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"Die Bedeutung von Messen ist ungebrochen"

Metallbearbeitungsmesse AMB
„Die Bedeutung von Messen ist ungebrochen“

Die Messe AMB wurde Corona-bedingt abgesagt. Stattdessen fand erstmals ein AMB Technologieforum statt. Wie das gelaufen ist und welche Auswirkungen der Lockdown auf künftige Industriemessen haben wird, sagt Gunnar Mey, Abteilungsleiter Industrie bei der Messe Stuttgart. ❧

Mona Willrett

Herr Mey, welche Ziele haben sie sich mit dem AMB Technologieforum gesteckt?

Das Forum soll zeigen: Veranstaltungen sind unter Einhaltung der Corona-Auflagen möglich. Wir wollen damit den Beweis antreten, dass wir eine ‚Safe Expo‘ durchführen können, und dass wir – wenn sich alle an unsere Vorgaben halten – auch tatsächlich eine Safe Expo haben. Damit wollen wir an Aussteller und Besucher ein Signal senden und sowohl den Arbeitgebern als auch den Arbeitnehmer die Angst nehmen, an Messen teilzunehmen. Die Corona-Realität wird uns sicher noch eine Weile erhalten bleiben, trotzdem muss das Leben in einem verantwortbaren Rahmen weitergehen. Es gab ja bereits größere Messen, die zeigten, dass das auch in diesen Zeiten – bei entsprechendem Hygienekonzept – gut machbar und keineswegs verantwortungslos ist.

Was ist ihr erster Eindruck vom Forum?

Die Qualität der Referenten zeigt, dass die Veranstaltung als wichtig wahrgenommen wird und hochkarätig besetzt ist. Offensichtlich freuen sich die teilnehmenden Unternehmen, endlich wieder mit Kunden in Kontakt zu kommen und ihnen präsentieren zu können, welche tolle Entwicklungsarbeit in den letzten Monaten geleistet wurde. Andererseits erkenne ich an den Fragen aus dem Auditorium, dass die Besucher mit konkreten Anliegen gekommen sind. Auf beiden Seiten besteht also ein Bedarf an Information und persönlichen Kontakten. Die Vertreter der Aussteller sind immer im Gespräch, sowohl an den Ständen als auch in der Match Making Area. Insofern glaube ich, dass sich die Teilnahme lohnt.

Wie zufrieden sind Sie mit der Resonanz?

Ich bin froh, dass wir diese Veranstaltung gemeinsam mit unserem Partner, dem Konradin-Verlag mit der Fachzeitschrift mav, so auf die Beine stellen konnten. Natürlich hätten wir uns mehr als 16 Aussteller gewünscht. Ich gehe davon aus, dass neben der aktuellen Auftragslage auch die Reisebeschränkungen seitens der Unternehmen ein besseres Ergebnis verhindert haben. Wir hätten ja bis zu 500 Gäste empfangen dürfen. Dass es jetzt nur etwas mehr als 200 Besucher geworden sind, das zeigt schon, dass im Markt eine große Verunsicherung und Zurückhaltung herrscht. Wichtig ist, dass wir mit dem AMB Technologieforum das Signal aussenden: Es geht, es ist sicher und es ist gut, sich wieder zu treffen.

Ursprünglich sollte das Forum über fünf Tage laufen. War es diese Verunsicherung im Markt, die Sie dazu genötigt hat, das Programm auf einen Tag zu reduzieren?

Absolut. Unser Ziel waren fünf Veranstaltungstage mit jeweils 20 Referenten und bis zu 500 Besuchern. In unserer Ausstellerbefragung, die zur Absage der AMB geführt hat, sagten rund zwölf Prozent der Unternehmen, dass sie eine Veranstaltung im September wollen und brauchen. Wir mussten dann aber feststellen, dass sich die Situation sehr schnell verändern kann, dass Aussagen vom Mai im September keine Gültigkeit mehr haben müssen. Deshalb haben wir beschlossen, uns auf einen Tag zu fokussieren. Klar war, dass wir auf jeden Fall ein Event veranstalten und die Branche wieder zusammenbringen wollten.

Mit dieser Unsicherheit kämpfen auch jene Messen, die in den Herbst verschoben wurden…

Genau. Und in diese Situation wollten wir mit der AMB auf keinen Fall kommen. Um für alle Beteiligten Klarheit zu schaffen, haben wir deshalb relativ früh beschlossen, die nächste reguläre Messe für die Metallbearbeitung im September 2022 zu veranstalten. Wir hoffen und gehen davon aus, dass dann sowohl konjunkturell als auch Pandemie-bedingt wieder eine Messe unter besten Vorzeichen möglich sein wird.

Wie soll´s mit dem Forum weitergehen?

Aktuell ist das AMB Technologieforum auch für das kommende Jahr geplant. Inwieweit wir das Format künftig, beispielsweise in den ungeraden Jahren, in denen keine Messe AMB stattfindet, weiterführen werden, das wollen wir im Nachgang des diesjährigen Forums in Ruhe evaluieren.

