Blechprofile mit kompliziertem Querschnitt in kleinen Serien flexibel fertigen: Das Verfahren des Gleitziehbiegens macht dies möglich. Für Hersteller zeichnet sich laut den Entwicklern ein beträchtliches Einsparpotenzial gegenüber herkömmlichen Methoden ab.
Ohne Blechprofile wäre die moderne Technik kaum denkbar. Im Automobilbau sind sie Trägerelemente für die Karosserie, oder sie sorgen als Streben in den Türen für den Aufprallschutz. Doch besonders kleinere Serien ließen sich bisher im Walzwerk nicht lukrativ herstellen.
Abhilfe soll das Gleitziehbiegen schaffen, das Wissenschaftler am Institut für Umformtechnik und Umformmaschinen (IFUM) im Produktionstechnischen Zentrum der Universität Hannover in Kooperation mit Wissenschaftlern der TU Dresden entwickelten. Sein entscheidender Vorteil sei, dass ein einziger Werkzeugsatz reiche, um eine große Palette unterschiedlicher Profile herzustellen, erklärt Institutsleiter Prof. Dr.-Ing. Bernd-Arno Behrens: „Gerade bei kleineren Serien ist der Kostenvorteil dieses Verfahrens unschlagbar.“ In einer Zeit immer größerer Formenvielfalt und zunehmend schnellerer Produktlebenszyklen werde die Flexibilität des Gleitziehbiegens immer gefragter. Entsprechend groß sei das Interesse der Industrie.
Beim Gleitziehbiegen wird ein Blechband waagerecht durch ein Werkzeug gezogen, das aus einer untenliegenden Matrize und einem obenliegenden Stempel besteht. Die Matrize gibt dem Blech das gewünschte Profil. Stempel und Matrizen lassen sich durch Stellmotoren und eine Spindel während des Profiliervorgangs flexibel verstellen, so dass während des Fertigungsprozesses die Höhe und Breite der Profile verändert werden können. In Form von Taylored Blanks lassen sich auch unterschiedliche Materialien oder Blechdicken in einem Profil verarbeiten. „Jedes Profil kann passgenau für variierende Funktionen, Belastungen, Befestigungspunkte und Anschlussflächen an den unterschiedlichen Stellen seines Verlaufs ausgelegt werden“, erläutert Behrens.
Zudem biete das Gleitziehbiegen eine Möglichkeit, mit den ungeliebten Rückfederungseffekten fertig zu werden. Sie treten dort auf, wo Profilbleche abgeschnitten werden und stellen ein Problem dar, wenn etwa Fassungen oder Anschlussprofile sehr genau passen müssen. Beim Gleitziehbiegen können die Bleche an den Schnittstellen von vornherein um einen bestimmten Winkel überbogen werden, um das Zurückfedern zu kompensieren.
Überdies lassen sich Bleche schon während des Profilierungsvorgangs in Längsrichtung krümmen, was die Zahl der Arbeitsschritte und die Produktionszeit verringert. Selbst geschweißte Bleche können profiliert werden. Das sei zum Beispiel dann interessant, wenn ein Bandwechsel stattfindet oder bereichsweise unterschiedliche Werkstoffe eingesetzt werden sollen. Der Anfang der neuen Rolle kann an das Endstück des vorherigen Bandes geschweißt werden, so dass der Fertigungsprozess nur sehr kurz unterbrochen werden muss.
Monika Corban Fachjournalistin in Liestal/Schweiz
Unterschiedliche Materialien und Blechdicken im Profil
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