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Cluster für höhere Ressourceneffizienz

Aachener Technologie verbessert Turbomaschinen-Produktion
Cluster für höhere Ressourceneffizienz

Fertigung | Der Innovationscluster„AdaM“ soll die Ressourceneffizienz in Energieversorgung und Mobilität durch neue Herstellungs- und Reparaturprozessketten verbessern.

Daniel Schraknepper Fraunhofer IPT Marco Göbel Fraunhofer ILT

Laut Marktprognosen von Airbus und Boeing liegt der Bedarf an neuen Flugzeugen in den kommenden 20 Jahren bei 29 000 bis 35 000 Stück. In entsprechendem Maße sind Triebwerke erforderlich, die bei gleicher oder gesteigerter Leistung weniger Kerosin verbrauchen und ein geringeres Gewicht aufweisen. Auch die Energieversorgung wird trotz massiver Entwicklung alternativer Technologien großteils von fossilen Primärenergieträgern und somit von Turbomaschinen abhängig bleiben. Hersteller setzen dazu neue Hochleistungswerkstoffe, komplexere Strömungsbauteile und zunehmend integrale Strukturen ein. Fertigungstechnologien müssen auf diese steigenden Anforderungen reagieren. Dieser Aufgabe nimmt sich das Aachener Innovationscluster „Adaptive Produktion für Ressourceneffizienz in Energie und Mobilität“ (AdaM) des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnologie (IPT) und des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik (ILT) an. Ziel ist es, neue Turbomaschinenkonzepte und Komponentendesigns technisch umzusetzen, um so den Wirkungsgrad der Energiewandlung zu erhöhen, CO2-Emissionen zu senken und Ressourcen zu schonen. Der Weg zum Ziel führt über die Entwicklung und Anwendung optimierter oder neuer Fertigungstechnologien, welche die Realisierbarkeit und Konkurrenzfähigkeit der Produkte gewährleisten können.
Eine dieser Technologien ist Selective Laser Melting (SLM). Durch einen Laserstrahl wird Metallpulver schichtweise aufgeschmolzen, sodass Schicht für Schicht komplexe Bauteile hergestellt werden können. Ein Experte für das Verfahren ist Anders Such vom Fraunhofer ILT: „Mit SLM lassen sich Baugruppen monolithisch in einem Fertigungsschritt aufbauen. Dadurch ergibt sich ein Einsparpotenzial beispielweise durch den Wegfall von sonst üblichen kosten- und zeitintensiven Füge- und Montageschritten. Außerdem sind dank der Geometriefreiheit des Verfahrens sehr komplexe Formen produzierbar, die sich konventionell nur mit viel Aufwand beziehungsweise überhaupt nicht herstellen lassen.“
Flexible Verknüpfung von Einzeltechnologien zu Prozessketten
Zur gezielten Nutzung der Verfahrensvorteile der Technologie für eine Serienfertigung von komplexen Baugruppen ist die Einbindung des Prozesses in eine ganzheitliche Prozesskette unabdingbar. Die Oberflächengüte nach dem SLM-Prozess ist für den Einsatz im Verdichter oder der Turbine zu hoch. Daher legen die Ingenieure Verfahren wie das 5-Achs-Simultanfräsen oder das Schleifen für die Nachbearbeitung der Bauteile aus. Im speziellen Fall des Leitschaufelclusters spiegelt sich eine zentrale Forderung der Produzenten von Turbomaschinen wider: Die Prozessketten müssen vor dem Hintergrund anhaltender Produktdiversifizierung und zunehmender Variantenvielfalt flexibel sein.
Die Forscher sprechen von Adaptivität und meinen damit, trotz schwankender Eingangsgrößen wie Material oder Geometrie durch geschickte und flexible Kombination leistungsfähiger Einzeltechnologien ein stabiles Bearbeitungsergebnis auf gleichbleibend hohem Niveau erreichen zu können. Zentrale Voraussetzung hierfür sind zum einen intelligente Planungsmethoden für die Auslegung von Technologien. Zum anderen ist eine adaptive Prozesskette auf die Verfügbarkeit und Konsistenz von Daten angewiesen. Die Aufnahme, Aufbereitung und durchgängige Bereitstellung erfolgt auf Basis einer CAx-Plattform. Durch einheitliche Produkt- und Referenzierungsdaten für alle Prozessschritte wird die Gesamtanzahl von Schnittstellen abgebaut und Fehler vermieden. Durch die CAx-Plattform sind Abläufe besser plan- und standardisierbar und auf verschiedene Bauteile anzuwenden.
Leistungsfähige und neue Technologien verschieben Grenzen im Produktdesign. Das Zusammenwirken zwischen Produktauslegung und Fertigung wird in einem Design-Teilprojekt von AdaM untersucht. Dieses bewertet mit neuer Methodik sowohl die Vorteile verschiedener Bauteildesigns, als auch die zur Herstellung in Frage kommenden Prozessketten. Für die Auslegung und Nutzenbewertung neuer Geometriefeatures am Beispiel des Leitschaufelclusters arbeiten die Fraunhofer-Forscher mit Experten vom Institut für Strahlantriebe und Turboarbeitsmaschinen der RWTH in Aachen (IST) zusammen. Diese analysieren den Einfluss der neuen Freiheitsgrade im Produktdesign, welche erst durch Technologien wie das SLM in Kombination mit geeigneten Nachbearbeitungsverfahren realisierbar sind. Ein zentraler Aspekt der kombinierten Betrachtung aus Produkt und Fertigungssicht ist die Ressourceneffizienz.
Da der Lebenszyklus bereits mit der Planung und Fertigung eines Bauteils beginnt, erfolgt neben der Analyse des Wirkungsgrades im Betrieb der Komponente auch für die verschiedenen Produktionsverfahren ein Vergleich des Energie- und Betriebsmittelbedarfs. Viele Verfahren mit Relevanz für den Turbomaschinenbau finden dabei Berücksichtigung: das Gießen, generative, laserbasierte Technologien, spanende Technologien sowie elektrochemische und funkenerosive Prozesse. Entwickelt werden alle Methoden und Verfahren vor dem Hintergrund einer direkten Implementierung in den Produktionsstätten der Industriepartner wie Siemens, Rolls-Royce oder MAN. Diese und 18 Weitere im Cluster arbeiten in bilateralen Projekten mit den Fraunhofer-Instituten auf Basis der vorwettbewerblichen Forschungs- und Entwicklungsergebnisse an der spezifischen Anpassung der Lösungen auf ihre jeweiligen Bedürfnisse.
Ergebnisse des Aachener Innovationsclusters sowie aktuelle Entwicklungen im Turbomaschinenbau werden im Rahmen der International Conference on Turbomachinery Manufacturing (ICTM) vorgestellt und diskutiert. Die ICTM, die aus dem ersten Innovationscluster „Turpo“ entstand, findet am 25. und 26. Februar 2015 statt. Die Bandbreite der im Rahmen der ICTM diskutierten Themen und die an die Aachener Forscher herangetragenen Fragen zeigen: Es besteht weiterhin massiver Forschungs- und Entwicklungsbedarf. „Um diesen Bedarf zu decken, werden wir auf Basis der beiden Innovationscluster und der guten Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Instituten zukünftig in Aachen unsere Aktivitäten rund um den Turbomaschinenbau ausbauen. Dabei wollen wir weitere Partner in unser Netzwerk einbinden“, erklärt der geschäftsführende Oberingenieur des Fraunhofer IPT Thomas Bergs. •
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