Ab wann halten Sie größere, internationale Messen – auch aus wirtschaftlicher Sicht – wieder sinnvoll durchführbar?

Wir müssen agil bleiben. Der Verlauf der Infektionslage in den kalten Monaten wird Einfluss darauf haben, was zu Jahresbeginn und in der ersten Jahreshälfte 2021 möglich sein wird. Wenn wir uns internationale Leitmessen wie die AMB anschauen, könnte man denken, dass sie leichter durch die Krise kommen als viele kleinere Veranstaltungen. Auf der anderen Seite sind gerade sie durch die hohe Internationalität besonders stark von den Reisebeschränkungen betroffen. Ich denke, wir müssen hier noch ein wenig abwarten, ehe wir das vernünftig beurteilen können. Unsere erste Industrie-Fachmesse in Stuttgart wird im Mai 2021 die T4M sein, die Technology for Medical Devices, und dann im Juni die Moulding Expo. Ich bin sehr froh darüber, dass beide Veranstaltungen außerhalb der infektionskritischen Jahreszeit liegen.

Denken Sie, dass der erfolgreich durchgeführte Caravan Salon einen Einfluss auf kommende Messen haben wird?

Der Caravan Salon Anfang September hat sicher eine Signalwirkung was die Organisation und Durchführbarkeit solcher Veranstaltungen angeht. Aber der Erfolg einer B2C-Messe lässt sich nicht unbedingt auf eine B2B-Veranstaltung übertragen. Zudem müssen wir uns auch die Branchen anschauen. Caravans – neben E-Bikes und Pools für den heimischen Garten einer der Krisengewinner, wenn man in diesem Zusammenhang von Gewinn sprechen darf – können wir hier nicht mit anderen Branchen vergleichen, etwa dem Werkzeugmaschinenbau, der aktuell ohnehin ein konjunkturelles Tief durchlebt. Deshalb müssen wir immer schauen, wie es den Unternehmen geht, die ausstellen sollen, und wie es jenen geht, die die Messe besuchen sollen.

Wie werden sich Messen und die Angebote der Veranstalter aufgrund der Erfahrungen der letzten Monate verändern?

Die Bedeutung von Messen ist ungebrochen. Persönliche Begegnungen sind unbezahlbar und auf einer Messe mit maximaler Effizienz möglich. Auf der anderen Seite ist – nicht erst seit Corona – klar, dass wir künftig digitale Ergänzungen brauchen. Diesbezüglich sammeln derzeit alle Erfahrungen. Als Messe Stuttgart bauen darauf, unsere Präsenzveranstaltungen um digitale Angebote zu ergänzen. Das reicht von klassischen Webinar-Angeboten, über digitales Match Making und die digitale Verlängerung von Inhalten bis hin zum Live Stream der Veranstaltung. Das wird so sein. Nicht nur, solange die Reisebeschränkungen gelten. Auch langfristig. Entscheidend ist für uns: Diese Angebote werden unsere Präsenzveranstaltungen ergänzen und begleiten, auf keinen Fall ersetzen.

Wie wird sich die Messerealität künftig anfühlen? Wie wird die AMB 2022 aussehen?

Für 2022 mag ich noch keine Prognose abgeben. Ich hoffe, dass wir in zwei Jahren von den Rahmenbedingungen her wieder bestmöglich Messen veranstalten können. Die Aktivitäten werden sich aber aufs Business fokussieren. Was Messe bislang auch ausgemacht hat, zum Beispiel die Begegnung mit anderen Messeteilnehmern in der Stadt, die Ausstellerabende oder fulminante Standpartys, das wird es – zumindest bei den Industriemessen – zunächst mal nicht mehr in der bisherigen Dimension geben. Und ich gehe davon aus, dass die Fachbesucher noch besser vorbereitet kommen und die Unternehmen vermutlich vorerst weniger Mitarbeiter zu einer Messe schicken werden. Auch hier werden wir voraussichtlich eine Fokussierung erleben.

Wie verkraftet das eine Messegesellschaft nach dem Totalausfall der letzten Monate?

Ich kann nur für die Messe Stuttgart sprechen. Wir sind eine GmbH. Wir haben in der Vergangenheit gut gewirtschaftet, so dass wir vergleichsweise gut durch diese Krise kommen werden. Außerdem unterstützen uns unsere Anteilseigner, die Stadt Stuttgart und das Land Baden-Württemberg. Beide haben ein Interesse, dass unser Geschäft funktioniert, denn in der Vergangenheit brachte jeder Euro Messeumsatz zwischen sechs und acht zusätzliche Euro in die Region, von denen Hotels, die Gastronomie oder Dienstleister profitierten.

Kontakt:

Landesmesse Stuttgart GmbH
Messepiazza 1
70629 Stuttgart
Tel.: +49 711 18560–0
www.messe-stuttgart.de

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