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Forscher zeigen, wie Batterierecycling wirtschaftlich funktioniert

Forschungsprojekte zeigen, wie sich Batterien wirtschaftlich recyceln lassen
Auf, in den nächsten Lebenszyklus

Ressourcen besser auszunutzen, ist nicht nur für unsere Umwelt wichtig. Für ein rohstoffarmes Land wie Deutschland ist hochwertiges Batterierecycling auch aus Sicht der Wettbewerbsfähigkeit elementar. Mehrere Forschungsinstitute zeigen Wege, wie´s gehen könnte.

» Mona Willrett, Redaktion Industrieanzeiger

Die Batterien von Elektroautos haben eine begrenzte Lebensdauer. Nach zehn Jahren – je nach Nutzung auch schon früher – reicht die Leistungsfähigkeit meist für den Einsatz im E-Auto nicht mehr aus. Am Ende ihres Lebens werden die Energiespeicher bislang in der Regel geschreddert und verbrannt. Doch das ist nicht nur aus Sicht der Nachhaltigkeit sowie des Umwelt- und Klimaschutzes schlecht. Weil Deutschland keine eigenen Vorkommen der in den Batterien enthaltenen seltenen Rohstoffe wie Lithium, Kobalt oder Nickel hat und andere Länder – allen voran China und die USA – die Versorgung strategisch erheblich cleverer abgesichert haben, sind die Verfügbarkeit und die Kosten dieser Materialien ein entscheidender Wettbewerbsfaktor für die deutsche Industrie.

Vor diesem Hintergrund arbeiten mehrere Forschungseinrichtungen daran, Batterien entweder weitere Lebenszyklen zu ermöglichen oder sie am Ende ihres Lebens wirtschaftlich und mit geringer Belastung der Umwelt zu recyceln. Wichtig dabei: Die rückgewonnenen Wertstoffe sollen eine gute Qualität haben.

Drei Wege, Ressourcen besser auszunutzen

Forscher am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) entwickelten beispielsweise im Projekt DeMoBat (Industrielle Demontage von Batterien und E-Motoren) neue Konzepte und Technologien, um elektrische Komponenten so handhaben und aufbereiten zu können, dass möglichst wenig Abfall entsteht und wenig der verwendeten Rohstoffe verloren geht.

Am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) entwickelten Wissenschaftler ein Recyclingverfahren, das mechanische Prozesse und chemische Reaktionen verbindet, um bis zu 70 % des Lithiums aus Batterieabfällen zurückzugewinnen. Weil dazu weder korrosive Chemikalien, noch hohe Temperaturen oder vorheriges Sortieren der Materialien nötig sind, erlaubt die Methode ein kostengünstiges, energieeffizientes und umweltverträgliches Recycling von Lithium-Ionen-Batterien.

Einen dritten Weg beschreitet das Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU). Im Projekt Ekoda entwickelten die Forscher eine Bewertungssoftware, mit deren Hilfe sich ein detailliertes Zustandsprofil gebrauchter Fahrzeugkomponenten erstellen lässt. Sie gibt zudem konkrete Empfehlungen für eine Second-Life-Nutzung (Kasten).

Automatisierte Demontage

IPA-Leiter Prof. Alexander Sauer unterstreicht die Bedeutung der Verfügbarkeit und der Kosten von Batterie- und E-Motor-Rohstoffen als Wettbewerbsfaktor – gerade für die deutsche Industrie – und betont: „Umso wichtiger ist es, ausgediente Batterien, die noch wertvolle Rohstoffe enthalten, nicht einfach zu schreddern, wie das bisher üblich ist.“

Die Grundvoraussetzung, um Batteriekomponenten wiederverwenden zu können, sei jedoch, dass die Bestandteile der Energiespeicher sortenrein demontiert werden können. Genau daran arbeitete das IPA seit Ende 2019 mit zwölf Forschungspartnern im Projekt DeMoBat.

Um die übergeordneten Ziele zu erreichen, nämlich mehr Nachhaltigkeit im Umfeld der Elektromobilität, die Sicherung wirtschaftsstrategischer Rohstoffe und die Stärkung der Wirtschaftsstandorte Baden-Württemberg und Deutschland, bedurfte es eines ganzheitlichen Ansatzes. Im Projekt wurden zunächst die rechtlichen Rahmenbedingungen untersucht. Hinzu kam eine Analyse der Marktpotenziale und Rücklaufmengen von Autobatterien. Daraus leiteten die Projektpartner mögliche Geschäftsmodelle ab und bewerteten diese. Ein neu entwickeltes Life-Cycle-Datenmanagement ergänzte die Arbeiten, ebenso wie eine Kostenanalyse von Demontage- und Recyclingnetzwerken bis ins Jahr 2050.

Demontagegerechtes Batteriedesign

Ein wichtiger Aspekt für die industrielle Demontage ist ein entsprechendes Design der Batterien. Sie sollen so gestaltet sein, dass sie manuell oder roboterbasiert reparier- und demontierbar sind. Eine Schwierigkeit dabei sind die zahlreichen unterschiedlichen Batteriemodelle, deren Bauweise aktuell noch ungünstig fürs Recycling oder alternative Strategien der Kreislaufwirtschaft ist. Ein Projektergebnis ist eine Handlungsempfehlung für ein recycelfreundliches Design.

Zu Beginn müssen die Batterien auf noch vorhandene Kapazität und Alterserscheinungen getestet werden. Auch Temperaturanalysen können hier einfließen. Dann folgen Tests der Handhabung. Dazu gehört, wie sich die Batterien öffnen lassen und Komponenten entnommen werden können. Dafür entstand in DeMoBat ein roboterbasierter Demonstrator. Zudem wurden benötigte Werkzeuge entwickelt. Der Prozess erfordert zudem eine leistungsstarke Bildverarbeitung, die eine Vielzahl an Schrauben oder Kabel erkennt. Hinzu kommt, dass die Komponenten beispielsweise durch Alterungseffekte nicht immer gut erkennbar sind.

