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„Die Arbeit für große Serien trägt Früchte“

Composites: Dieffenbacher-Manager Manfred Reif sieht einen stetig wachsenden Weltmarkt
„Die Arbeit für große Serien trägt Früchte“

„Die Arbeit für große Serien trägt Früchte“
Manfred Reif ist Leiter Projektmanagement im Bereich Composites bei Dieffenbacher. Beim Fraunhofer ICT war er seinerzeit an der Entwicklung der LFT-Technologie beteiligt. Bild: Dieffenbacher
Seit Composites vom Automobilbau entdeckt wurden, sind sie in aller Munde. Manfred Reif von Dieffenbacher gibt Einblicke in die Technologie und ihre Automatisierung. Er leitet das Projektmanagement des Anlagenbauers, der weltweit in unzählige Faserverbundvorhaben involviert ist. ❧ Olaf Stauß

Herr Reif, welches ist die wichtigste Innovation, die Dieffenbacher auf den Messen K und Composites Europe präsentiert?

Wir zeigen das Update unserer Fiberforge-Technologie: Die Fiberforge 4.0 bezeichnen wir als die schnellste Tapelegeanlage der Welt. Sie hat die Aufgabe, thermoplastische unidirektionale Materialien zu handhaben, in gewünschter Position und Faserrichtung abzulegen und in einem nachgeschalteten Schritt zu konsolidieren. Die Fiberforge 4.0 macht das Tapelegen signifikant schneller und damit tauglich für die Großserienfertigung im Automobilbau. Wir reden hier von einer Legezeit unter einer Sekunde je Tapestreifen.
Und es gibt noch mehr Innovationen?
Genau. Ein weiteres Thema ist das Preforming von Composites-Materialien in 3D – also von noch nicht imprägnierten Halbzeugen. Für die K-Messe haben wir mit Partnern eine Applikation vorbereitet, bei der eine Rahmenstruktur aus vier Einzel-Preforms produziert wird. Diese Subpreform-Technologie kann sehr viel Material einsparen. Sie ermöglicht eine um 16 bis 20 Prozent höhere Materialausnutzung als bei herkömmlichen Preforming-Prozessen. Weiter lassen sich die Faserorientierungen besser steuern und gezielt auf die Anwendung zuschneiden.
Wie funktioniert „Preforming“ denn?
Denken Sie an Glas- oder Carbonfaser-Gewebe oder -Gelege auf einer Rolle, das Sie in die passenden Geometrien schneiden. Aus mehreren Lagen wird ein Stack aufgebaut mit genau jenen Faserorientierungen, die zuvor ein Simulationsprogramm ermittelt hat. Damit die Lagen aneinander haften, sind sie mit einem Binder behandelt. Man kann sich das wie einen Kleber vorstellen, der den Verbund auch nach dem Umformen zusammen hält – das funktioniert mit duro- wie mit thermoplastischen Systemen. Dieffenbacher zielt generell darauf ab, das Material dabei so auszunutzen, dass im Sinne von Netshaping nur sehr wenig Abfall entsteht.
Was geschieht mit den Stacks weiter?
Die Stacks werden in eine Umformpresse gebracht und mit Stempeltechnologien Stück für Stück in die Form drapiert – so als würde man die Subpreforms mit der Hand Stück für Stück in die Form streichen.
Kommt dabei der Roboter zum Einsatz?
Je nach Stückzahl. Unser Preformcenter gibt es in verschiedenen Aufbaustufen zu beziehen. Wir bieten also nicht nur eine vollautomatisierte Komplettlösung, sondern auch wirtschaftliche Anlagen für kleine Stückzahlen. Das Entnehmen aus dem Preformcenter und das Einlegen in die Kontur-Beschnittzelle lässt sich beispielsweise problemlos auch manuell erledigen.
Welche Verfahren neben dem Tapelegen unterstützt Dieffenbacher und welche Teile entstehen daraus?
