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Die „Ganzkörper“-Batterie

Neues Konzept für Stromspeicher
Die „Ganzkörper“-Batterie

Das ganze Auto als Batterie? Exakt diese Vision strebt Automobilhersteller Volvo an. Angesiedelt ist das spektakuläre Projekt beim Imperial College in London; neben Volvo sind acht weitere europäische Firmen und Institute beteiligt.

Die Rede ist von einem Automobil, dessen Karosserie Energie speichern kann, sich über Nacht an jeder normalen Steckdose aufladen lässt und während der Fahrt Brems- in Antriebsenergie umwandelt. Gemeinsam mit anderen Firmen und Instituten arbeitet die Volvo Car Corporation an einem solchen Projekt. Verläuft die Entwicklung erfolgreich, könnte im Volvo der Zukunft die Karosserie zur Batterie werden – Türen, Dach, Hauben, Kotflügel oder Chassisbauteile. Um Mißverständnissen vorzubeugen, es handelt sich bei dieser Art der Stromspeicherung nicht um einen üblichen Akkumulator, der Strom durch eine reversible, chemische Reaktion (Entladen, Wiederaufladen) erzeugt, sondern um einen Doppelschicht-Kondensator, auch Superkondensator genannt, der Ladungen und die damit verbundene Energie in Elektroden speichern und abgeben kann.

Eine der größten Herausforderungen bei der Entwicklung von Hybrid- und Elektrofahrzeugen sind die vergleichsweise großen Abmessungen, das hohe Gewicht und die nicht geringen Kosten der Batterien. So wiegt die Batterie für den Tesla-Roadster satte 450 kg. Würden Doppelschicht-Kondensatoren zum Anlassen verwendet, könnten sie danach zum Beispiel von der Lichtmaschine mit einem niedrigeren Strom wieder aufgeladen werden. Die Gesamtmasse würde sich reduzieren lassen und bei flächendeckendem Einsatz zu einer deutlichen Energieersparnis führen.
Das seit einem Jahrhundert in der Forschung tätige Imperial College im Londoner Stadtteil South Kensington startete Anfang des Jahres ein Projekt zur Materialentwicklung, an dem sich Volvo als einziger Automobilhersteller mit acht weiteren europäischen Firmen und Instituten beteiligt. Ziel ist die Entwicklung eines Verbundmaterials für Kathode und Anode aus Kohlenstofffasern und Polymerharz, genauer um eine duroplastische Polymermatrix aus Epoxidharzen, in die Matten aus elektrisch leitfähigen Karbonfasern eingebettet sind, die zur besseren Haftung in der Matrix und für erhöhte Ladungsdichte an der Oberfläche vorbehandelt sind. Als Dielektrikum zum Trennen der Kondensator-Ladungen dient ein isolierender Glasfasermatten-Verbund.
Im Vergleich zu herkömmlichen Batterien soll dieses Material Energie schneller und in größerer Menge speichern können sowie gleichzeitig als flexibles Laminat vor der Endfertigung verformbar und danach so robust sein, dass es sich für den Karosseriebau einsetzen lässt. Bisherige Stahl-Karosserieteile könnten durch den Einsatz dieses Materials deutlich leichter werden und das Gesamtgewicht des Fahrzeugs um 15 % verringern. Die für ein Karosserieteil notwendige Formgebung erreicht man durch das Thermofomverfahren Resin Infusion under Flexible Tooling (RIFT).
Dr. Joachim Steinke, der die Aufgabe des Polymerchemie-Experten im Imperial-Forschungsteam übernommen hat, bremst die Hoffnungen auf eine schnelle Umsetzung in die Serienfertigung allerdings: „Wir streben mit Nachdruck eine Energiedichte an, die mit der einer Batterie oder eines Akkumulators vergleichbar ist. Dieses Ziel haben wir derzeit aber noch nicht erreicht, das heißt, um die Volvo-Spezifikationen zu erfüllen, rechnen wir mit etwa drei Jahren Entwicklungszeit.“
Im Verlauf des Projekts konzentriert sich die Arbeit auf die Struktur und Energiespeicherfähigkeit des Materials. Anschließend werden die industrielle Herstellbarkeit und die Verwendung des Materials im Fahrzeugbau erforscht. „Wir helfen mit unserem Wissen und unserer Erfahrung, Ideen für die Verwendung dieser neuen Technik zu entwickeln und die Ergebnisse des Projekts im Hinblick auf Kosten- und Nutzenvorteile für den Fahrzeugbau zu prüfen“, sagt Volvo-Entwicklungsingenieur Per-Ivar Sellergren.
Zunächst wird die Reserveradmulde mit einer Batterieeinheit besetzt. „Dies wird zum Betrieb eines Fahrzeugs nicht vollständig ausreichen, liefert aber genug Energie, um zum Beispiel an Kreuzungen den Motor an- und auszuschalten“, betont Sellergren.
Viele Menschen informieren sich über die Internetseite des Imperial College und auf YouTube über das Projekt. Volvo verfolgt die Kommentare zu dem Projekt mit großem Interesse: „Fast täglich senden uns Leute neue Ideen, wie diese Technik verwendet und weiterentwickelt werden könnte. Das Potenzial dieser Technologie ist groß und ich finde es großartig, dass sich so viele Menschen für das Projekt interessieren“, ergänzt Sellergren.
Bei erfolgreichem Projektabschluss könnte das neue Material auch auf anderen Gebieten zum Einsatz kommen, etwa für den Bau kreditkartendünner Mobiltelefone oder von Laptops mit sehr langen Batterielaufzeiten.
Klaus Diebold Fachjournalist in Nürnberg

