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Ein Feuerwerk an neuen Lichtbogen

Messe Schweissen & Schneiden: Digitale Technik feiert ihre Überlegenheit
Ein Feuerwerk an neuen Lichtbogen

Sie platzte schier vor Neuheiten, die Messe Schweißen & Schneiden. Was sich in den vier Jahren seit dem letzten Essener Treff angesammelt hatte, musste einfach an die Öffentlichkeit: Präzisere und leichter zu bedienende Prozesse mit höherer Effizienz und Qualität. Zudem lukrative Automationsmöglichkeiten.

Die 17. internationale Fachmesse Schweißen & Schneiden „war die erfolgreichste ihrer Geschichte“, resümiert der DVS, Deutscher Verband für Schweißen und verwandte Verfahren e.V., und stimmt darin mit der Messe Essen überein. Die ausgebuchte Ausstellung habe das umfassendste Angebot seit ihrer Premiere im Jahre 1952 gezeigt. Einer der Hauptgründe dürfte die Digitalisierung sein, die für stark erweiterte technische Möglichkeiten sorgt – auch jenseits des eigentlichen Schweißprozesses. Vielleicht am deutlichsten wird dies an dem „Kemppi Arc System“ (KAS), das die finnische Kemppi Oy vorstellte (deutsche Niederlassung in Butzbach). Bei KAS werden alle relevanten Prozessdaten an der Schweißmaschine gesammelt und berührungslos auf einen zentralen europäischen Server übertragen, dort automatisch analysiert und die Auswertung per E-Mail an die Kunden geschickt. KAS funktioniert beim automatischen Schweißen ebenso wie beim manuellen.

Der Nutzen und auch die sonstigen Auswirkungen könnten enorm sein: Schweißparameter lassen sich weltweit vergleichen und hinterfragen. Parametrierungsfehlern und Fertigungsproblemen kann leicht auf den Grund gegangen werden. Etwa, warum die Nachtschicht 20 % schlechter schweißt. Oder, wieso Werk X Probleme hat, nicht aber Werk Y. Aber auch, wer der beste Schweißer ist… „Wir wollen der europäischen Industrie helfen, wettbewerbsfähig zu bleiben“, erläuterte CEO Anssi Rantasalo den neuen Ansatz in Essen. „Und die digitale Gerätetechnik bietet dafür ein großes Potenzial. Sie ermöglicht Lösungen auf Software-Basis, wo es früher nur um solide Hardware ging.“
In die gleiche Kerbe schlägt die Fronius International GmbH, Wels/Österreich, mit ihrem Simulator Virtual Welding, von dem Trainingsleiter Josef Kreindl sagt: „Das reale Schweißen kann er nicht ersetzen, so wenig wie ein Flugsimulator das Fliegen. Aber er ist eine gute Vorstufe.“ Vier Jahre hat Fronius investiert, um mit Virtual Welding die Realität zu kopieren. Die angehenden Schweißer arbeiten stehend am Trainingsgerät mit dem Brenner in der Hand wie im echten Leben – nur die Naht ist virtuell. Erste Lehrwerkstätte haben das System getestet, 30 % Materialeinsparung soll es den Betrieben bringen.
Diese extravaganten Entwicklungen sind nur die Spitze des Neuheiten-Berges. Essen präsentierte eine Fülle von Innovationen, die wir hier nur in Auszügen vortragen können (und in anderen Auszügen schon vor der Messe aufgriffen, Industrieanzeiger 36/37). Zu ihnen gehören viele neuen Schweißverfahren. So präsentierte Fronius die Erweiterung seines spritzerfreien, „kalten“ Puls-Prozesses CMT, der ja mit gezielt reversierendem Schweißdraht arbeitet. Bei „CMT advanced“ wird der Draht nun in der Kurzschlussphase umgepolt, so dass der Lichtbogen in der Negativpolung vereinfacht gesagt „am Draht hochklettert“ und mehr abschmelzt. Folge: Höhere Abschmelzleistungen bei gleichem Energieeintrag. Jetzt lassen sich also noch dünnere Bleche nahezu spritzerfrei schweißen.
Die Carl Cloos Schweißtechnik GmbH, Haiger, hatte den Kaltprozess für sich adaptiert unter Umgehung des Fronius-Patentes, und zwar mit dem Wechselstromverfahren „Cold Weld“. Mit „Vari Drive“ stellte Cloos jetzt eine leistungssteigernde Variante vor, die aus Sicht von Unternehmensmitarbeitern das Vorbild für den advanced-Prozess von Fronius geliefert hat, mit ähnlichen Effekten wie dort. Es bleibt also bei einem heißen Wettkampf in der Branche um die effizientesten und leistungsfähigsten Verfahren. Zum 90. Geburtstag hat Cloos seine Schweißgeräte in den neuen Reihen „Quineo“ aufgelegt, die so modular aufgebaut sind, dass der Anwender relativ frei die gewünschten Prozesse kombinieren kann. „Qineo Champ“ bringt es zum Beispiel auf acht Cold-Weld-Prozesse. Die EWM Hightec Welding GmbH, Mündersbach, zählt sechs Fügeverfahren auf, die im Gerät AlphaQ zum Einsatz kommen: coldArc und forceArc, MIG/MAG-Impuls und -Standard, WIG sowie E-Hand. Das Gerät biete das Fügen dünnster Bleche über Wurzellagen bis hin zum Dickblech, heißt es.
Die Lorch Schweißtechnik GmbH, Auenwald, macht mit ihrem SpeedPulse-Prozess das Pulsschweißen nicht nur „um 35 bis 48 Prozent schneller“, wie Produktmanager Andreas Rimböck mitteilt, sondern stellte daneben ein neues Steignaht-Schweißen vor: Statt pendelnd „Tannenbäume“ abzufahren, braucht der Schweißer bei SpeedUp einfach nur gerade nach oben zu ziehen. Dadurch werde er doppelt so schnell, meint Rimböck. Möglich wird dies durch zwei Lichtbogen-Phasen. In der „heißen“ Hochstromphase schmelzt der Lichtbogen das Material auf, in der „kalten“ Phase sorgt er für einen sicheren Einbrand mit exakter Nahtfüllung.
Ein deutlicher Trend: Neuere Verfahren machen das Schweißen leichter und entlasten den Werker. Und leichter wird auch das Automatisieren, selbst für kleinere Serien, weil die Geräte günstiger werden – bis hin zu den Robotern. Für den Anwender liegt der Vorteil in einer höheren, besser reproduzierbaren Qualität. Lorch zum Beispiel hat sein Baukastensystem „Automation Lorch“ dazu um große Drehtische erweitert und bietet jetzt auch Lösungen für Längsnaht-Schweißungen an. Auch die Rehm GmbH & Co. KG, Uhingen, stellte in Essen ihr modulares Automationsprogramm vor, das von Drehtischen über Längs-, Rund-, Ecknahtschweißgeräten bis hin zu Roboter-Kompaktschweißzellen in sechs Varianten reicht, die auf einer Kooperation mit OTC basieren. „Wir verhelfen damit Unternehmen zur Automation, auch wenn sie keine riesigen Umsätze machen“, erklärt Marketingleiter Werner Essich.
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