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Nachhaltige Produktion: Betriebsinterne Abläufe zukunftsfähig ausrichten

Serie Nachhaltige Produktion – Teil 2
Betriebsinterne Abläufe zukunftsfähig ausrichten

Nachhaltigkeit ist weit mehr als umwelt- und ressourcenbewusstes Handeln. Erst wenn ökologische, ökonomische und soziale Aspekte gut austariert sind, erhält man ein stimmiges Gesamtbild. Wie das Fertigungsbetriebe unterschiedlicher Größe bereits heute umsetzen und worauf es dabei zu achten gilt, zeigt Teil 2 unserer Serie „Nachhaltige Produktion“.

» Mona Willrett, Redakteurin Industrieanzeiger

Inhaltsverzeichnis
1. Drei Emissionskategorien
2. Konkretes Wissen über Verbraucher hilft beim Optimieren
3. Bauen mit nachwachsenden Rohstoffen
4. Für kleine Familienbetriebe oft leichter umzusetzen
5. Wohlbefinden der Mitarbeiter steigert die Leistungsfähigkeit
6. Vergünstigte E-Autos für Mitarbeiter
7. Deutsche Industrie mit hohen Zielen
8. Nachhaltigkeit ist weit mehr als Umweltschutz
9. Kunden fordern auch Sozialstatus
10. Rohmaterial aus sauberen Quellen
11. Wirtschaftlichkeit im Blick behalten
12. Nachhaltiges Denken macht Prozesse nicht komplexer

Der Klimawandel ist die größte gesellschaftliche Herausforderung unserer Zeit“, sagt Dr. Maurice Eschweiler. „Das Thema bekommt bei Mitarbeitern, bei Kunden, aber auch auf dem Kapitalmarkt eine immer größere Relevanz.“ Mangelndes Klima-Engagement sei für Unternehmen langfristig teurer als alles andere, betont der Generalbevollmächtigte der DMG Mori AG. Deshalb dürften Umweltschutz und Wirtschaftlichkeit kein Widerspruch mehr sein. „Um beides in Einklang zu bringen, bildet Nachhaltigkeit bei uns zusammen mit den Zukunftsfeldern Automatisierung und Digitalisierung einen strategischen Dreiklang. Das hat auch dazu geführt, dass wir seit Januar 2021 als eines der ersten Industrieunternehmen einen klimaneutralen ‚Product Carbon Footprint‘ haben – vom Rohstoff bis zur Auslieferung.“

Vor zwei Jahren verursachte DMG Mori nach dem internationalen Reporting-Standard „Greenhouse Gas Protocol“ in Scope 1 und 2 noch rund 48.500 t CO2. „2020 konnten wir diese Emissionen bereits um rund 20.000 Tonnen senken“, berichtet Eschweiler. „Die bislang nicht vermeidbaren Emissionen gleichen wir durch Zertifikate aus, mit denen wir Energie- und Klimaschutzprojekte weltweit fördern.“ Diese Projekte seien nach verschiedenen Standards zertifiziert und ihre Wirksamkeit unter anderem von den UN oder dem WWF bestätigt. Beispiele dafür sind eine Windkraftinitiative in der Türkei, ein Wasserkraftprojekt in Indien oder ein Biomasseprojekt in China. „Trotz der bisher erzielten Erfolge arbeiten wir weiter mit voller Kraft daran, unseren CO2-Footprint fortlaufend zu reduzieren. Langfristig möchten wir unsere Scope 1- und Scope 2-Emissionen vollständig abbauen.“ Entsprechend werde der kompensierte Anteil dann Schritt für Schritt kleiner.

Drei Emissionskategorien

Das Greenhouse Gas Protocol definiert drei Emissionskategorien, so genannte Scopes. Dabei umfasst

  • Scope 1 alle Emissionen, die von einem Unternehmen selbst verursacht werden,
  • Scope 2 die zugekaufte Energie und
  • Scope 3 sämtliche vor- und nachgelagerten Prozesse der Wertschöpfungskette.

