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Damit stimmt die Orientierung immer

Composites: Qualität durch automatisierten Lagenaufbau
Damit stimmt die Orientierung immer

Schlüsselfertige Systeme, die Kohlefasergewebe automatisiert verarbeiten, sind ein Geschäftsfeld, das der Maschinenbau-Konzern MAG ausbauen will. Sie liefern hochwertige Teile mit exakt reproduzierbarem Aufbau.

Sowohl Boeing als auch Airbus stoßen mit ihren Modellen 787 Dreamliner und A350 in neue Bereiche vor. Zu den Herausforderungen gehört auch die prozesssichere, hochwertige und wirtschaftliche Fertigung der Rumpf- und Flügelsegmente aus Kohlefaserverbundwerkstoffen. Unterstützung erhalten die Flugzeugbauer und ihre Zulieferer dabei vom deutsch-amerikanischen Maschinenbau-Konzern MAG. Der Systemspezialist hat über seine Tochter MAG Cincinnati bereits 25 Jahre Erfahrung in der Fertigung von Carbon-Bauteilen. Die Amerikaner gehören zu den führenden Anlagenanbietern fürs automatisierte Verlegen von Gewebebahnen.

Grundsätzlich unterscheidet man bei MAG dabei zwei Prinzipien: Die Tapelege-Anlagen Charger verarbeiten bis zu 300 mm breite Gewebebänder, die Faserlege-Systeme Viper führen bis zu 32 Bahnen schmälerer Bänder zusammen. Während die Charger-Modelle für große, schwach gekrümmte Teile prädestiniert sind, können Viper-Anlagen auch stark konturierte Teile fertigen oder lokal erforderliche Verstärkungen einbringen.
Um den Kunden aus der deutschen und europäischen Luftfahrtbranche näher zu sein, hat der Konzern Ende letzten Jahres am Standort Göppingen ein Composites Center eröffnet. In dem Technologiezentrum will der Systemanbieter Kunden nicht nur die Potenziale seiner Technologie demonstrieren und mit Anwendern gemeinsam Lösungen erarbeiten, sondern auch Anlagen für europäische Abnehmer endmontieren und anwendungsspezifisch ausstatten – wie das derzeit mit zwei Viper-Anlagen für die Airbus-Ausgründung Premium Aerotec geschieht.
Die Verantwortlichen bei MAG gehen davon aus, dass sich die Composite-Technologie in den kommenden Jahren nicht nur in der Luftfahrt weiter etablieren wird, sondern auch in anderen Branchen wie dem Automobilbau oder der Windenergie. „Auch deshalb haben wir unser europäisches Composites Center gegründet“, sagt Dr. Christian Boge, der seit Anfang des Jahres die weltweiten Aktivitäten des Konzerns in diesem Geschäftsbereich leitet. „Wir wollen hier neben den legenden auch umformende Verfahren weiterentwickeln, mit denen sich beispielsweise Fahrzeugteile in mittleren Stückzahlen effizient herstellen lassen.“ Dabei werden kurz geschnittene, etwa 2,5 cm lange Kohlefasern zusammen mit Harz in eine Form gegeben und unter Wärmeeinfluss zum fertigen Bauteil gepresst. Der Vorteil gegenüber den legenden Verfahren: Die Taktzeiten sind deutlich kürzer, die Bauteile in wenigen Minuten fix und fertig.
Während sich die umformenden Verfahren für mittlere Losgrößen von etwa 20 000 bis 80 000 Teilen anbieten, eignen sich die vergleichsweise aufwändigen legenden Verfahren eher für kleine Lose. Die Gewebematten müssen ausgelegt, das vorgefertigte Teil in einen Vakuumsack verpackt und im Autoklaven ausgebacken werden. Das macht die Teile teuer und die Fertigung langsam. Aber so entstehen die leichtesten Teile mit der höchsten Festigkeit. Zudem können deren mechanische Eigenschaften über die definierte Orientierung der Fasern gezielt auf die jeweilige Anwendung zugeschnitten werden. Und in der Luft- und Raumfahrt besonders wichtig: „Mit den legenden Verfahren lässt sich die höchste Laminatqualität und Prozesssicherheit erreichen“, ergänzt Boge.
Für beide Technologien bietet MAG komplette, schlüsselfertige Prozesse an. „Wir stellen zwar nicht alle System-Komponenten selbst her, aber wir haben das Prozess-Know-how, treten als Systemintegrator und Generalanbieter auf“, sagt Boge. „Hier kommt uns auch unser großer Erfahrungsschatz in der Prozessgestaltung und im Projektmanagement zugute, den wir über viele Jahrzehnte im Automobilbereich gesammelt haben.“
Die aktuell im MAG-Portfolio enthaltenen Legesysteme können Komponenten mit einer Länge von mehr als 20 m und einer Breite bis rund 6 m aufbauen. Gerade bei großen Teilen sei das automatisierte Legen der Gewebe schon aus Qualitätssicht unerlässlich, betont Boge. „Rumpfsegmente von Passagierflugzeugen wie dem A350 lassen sich von Hand nicht mehr prozesssicher und reproduzierbar herstellen.“ Insbesondere für sicherheitsrelevante Bauteile gibt es exakte Vorschriften, welche Lagen in welcher Richtung zu verlegen sind. Dabei kann sich die Faserrichtung von Lage zu Lage ändern. Dieser Aufbau ist im sogenannten Ply-Book festgelegt. Erfolgt er über ein CAD-CAM-System, ist das auch aus Sicht der Qualitätssicherung und -dokumentation von Vorteil. Kleine Werkstücke hingegen werden nach Einschätzung des promovierten Ingenieurs auch künftig weiter manuell gelegt. Hier können die großen automatisierten Anlagen ihre Vorteile nicht ausspielen.
MAG stellt nach eigener Angabe mehr als die Hälfte der weltweit installierten Composites-Maschinen und ist derzeit an beiden großen zivilen Composite-Flugzeug-Programmen, der Boeing 787 und dem Airbus A350, sowie an militärischen und kleineren zivilen Projekten beteiligt. Boge rechnet sowohl für den eigenen Geschäftsbereich als auch für die Zulieferer der Flugzeugbauer mit wachsendem Marktpotenzial. Aber auch in anderen Branchen sieht er große Chancen. So würden beispielsweise die Anforderungen in der Windenergietechnik mit zunehmender Größe der Anlagen steigen. Um Unwuchten an Blättern zu vermeiden, die sich bei großen Radien deutlich stärker auswirkten, müssten sie um Klassen sorgfältiger und mit höherer Prozesssicherheit hergestellt werden als bei kleinen Anlagen. „Hier glauben wir, dass sich die Anforderungen und die Fertigungsverfahren jenen der Luftfahrt annähern.“

Marktchancen
Der automatisierte Aufbau großer Rumpf- und Flügelteile aus Kohlefasern ermöglicht eine konstant hohe Laminatqualität und Prozesssicherheit. Gesteuert über ein CAD-CAM-System, legen Maschinen die Gewebe präzise und sichern nicht nur gleichbleibende Bauteileigenschaften – sie erleichtern auch die Qualitätssicherung. Durch das steigende Potenzial großer Carbon-Teile, auch außerhalb der Luftfahrt, bietet diese Technologie Zulieferern gute Marktchancen.
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