Langfristiger Erfolg bedarf eines Wandels vom reinen Werkzeughersteller hin zum Produktivitätsbefähiger. Wegbereiter für diese Transformation sind datenbasierte Dienstleistungen, die dann als datenbasiert gelten, wenn Daten einen Großteil zur Erbringung der Dienstleistung beitragen. Befähigt durch eine intelligent vernetzte IT-Infrastruktur sowie eine kontinuierliche Datensammlung in Verbindung mit physischen Produkten ermöglichen sie eine Steigerung des Kundennutzens und die Senkung der eigenen Kosten. Ein Beispiel hierfür ist eine signifikante Standzeiterhöhung bei nur geringfügig höheren Total Cost of Ownership. Datenbasierte Dienstleistungen adressieren dadurch die Herausforderungen der produzierenden Industrie im Allgemeinen als auch die des Werkzeugbaus im Speziellen.
Das Data-Analytics-Reifegradmodell
Datenbasierte Dienstleistungen lassen sich nach dem Data Analytics-Reifegradmodell in vier Kategorien steigender Komplexität einteilen:
1. Descriptive Analytics
Descriptive Analytics zielen darauf ab, Daten zu gewinnen und Transparenz über definierte Vorgänge im Werkzeug zu erzeugen. Integrierte Sensorik sowie Datenplattformen ermöglichen die kontinuierliche Überwachung und Bereitstellung ausgewählter Werkzeugparameter und das Angebot darauf abgestimmter Dienstleistungen. Unter anderem kann dadurch eine vernetzte Werkzeugüberwachung realisiert werden, indem Werkzeugbau und Kunde auf den durch Sensorik erfassten und in Echtzeit gespeicherten Werkzeugzustand zugreifen können. Infolgedessen besteht gesteigerte Transparenz hinsichtlich Betriebsstunden der Werkzeuge oder Reparaturhistorie und -bedarf.
2. Diagnostic Analytics
Dienstleistungen dieser Kategorie basieren auf der Verknüpfung von Daten mit dem Ziel, Ursache-Wirkungs-Beziehungen aufzudecken. Dadurch gewinnen der Werkzeugbaubetrieb und der Kunde ein tiefgreifendes Verständnis über Produktionsprozesse und Werkzeugverhalten und können gezielt Fehler und Optimierungspotenziale detektieren. Ergänzend zu der Notwendigkeit von Sensorik und Datenplattformen ist eine sinnvolle, durch Algorithmen befähigte Datenverknüpfung für die Umsetzung von Diagnostic Analytics essenziell. Diese wiederum erfordert hoch qualifiziertes Personal.
Ermöglicht wird dadurch bspw. die Umsetzung eines datenunterstützten Try-Outs, indem Fehlerbilder in der Einarbeitung mit werkzeugspezifischen Betriebsdaten verknüpft werden. Die selektive Anpassung von Parametern aufgrund von effizienter Ursachendetektion sorgt dafür, dass die für den Werkzeuganlauf notwendigen Iterationsschleifen deutlich gesenkt werden können.
3. Predictive Analytics
Unter Predictive Analytics fallende Dienstleistungen basieren auf der Prognosefähigkeit zukünftiger Werkzeugzustände. Dadurch können Werkzeugverschleiß frühzeitig erkannt und proaktiv Maßnahmen ergriffen werden, um werkzeugbedingten Produktionsausfällen entgegenzuwirken. Aufbauend auf historischen Daten werden mithilfe intelligenter Algorithmen Modelle erstellt, die die zukünftige Prognosefähigkeit befähigen.
Daraus ergibt sich die Möglichkeit, Bauteile und Werkzeuge vorausschauend datenbasiert zu optimieren. Durch die exakte Zustandserfassung der Verzahnung von Bauteil und Werkzeug können Handlungsfelder für die Verbesserung der Funktionalität von beiden vorgeschlagen werden. Eine echtzeitnahe Anzeige der Auswirkungen der Optimierungsmaßnahmen vereinfacht den Entscheidungsprozess.
4. Prescriptive Analytics
Datenbasierte Dienstleistungen in der Kategorie Prescriptive Analytics gehen über die Prognose von Zuständen hinaus, indem Prognosemodelle zu Entscheidungsmodellen erweitert werden. Dadurch können Maßnahmen zur Erreichung eines Zielzustands automatisiert definiert und eingeleitet werden. Im Werkzeugbau resultiert dies in intelligenten und selbstoptimierten Werkzeugen. Für die Umsetzung dieser datenbasierten Dienstleistungen bedarf es neben Aktorik und Regelungstechnik ebenfalls geeigneter Entscheidungsmodelle.
Dadurch werden unter anderem intelligente Try-outs möglich, bei denen ein Großteil der Parameteranpassung von Produktionsanlage und Werkzeug eigenständig übernommen wird. Dadurch können Iterationsschleifen minimiert sowie die Abhängigkeit von der Mitarbeiterqualifikation verringert werden. Hierfür werden inline sowohl Werkzeug- als auch Bauteilparameter erfasst. Durch eine fortlaufende Erfassung der produzierten Bauteile, einem Soll-Ist-Abgleich und folgender Parameteradaption durch Werkzeug und Anlage nähert sich das Produkt iterativ seinem Zielzustand an.
Gesteigerter Kundennutzen
Die beschriebenen datenbasierten Dienstleistungen zeigen, wie der Werkzeugbau gezielt als Produktivitätsbefähiger agieren kann. Dadurch wird nicht nur der Kundennutzen signifikant gesteigert, sondern auch die eigene Rolle im Wettbewerb langfristig gestärkt.