Um die CO2-Emissionen zu minimieren, setzt nicht nur DMG Mori auf modernde Heiz-, Lüftungs- und Klimakonzepte sowie auf selbst erzeugte regenerative Energie und Ökostrom. Dass das Bewusstsein für die Folgen des eigenen Handelns längt in der produzierenden Industrie angekommen ist, zeigen auch die Maschinenbauer Grob und Hermle, der Werkzeughersteller Ceratizit oder die Werkzeugbauer Engl und Haidlmair. Letztere belegen, dass dieser Weg nicht den großen Unternehmen vorbehalten ist.

Bei den Grob-Werken in Mindelheim verantwortet Markus Kuchenbaur das Energiemanagement. Er berichtet: „Ein entscheidender Schritt war für uns, die Hauptverbraucher der verschiedenen Energieträger zu identifizieren. Daraus konnten wir dann ableiten, welche Sanierungs- oder Modernisierungsmaßnahmen den maximalen Nutzen versprachen.“

Konkretes Wissen über Verbraucher hilft beim Optimieren

Mithilfe der gesammelten Informationen unterschiedlicher Energiemessgeräte wurden die Hauptverbraucher systematisch überwacht und relevante Anlagen hinsichtlich weiterer Einsparpotenziale im Betrieb analysiert. Nach dem Umsetzen einer Effizienzmaßnahme konnte mit den vorhandenen Daten die Energieeinsparung ermittelt werden. „Das zeigte uns, welche Maßnahmen die CO2-Emissionen und die Energiekosten am wirksamsten senken.“

Niedrige Energiekosten und ein geringes CO2-Äquivalent hatten auch die Verantwortlichen bei Hermle im Blick, als sie vor einigen Jahren die eigene Gießerei für Mineralguss-Maschinenbetten konzipierten. Die Nähe zum Stammsitz in Gosheim sorgte für kurze Transportwege und eine sichere Lieferkette. Die gesamte Gebäudetechnik und alle Abläufe wurden energetisch optimiert. Die Silos für das Rohmaterial sind im Gebäude untergebracht, was für eine konstante Temperatur beim Gießen sorgt – unabhängig von der Außentemperatur – und so nicht nur Energie spart, sondern auch eine konstante Qualität sichert. Selbst für die Materialanlieferung muss das Gebäude nicht geöffnet werden. Kompressoren gewährleisten das energieeffiziente Befüllen der Silos. Eine Wärmepumpe sorgt in Kombination mit einer Industrieflächenheizung für energiereduziertes Heizen der Büros und der Produktionshalle. Erst bei Temperaturen unter –5° C muss zugeheizt werden.

Bauen mit nachwachsenden Rohstoffen

Energieeinsparungen von bis zu 80 % im Vergleich zur vorherigen Nutzung am Standort Mamer in Luxemburg sicherten Ceratizit 2014 den Green Facility Management Award. Die Basis dafür war eine umfassende Renovierung des Heizungs-, Lüftungs- und Kühlsystems. Den Wärmebedarf deckt der Werkzeughersteller dort heute zu 90 % durch die Abwärme der Maschinen. Ähnliche Maßnahmen setzte der Werkzeughersteller auch an anderen Standorten um. „Für unsere Produktion in Reutte bestätigt ein ISO 50001-Zertifikat seit 2013 ein systematisches Energiemanagement, das die Effizienz kontinuierlich verbessert“, berichtet Steffen Baur, der bei Ceratizit das Produktmanagement leitet. „Auch bei der Erweiterung des Standorts haben wir auf den Ressourceneinsatz geachtet: Wo möglich, nutzten wir den nachwachsenden Rohstoff Holz als Baumaterial.“ Auf diese nachhaltige Bauweise sowie auf beste Isolierung, Strom aus der eigenen Photovoltaik-Anlage und Energierückgewinnung setzte der Hartmetallspezialist auch beim neuen Logistikzentrum in Kempten.