Vive l’électricité!

Elektromobile Rückschau auf den Pariser Autosalon

Alles, was das e-mobile Herz begehrt, bot die größte Autoschau der Welt in diesem Jahr: vom schicken Mini Scooter E Concept, dessen Design sich an das vierrädrige Vorbild anlehnt, bis zur 800 PS starken und über 500 km/h schnellen Rekord-Zigarre „Jamais Contente“ des Sportwagenbauers Venturi Automobiles in Monaco.
Der Elektroantrieb wird in erster Linie von Toyota und Renault-Nissan forciert; die deutschen Hersteller waren dabei deutlich zurückhaltender. Marktbeobachter halten die gegenwärtige Zurückhaltung der deutschen Hersteller für klug; nach ihrer Ansicht werden die Nachzügler die Gewinner sein, weil sie weniger Lehrgeld zahlen müssen.
Neben bereits bekannten, serienreifen Modellen, wie der Peugeot iOn, der baugleiche Citroën C-Zero, der Kastenwagen Kangoo Rapide ZE von Renault gab es auch eine Reihe visionärer Prototypen. Mit dem Bolloré Blue Car 2011 geht ein französischer Konzern, der auch Zigarettenpapier herstellt, unter die E-Mobilbauer. Auch der Kia Pop ist mit einem Elektroantrieb unterwegs; laut Hersteller soll der 3 m kurze Pop einen neuen Designschwung ins Segment der Stadtautos bringen. Wil Cashen, Gründer des Unternehmens EMAV aus Wakarusa, Indiana/USA, präsentiert eine simple Lösung zur Erweiterung der E-Auto-Reichweite: die Power Regeneration Unit (PRU), ein Kfz-Anhänger, auf dem neben zusätzlichen Akkus auch noch ein so genannter Range Extender montiert ist. Ein Dieselmotor mit 0,8 l Hubraum treibt einen Generator an und produziert während der Fahrt den Strom für den Antrieb des Autos.
Absolut realistisch ist der Anlauf der Serienfertigung des Nissan Leaf (engl. Blatt): Das bisher einzige Modell eines namhaften Herstellers, das in Großserie geht. Es wird 2011 auch in Deutschland angeboten; bis 2014 will Nissan vier E-Automodelle auf den Markt bringen. Der Elektromotor des Leaf leistet 109 PS und hat bei 280 Nm ab der ersten Umdrehung mit dem 1,6 t schweren Wagen keine Mühe; mit Rücksicht auf die Reichweite ist er offiziell auf 145 km/h limitiert, seine Reichweite soll etwas mehr als 160 km betragen. Übrigens lässt ein Lautsprecher in der vorderen Stoßstange bis Tempo 30 ein anschwellendes Surren und beim Rückwärtsfahren ein Piepen ertönen, damit Fußgänger gewarnt sind.
Aber auch der Citroën C-Zero wird in einer Zeitungsbeilage vom 11. November 2010 als „Das erste Serien-Elektroauto Europas“ zu einer monatlichen Leasingrate von 459 Euro angeboten (Sonderzahlung 6681,26 Euro, 10 000 km/Jahr, Laufzeit 36 Monate).
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