Im Projekt wurden 25 Technologien konzeptioniert und getestet, von denen acht vollumfänglich als Demonstrations- und Erprobungsroboterwerkzeuge aufgebaut wurden und für den industriellen Dauerbetrieb einsetzbar wären. Zudem wurde ein flexibles Demontagesystem entwickelt, das eine zerstörungsfreie Demontage bis auf Zellebene abbilden kann. Ein wichtiger Teil des flexiblen Demontagesystems ist ein Sicherheitskonzept, falls eine Batterie in Brand geraten sollte.

Wiederverwendung chemischer Rohstoffe durch Hochdruckwasserstrahl

Die Partner strebten zudem an, einen effizienten Wertschöpfungskreislauf zu etablieren, der zunächst durch mechanisches Trennen und Rückführen der im Batteriepack enthaltenen Bestandteile erfolgen soll. Neben dem teilautomatisierten Öffnen und Separieren der Zellbestandteile wird ein Hochdruckwasserstrahl eingesetzt, um die Elektrodenbeschichtung von den Trägerfolien abzulösen. Die durchgeführte Ökobilanz zeigt den Effizienzgewinn: Das Treibhauspotenzial verringert sich laut IPA um den Faktor 10 bis 20, so dass Rezyklate mit geringem CO2-Fußabdruck bereitgestellt werden können.

70 % des Lithiums recyceln

Forscher am KIT arbeiten daran, bis zu 70 % des Lithiums in Batterien zurückzugewinnen – und zwar ohne dass korrosive Chemikalien, hohe Temperaturen oder vorheriges Sortieren der Materialien nötig sind. Noch ist es laut KIT teuer und wenig ertragreich, Lithium rückzugewinnen. Die verfügbaren, meist metallurgischen Verfahren verbrauchen viel Energie und hinterlassen schädliche Nebenprodukte. Dagegen versprechen Ansätze der Mechanochemie, die mechanische Prozesse nutzen, um chemische Reaktionen herbeizuführen, eine höhere Ausbeute bei niedrigerem Aufwand sowie mehr Nachhaltigkeit. 

Geeignet für unterschiedliche Kathodenmaterialien

Ein solches Verfahren hat nun das Institut für Angewandte Materialien – Energiespeichersysteme (IAM-ESS) des KIT zusammen mit dem vom KIT in Kooperation mit der Universität Ulm gegründeten Helmholtz-Institut Ulm für Elektrochemische Energiespeicherung (HIU) und der EnBW Energie Baden-Württemberg entwickelt. „Das Verfahren eignet sich zur Rückgewinnung von Lithium aus Kathodenmaterialien unterschiedlicher chemischer Zusammensetzung und damit für viele verschiedene marktübliche Lithium-Ionen-Batterien“, erklärt Dr. Oleksandr Dolotko vom IAM-ESS. „Es erlaubt ein kostengünstiges, energieeffizientes und umweltverträgliches Recycling.“

Reaktion läuft bei Zimmertemperatur ab 

Die Forschenden verwenden für ihr Verfahren Aluminium als Reduktionsmittel in der mechanochemischen Reaktion. Da Aluminium bereits in der Kathode enthalten ist, kommt das Verfahren ohne zusätzlich zugeführte Stoffe aus. Die Batterieabfälle werden zunächst zermahlen. Dann werden sie in einer Reaktion mit Aluminium eingesetzt, um metallische Verbundwerkstoffe mit wasserlöslichen Lithiumverbindungen zu erzeugen. Das Lithium wird daraufhin zurückgewonnen, indem die wasserlöslichen Verbindungen in Wasser aufgelöst und anschließend erhitzt werden, um das Wasser durch Verdampfen zu entfernen. Da die mechanochemische Reaktion bei Umgebungstemperatur und -druck abläuft, ist das Verfahren besonders energieeffizient. Ein weiterer Vorteil liege im einfachen Ablauf, was den Einsatz im industriellen Maßstab erleichtern werde, teilt das KIT mit.


Ein zweites Leben für Autoteile

Gebrauchtwagen oder Unfallautos werden oft mit hohem Energieaufwand verschrottet, selbst wenn viele Teile noch funktionsfähig sind. Fraunhofer-Forschende entwickeln im Projekt Ekoda eine bessere Alternative: In einem komplexen Testverfahren werden zunächst alle Komponenten untersucht. Eine vom Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU entwickelte Bewertungssoftware erstellt dann ein detailliertes Zustandsprofil gebrauchter Komponenten und gibt Empfehlungen für die Weiterverwendung.

Eine erst drei oder vier Jahre alte intakte Batterie könnte beispielsweise in einem Gebrauchtwagen gleichen Typs eingesetzt werden. Ist der Energiespeicher schon älter, wäre eine Verwendung in einer kleineren landwirtschaftlichen Maschine denkbar. Sind mehrere Zellen defekt, könnte die Batterie im stationären Einsatz, etwa als Stromspeicher für eine Photovoltaikanlage im Eigenheim, noch gute Dienste leisten. So bekommt das Batteriesystem ein auf seine Leistungsfähigkeit zugeschnittenes zweites Leben.

Nach demselben Prinzip lassen sich auch andere Autoteile prüfen und einer sekundären Verwendung zuführen. Entscheidend ist dabei eine sorgfältige, standardisierte und automatisierte Demontage der Einzelteile, die frühzeitig auf die mögliche Weiterverwendung der Komponenten zielt.

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