Für kleine Familienbetriebe oft leichter umzusetzen

Dass solche Maßnahmen nicht nur für die großen Player in der Fertigungswelt realisierbar sind, das zeigen zwei Werkzeug- und Formenbauer unterschiedlicher Betriebsgröße – Haidlmair mit Stammsitz im österreichischen Nußbach beschäftigt weltweit etwa 500 Mitarbeiter, die Hanns Engl o.H.G in Bozen ist mit rund 20 Beschäftigten das kleinste der hier betrachteten Unternehmen. Die Gründe für das Engagement beschreiben sowohl Willibald Windhager, Leiter Forschung & Entwicklung sowie Nachhaltigkeitsbeauftragter bei Haidlmair, als auch Johannes Engl, Geschäftsführer des Südtiroler Familienbetriebs, so: „Wir leben in einer landschaftlich sehr schönen Gegend und erleben jeden Tag, wie wertvoll und wichtig die Natur für uns Menschen ist. Deshalb setzen wir uns bereits seit vielen Jahren dafür ein, die Auswirkungen unseres betrieblichen Handelns auf die Umwelt so gering wie möglich zu halten.“

Johannes Engl beschäftigt sich seit 15 Jahren mit Nachhaltigkeit und sagt: „Wir sind schrittweise ins Thema hineingewachsen. Als kleines Unternehmen haben wir den Vorteil, dass die Geschäftsleitung diese Werte direkt vorleben kann.“ Im Familienbetrieb sei es oft einfacher, solche Ideen umzusetzen, weil man keine mittlere Managementebene überzeugen müssen und schnell auf den Punkt kommen könne.

Wohlbefinden der Mitarbeiter steigert die Leistungsfähigkeit

Als die Südtiroler 2007 einen Neubau planten, war das Ziel, für mindestens 20 bis 30 Jahre den steigenden Anforderungen hinsichtlich Nachhaltigkeit gerecht zu werden. Eine energieeffiziente Temperierung der Werkhalle auf ± 2 Grad kommt nicht nur der Präzision der produzierten Werkzeuge zugute, sie fördert – zusammen mit einer guten Luftqualität – auch das Wohlbefinden der Mitarbeiter und damit deren Leistungsfähigkeit. Rund 15 % des Strombedarfs deckt die eigene Solaranlage, der Rest wird als Ökostrom zugekauft. Durch die Kompensation von rund 90 t CO2-Äquivalent ist Engl heute klimaneutral.

Wie Engl betreibt auch Haidlmair eine eigene Photovoltaikanlage. Was darüber hinaus an elektrischer Energie benötigt wird, kaufen die Nußbacher in Form von Wasserkraft-Strom zu. „Allein dadurch konnten wir unsere CO2-Emissionen in den letzten Jahren um 90 Prozent senken“, sagt Willibald Windhager. Das Unternehmen habe konsequent in die Infrastruktur investiert, die Beleuchtung auf energiesparende LED-Technologie umgestellt, die Lüftungsanlage und die Wärmedämmung optimiert sowie Hitzeschutzverglasung installiert, um den Bedarf an Klimatisierung zu minimieren. Selbstverständlich sind für die Österreicher eine konsequente Mülltrennung, das Recycling von Wertstoffen oder der regionale Einkauf von Stahl und Zukaufteilen. „Durch die kurzen Transport- und Lieferwege sparen wir nicht nur CO2, gibt Windhager zu bedenken, „sie haben in der kritischen Phase von Corona auch unsere Lieferketten gesichert.“

Vergünstigte E-Autos für Mitarbeiter

Vor zwei Jahren startete Haidlmair erstmals eine Aktion und bot interessierten Mitarbeitern vergünstigte Kaufkonditionen für ein Elektroauto an. Inzwischen sind rund 15 % der Belegschaft mit E-Fahrzeugen von BMW und Volkswagen unterwegs, deren Batterien während der Arbeitszeit an eigens installierten Stationen kostenlos geladen werden können. Der Strom dafür kommt aus der hauseigenen Photovoltaikanlage. Auch das spart in der Unternehmensbilanz laut Windhager rund 10 t CO2.

Vor einem Jahr kleidete Haidlmair den bunten Strauß an Maßnahmen in eine konsequente Strategie. Dafür steht auch der neue Unternehmens-Claim: „Productivity for Sustainability“. Laut Windhager bringt dieses zielgerichtete Vorgehen echte Wettbewerbsvorteile: „Wer in Sachen Nachhaltigkeit noch nicht aktiv ist, der wird in den kommenden Jahren den Druck der Öffentlichkeit zu spüren bekommen. Außerdem hilft uns unser Erfahrungsvorsprung schon heute, unsere Kunden auf ihrem Weg in eine nachhaltigere Zukunft zu unterstützen.“

