. Mit starkem Interesse beobachten wir den Markt an Bearbeitungsmaschinen, bei denen additive Funktionen integriert sind. Wenn Sie aus dem Fenster sehen, erkennen Sie drüben die große Baustelle des neuen Werks 6. Gut möglich, dass wir dort die ersten Maschinen dieser Art aufstellen. Weitergedacht, denn wir mögen keine Tellerränder: Vielleicht schicken wir in zehn Jahren keine kompletten Drehverbindungen mehr in schweren Kisten über große Distanzen, sondern nur noch das Drahtwälzlager und eine Druckdatei. Der Ansatz ist wieder der, dass der Kunde entscheidet, was er möchte. Wenn der Kunde möchte, dass wir unser Engineering beim 3D-Druck-Gehäuse einbringen, tun wir das sehr gerne, wenn das Lagerelement von uns stammt. Wo und wie er die Gehäuseteile druckt, also über unsere Partnerschaft oder selbstorganisiert, überlassen wir dem Kunden.
Franke ist langjähriger Entwicklungspartner für Lager in Computertomographen (CTs). Was macht erfolgreiche und langfristige Partnerschaften aus?
Die Erwartungshaltung der Kunden ist, dass man sein Wissen von Beginn an in eine Entwicklungspartnerschaft einbringt, was bei neuen Branchen natürlich schwieriger ist. Bei CT-Lagern ist Franke beispielsweise seit „Stunde Null“ dabei. Wir sind einer der ersten und wenigen Hersteller, die eine entsprechende Rotationseinheit mit den großen Medizintechnikherstellern der Welt entwickelt haben. Und über die Jahrzehnte haben wir natürlich weiteres Know-how aufgebaut. Das ist die Basis für Weiterentwicklungen von CTs, an denen wir beteiligt sind. Wir sind mit den Herstellern vernetzt, kennen den aktuellen Entwicklungsstand und können darauf aufbauen beziehungsweise Projekte zeitnahe und agil umsetzten.
Definieren Sie Bereiche in der Industrie, in denen Franke zukünftig stärker vertreten sein soll? Wie gehen Sie das technologisch als auch marktstrategisch an?
Zunächst einmal geht es und darum, die bestehenden Märkte weiter auszubauen und zu entwickeln. Sie werden es kaum glauben, aber der Bekanntheitsgrad von Franke und auch der der Drahtwälzlagertechnologie ist nach wie vor gering. Wir haben daher in allen Industriefeldern weltweit noch großes Potenzial. Business Development ist daher ein großer strategischer Ansatz, den wir derzeit in Marketing und Vertrieb verfolgen. Wenn Sie konkrete Branchen ansprechen, die wir gerne ausbauen möchten, dann ist das sicher die E-Mobilität und hier sowohl die Endprodukte, also Elektrofahrzeuge, als auch Wickelmaschinen beispielsweise zur Herstellung der Motoren, wo wir im Fertigungsprozess involviert sein können.
Wie geht Franke Fragen zur Digitalisierung zu Nachhaltigkeitsaspekten an?
Wir haben eine dedizierte Roadmap zur Digitalisierung, sowohl für unsere internen Prozesse als auch für die Kommunikation mit unseren Kunden und Partnern. Gerade arbeiten wir beispielsweise an einem Kundenportal für unsere Website, um Kunden und Interessenten mehr Informationen und Services rund um unsere Produkte und Dienstleistungen bieten zu können. Konkret: Den CAD-Download werden wir weiterhin über gängige Portale bieten, definitiv aber auch ins Kundenportal „MeinFranke“ auf unsere Website holen, um die Kundenbindung optimal aufzubauen. Mittelfristig möchten wir es unseren Kunden ermöglichen, die Fertigungsfortschritte ihrer Produkte in unserem Portal mitzuverfolgen – vom Angebot und der Bestellung über die Produktionsphase bis hin zur Auslieferung sowie zu After-Sales-Services. Zur Nachhaltigkeit: Sie ist heute in aller Munde und jeder versteht darunter etwas anderes. Für uns bedeutet Nachhaltigkeit einerseits, den eigenen Fußabdruck zu reduzieren. Wir möchten bis 2025 klimaneutral sein – und auch die Supply Chain diesbezüglich verbessern. Andererseits möchten wir potenzielle Kunden davon überzeugen, durch den Einsatz von Drahtwälzlagern an ihrer eigenen CO2-Bilanz zu arbeiten – zum Beispiel durch einen reduzierten Materialeinsatz und durch ein Refurbishing von Wälzlagern. Neben der ökologischen Nachhaltigkeit sind uns aber auch die sozialen und natürlich auch die ökonomischen Aspekte ein Anliegen.
Welche Nachfrage-Erwartungen haben Sie für das Geschäftsjahr 2023?
Wir sind vorsichtig optimistisch – Stand heute sogar optimistischer als noch Ende vergangenen Jahres. Dennoch bleibt eine gewisse Unsicherheit. Die weltpolitische Lage verbunden mit ihren Konsequenzen im ökonomischen Sektor betrifft uns als Mittelständler heutzutage weitaus stärker als in früheren Zeiten. Unser Fokus 2023 liegt auf der Weiterentwicklung der Märkte.
Intern hoffen wir auf einen zügigen Baufortschritt unseres neuen Werks 6. Wir brauchen dringend Platz und Raum für die Implementierung neu definierter Prozesse. Im Endeffekt verschaffen wir uns Platz, um unsere drei Hauptproduktgruppen – das sind konventionelle Lager (L), hochdynamische Lager (C) und Linearführungen (F) – am Standort so anzuordnen, dass wir maximale Möglichkeiten für saubere Wertströme und optimale interne Logistik zu haben.