Zunächst sollten wir vielleicht einen Blick darauf werfen, was unter Composites überhaupt zu verstehen ist: Es sind – wie der Name sagt – Kompositionen von Materialien, meist Faser- und Matrixsysteme. Sind auch Metalle dabei, spricht man schon von Hybriden. Die Vielfalt ist groß. Auch unsere LFT-Anlagen stellen zum Beispiel thermoplastisches Composite-Material her, obwohl es so selten genannt wird. Daraus entstehen Serien von semistrukturellen Bauteilen wie Unterboden, Frontend-Strukturen, Reserveradmulden. Lokale Verstärkungen können das Material weiter qualifizieren. Die Fiberforge 4.0 kann sogar zielgerichtet thermoplastische Endlosfaserstrukturen hinzufügen, wo es nötig ist.
Und auf der duroplastischen Schiene?
Auch für SMC-Bauteile bauen wir Anlagen. Das sind klassische Außenhaut-Bauteile, die durch Umformen von Langfaser-verstärkten Halbzeugen entstehen und direkt nach dem Pressvorgang lackiert werden können, etwa Heckdeckel bei Pkw und im Agrarbereich. Weiter geht es mit RTM und Wetmolding, den etablierten Verfahren für CFK-Strukturbauteile. Sie sind zurzeit auf dem Sprung in die Großserie. Für nicht zu komplexe Geometrien eignet sich bereits das effizientere Wetmolding mit Stückzahlen wie für die 7er-Serie von BMW.
Welche Rolle spielt Dieffenbacher bei der Weiterentwicklung der Prozesse und wie ist das Unternehmen im Markt positioniert?
Wir sind Marktführer im Compression-Molding-Bereich – also überall dort, wo Pressen eine wichtige Rolle spielen. Und wir engagieren uns in der Anlagentechnik vor und nach dem Umformprozess mit Verfahren wie dem Tapelegen, Preforming und Besäumen von Bauteilen. Dieffenbacher arbeitet seit rund zwanzig Jahren daran, Composites für größere Stückzahlen rentabel zu machen. Dass wir Anlagen für die Produktion des 7er BMW geliefert haben und aktuell in weiteren Projekten umsetzen, zeigt, dass die Arbeit Früchte trägt.
Wie stark nimmt die Bedeutung von Composites für den Automobilbau Ihrer Einschätzung nach zu?
Schauen wir mal auf die Zahlen, beispielsweise bei den Carbonfaser-Composites: 2010 gingen zwölf Prozent der weltweit produzierten Carbonfasern ins Fahrzeug, heute sind es schon 16 Prozent. Runtergebrochen auf alle Fahrzeuge sind dies aber nur hundert Gramm pro Modell. Wir sollten also nüchtern bleiben: Der Schlüssel zum Erfolg wird sein, dass man die Materialien dort einsetzt, wo sie ihre Stärken haben. Wir sind bei Dieffenbacher überzeugt davon, dass sich die Composite-Technologien zunehmend im Automobil und im Non-Automobil-Bereich durchsetzen werden.
Composites – ein Wachstumsfeld?
Ja sicher, aber mit einem stetigen Wachstum. Es geht darum, Applikationen Stück für Stück umzusetzen, wo sie Sinn machen.
Führt das Wachstum zur Internationalisierung des Unternehmens?
Wir agieren bereits global mit Produktionsstätten in Deutschland, Tschechien, Nordamerika und in Shanghai, China. Von den LFT-Anlagen haben wir zum Beispiel schon 75 Linien weltweit aufgestellt. Was wir hier als Know-how erarbeiten, übertragen wir mit unseren kundenspezifischen Lösungen sukzessive auf andere Standorte und Länder – gerade auch nach China.

Dieffenbacher GmbH

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1873 von Jakob Dieffenbacher als Schlossereibetrieb gegründet, ist das Unternehmen bis heute im Familienbesitz. Weltweit arbeiten rund 1700 Mitarbeiter an 16 Produktions- und Vertriebsstandorten für den Hersteller von Pressensystemen und Produktionsanlagen. 2015 verzeichnete der Anlagenbauer aus Eppingen im Heilbronner Land einen Umsatz von 490 Mio. Euro.
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