Deutsche Industrie mit hohen Zielen

Dass er mit dieser Einschätzung richtig liegt, belegt auch die Wintererhebung 2020/21 des Energieeffizienz-Index (EEI), an der mehr als 880 Unternehmen aus über 20 Branchen teilgenommen haben. Sie zeigt einen erneuten Anstieg der Bedeutung von Energieeffizienz in der deutschen Industrie. Laut dem Institut für Energieeffizienz in der Produktion (EEP) der Universität Stuttgart stabilisierte sich der EEI – nach einem kurzfristigen Einbruch im Zuge der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 – auf dem Vorjahresniveau. „Bei den Energieeffizienz-Investitionen wurde nur knapp ein neuer absoluter Höchstwert verfehlt“, berichtet Prof. Alexander Sauer, Leiter des EEP.

Die Erhebung sollte auch die Frage klären, auf welche Aspekte Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsstrategie ausrichten. Am häufigsten wurde das Optimieren des Energiebedarfs genannt (30 %). Ein weiteres Viertel der Antworten entfielen auf die CO2–Reduktion, jeweils 18 % gaben an, sich an der Reduzierung aller Treibhausgas-Emissionen sowie aller Umweltauswirkungen zu orientieren.

Nachhaltigkeit ist weit mehr als Umweltschutz

Doch Nachhaltigkeit geht weit über den sorgsamen Umgang mit Ressourcen und Schadstoffemissionen hinaus. Wichtig ist vielmehr, ökologische, ökonomische und soziale Aspekten gut gegeneinander auszutarieren.

Das hat auch Johannes Engl erkannt. Der Werkzeugmacher beschäftigt sich seit 2011 mit Gemeinwohlökonomie. Sie bemisst den Erfolg eines Unternehmens auch am Beitrag zum Nutzen der Gemeinschaft. „Das Mindset ändert sich“, sagt Engl. „2008 und 2009 haben viele noch anders gedacht als heute. Das Verantwortungsbewusstsein für die Folgegenerationen und die Umwelt ist deutlich gewachsen.“ Dennoch müsse sich hier noch viel ändern.

Engl berichtet, dass sowohl seine Lieferanten als auch die Mitarbeitenden den Philosophiewandel sehr positiv aufgenommen haben. Bei den Kunden waren die Reaktionen eher verhalten oder gar nicht vorhanden. Der Werkzeugmacher fordert von der Politik ein entschlosseneres Handeln und wettbewerbsneutrale Maßnahmen, die der Gemeinwohl-Philosophie nicht schaden, statt die Macht allzu oft an Lobbygruppen abzugeben.

„Immer weiteres Wachstum auf der Basis fossiler Energiequellen zu fordern, und das auf Kosten der Umwelt und nachfolgender Generationen, das kann so nicht weitergehen.“ Die Aussagen von Kollegen, keinen Spielraum für entsprechende Aktivitäten zu haben, hält der Werkzeugmacher zum Teil für eine Ausrede. „Oft haben sich Handlungsweisen eingeschliffen, die sich durchaus ändern ließen. Aber leider trauen sich viele hier zu wenig zu.“

Kunden fordern auch Sozialstatus

Auch Heinz Kolb, Management-Beauftragter der Grob-Werke, sieht im sozialen Aspekt einen ganz wesentlichen Teil der Nachhaltigkeit. „Seit etwa 2014 sind wir damit konfrontiert, dass Kunden unseren Nachhaltigkeitsstatus abprüfen und dafür auch externe Dienstleister wie NQC oder EcoVadis einsetzen.“ Deren Fragebögen reichten weit über den schonenden Umgang mit Ressourcen und Umwelt hinaus und beträfen unter anderem auch das Unternehmensleitbild, die Geschäftsethik, die Arbeitsbedingungen und Menschenrechten, die Arbeitssicherheit oder die Beschaffungsphilosophie.

„Das Wohl der Mitarbeiter steht bei Fragen rund um die Nachhaltigkeit viel stärker im Fokus als das gemeinhin angenommen wird“, sagt Kolb. In Deutschland seien viele Rechte und Pflichten bereits durch Gesetze und Verordnungen geregelt. Deshalb sei es mitunter schwierig, entsprechende Nachweise zu führen. „Wer aber ein gutes Umwelt- und Energiemanagementsystem aufgebaut hat, der kann damit schon viele Fragen beantworten.“ Denn die Zertifizierungen nach der Umweltmanagement-Norm ISO 14001, der Energiemanagement-Norm ISO 50001 oder der Arbeitsschutzmanagement-Norm OHRIS setzt einen funktionierenden Regelkreis und eine kontinuierliche Verbesserung voraus.

Der Managementbeauftragte spricht viele weitere kleine Bausteine an, die zu einem nachhaltigeren unternehmerischen Wirken beitragen können. Das beginnt bei einer Wildblumenwiese auf dem Firmengelände, die Insekten Nahrung bietet, oder Nistkästen für die unterschiedlichsten Vogelarten und reicht über eine Kantine, die regionale Produkte anbietet, bis hin zu Schulungen der Mitarbeiter oder internationalen Austauschprogrammen für Auszubildende. „Auch im Bereich des Gesundheitswesens bieten wir unseren Mitarbeitern einiges – etwa die Betriebspraxis, die jeder Mitarbeiter nutzen kann. Zudem hat uns unser Betriebsarzt bereits während der Schweinegrippe bei der Frage beraten, wie wir uns auf künftige Pandemien vorbereiten können, welche Maßnahmen wir ergreifen und was wir auf Lager haben sollten. Das hat uns beim Ausbruch von Corona geholfen, mit dieser Pandemie umzugehen.“

Kolb sieht aber auch, dass das Thema Nachhaltigkeit mit Augenmaß behandelt werden muss. „Wir können von einem Zulieferer mit 20 oder 50 Mitarbeitern kein umfassendes Nachhaltigkeitskonzept verlangen. Das kann er einfach nicht leisten. Und trotzdem werden diese Unternehmen auch künftig wichtig sein für uns.“

Rohmaterial aus sauberen Quellen

Mit dem sorgsamen Umgang mit Rohstoffen, deren Herkunft und Recycling spricht Steffen Baur von Ceratizit einen weiteren Aspekte der Nachhaltigkeit an. „Die amerikanische ‚Security and Exchange Comission‘ gibt klare Vorgaben an die Hand bezüglich der Nachweispflicht für konfliktfreie Rohstoffe, die für die gesamte Lieferkette gelten. Zusammen mit anderen Wolfram-Verarbeitern haben wir die Arbeitsgruppe ‚Tungsten Industry Conflict Minerals Council‘ gegründet.“ Das TI-CMC habe eine einheitliche Vorgehensweise entwickelt, um Schmelzhütten hinsichtlich ihrer Compliance zu überprüfen. Es arbeitet mit Organisationen anderer Branchen, etwa der Responsible Minerals Initiative (RMI) zusammen, um neben Wolfram auch andere Mineralien wie Kobalt, Tantal, Zinn oder Gold abdecken zu können. Als Ergebnis erhalten die angeschlossenen Unternehmen eine Liste mit vertrauenswürdigen Lieferanten.

Doch nicht nur der Umweltschutz und die Menschenrechte bei der Förderung von Rohstoffen sind wichtig. Meist verbraucht das Recyceln dieser Materialien weniger Energie als das Schürfen und Herstellen. Deshalb beschäftigt sich Ceratizit schon länger mit dem Verwerten von Altwerkzeugen aus Hartmetall – auch von Fremdherstellern – und hat dabei inzwischen ein hohes Qualitätslevel erreicht. Obwohl die Qualität des recycelten Hartmetalls beinahe an die von frischem Material heranreiche, arbeitet der Werkzeughersteller mit einem Hybridkonzept. Halter und Schäfte, die nicht den Belastungen in der Schneidzone ausgesetzt sind und für die mehr Material benötigt wird, fertigt das Unternehmen aus Sekundärrohstoffen. Schneidplatten oder Schneidköpfe entstehen aus frischem Hartmetall, werden aber möglichst kompakt gehalten.

Um den Gewinn bewerten zu können, der durch diesen Cradle-to-Cradle-Ansatz entsteht, untersuchte der Werkzeughersteller im Rahmen einer Ökobilanz das Treibhauspotenzial eines Solid-Hartmetallfräsers im Vergleich zum Multilock-Wechselkopffräser. Das Ergebnis: Das Wechselkopf-Werkzeug verursachte beim Stirnplanfräsen einer Tasche in der Summe – von der Rohstoffgewinnung über die Herstellung und den Einsatz bis hin zum Recycling – rund 40 % weniger CO2.

Wirtschaftlichkeit im Blick behalten

Alle Befragten weisen aber auch auf das dritte Element der Nachhaltigkeit hin: Die Wirtschaftlichkeit darf bei allen hehren Zielen nicht aus dem Blick geraten. Denn nur ein gesundes Unternehmen habe die Mittel, um in nachhaltige Prozesse zu investieren. Wichtig sei, in überschaubaren Schritten voran zu gehen und sich dabei wirtschaftlich nicht zu übernehmen. Gerade mit Blick auf die vielen kleineren Fertigungsunternehmen sieht es Maurice Eschweiler nicht als entscheidend an, gleich große Schritte anzustreben. „Wichtig ist, dass man sich auf den Weg macht! Das erfordert allerdings eine gute Datenbasis und Transparenz hinsichtlich der Energieverbräuche, der Prozesse und der Lieferanten. Das gilt für große und kleine Unternehmen gleichermaßen.“

Während eine klimaneutrale Produktion in einer Netto-Betrachtung bereits heute möglich ist, wird eine komplett klimaneutrale Fertigung ohne die Kompensation anfallender Emissionen sicher noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

Nachhaltiges Denken macht Prozesse nicht komplexer

Als eine der größten Herausforderungen auf dem Weg dorthin sieht Eschweiler, das richtige Mindset zu schaffen. Dass die Abläufe in Fertigungsbetrieben durch nachhaltiges Denken und Handeln komplexer werden, hält der DMG Mori-Manager für einen Irrglauben. „Es ist wichtig, sich grundlegend mit dem Thema auseinanderzusetzen und Strukturen anzupassen – idealerweise zusammen mit Experten.“ Doch einmal implementiert, könnten nachhaltige, moderne Prozesse die Komplexität in der Fertigung sogar verringern und Ressourcen freisetzen. „Ich bin fest davon überzeugt: Langfristig werden ausschließlich Unternehmen erfolgreich sein, die nachhaltig wirtschaften. Die Zukunft verlangt es.“

Kontakt:

DMG Mori AG
Gildemeisterstr. 60
33689 Bielefeld
www.dmgmori-ag.com

Grob-Werke GmbH & Co. KG
Industriestr. 4
87719 Mindelheim
www.grobgroup.com

Ceratizit Deutschland GmbH
Daimlerstraße 70
87437 Kempten
www.ceratizit.com

Haidlmair GmbH
Haidlmairstr. 1
A-4542 Nußbach
Österreich
www.haidlmair.at

Hanns Engl Werkzeugbau O.H.G.
Enzo-Ferrari-Str.13
IT-39100 Bozen
Italien
www.engl.it


Serie „Nachhaltige Produktion“

Verantwortung zu übernehmen für den eigenen ökologischen Fußabdruck – das wird auch für produzierende Unternehmen immer wichtiger. Schon heute verlangen einige Großkunden von ihren Lieferanten den Nachweis, dass die gelieferten Teile oder Produkte CO2-neutral hergestellt wurden. Was das für Fertigungsbetriebe bedeutet, beleuchten wir in unserer dreiteiligen Serie „Nachhaltige Produktion“. Dabei fokussieren wir uns auf folgende zentrale Fragen:


Mona WillrettRedakteurin Industrieanzeiger
Bild: Tom Oettle

Nachhaltige Produkte sind in

Industrie, Gesellschaft, Verbraucher, Investoren – nachhaltiges Handeln gehört inzwischen zum guten Ton. Endlich zählen – neben Profit und Produktivität – auch andere Werte. Doch ich frage mich, ob allen Beteiligten die Konsequenzen bewusst sind. Denn Nachhaltigkeit ist mehr als der Schutz von Umwelt und Ressourcen. Dazu gehört auch der wertschätzende Umgang mit Geschäftspartnern und Mitarbeitern. Und als Verbraucher muss uns klar sein, dass wir für nachhaltigere Produkte auch tiefer in die Tasche greifen müssen.

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