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Gleichstroms in der Energiewende

Effizientere Industrieprozesse dank Gleichstrom
Ein wichtiger Beitrag zur Energiewende

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Während Wechselstrom (Alternating Current, kurz AC) seit Ende des 19. Jahrhunderts die Übertragung und Verteilung elektrischer Energie dominiert, bricht jetzt eine neue Ära des Gleichstroms (Direct Current, kurz DC) an – vor allem in der Industrie. Denn DC-Systeme ermöglichen eine belastbare, energieeffiziente Art der Energieversorgung, die darüber hinaus auch zur Reduzierung der CO2-Emissionen beiträgt.

» Dr. Hartwig Stammberger, Manager Technical Platform Breaking & Switching, Eaton Electrical Sector/EMEA

Dass die DC-Technologie nun eine Renaissance erlebt, hat gleich mehrere Gründe. Einer davon ist die Wende hin zu den erneuerbaren Energien, da diese im Gegensatz zu herkömmlichen Kraftwerken mit Gleichstrom arbeiten. Und auch auf der Verbraucherseite nimmt die Bedeutung des Gleichstroms zu. Von Smartphones über LEDs bis hin zu den Batteriespeichern und Antrieben von Elektroautos – alle arbeiten mit Gleichstrom.

Außerdem kommen in vielen Anwendungen verstärkt drehzahlvariable Elektroantriebe zum Einsatz. Hierbei wandeln Frequenzumrichter die AC-Spannung des Versorgungsnetzes über einen DC-Zwischenkreis in eine variable Frequenz um, sodass die Drehzahl des Motors stufenlos verändert und die Effizienz deutlich gesteigert werden kann.

All dies macht die DC-Technologie besonders für Fertigungsprozesse interessant. Denn in einem lokalen Gleichstromnetz, auch DC-Microgrid genannt, lassen sich Lasten, Stromquellen (z. B. Photovoltaikanlagen) und Energiespeicher direkt miteinander verbinden. Es ist nur noch eine zentrale Umwandlung von AC zu DC erforderlich, was die Verlustleistung deutlich reduziert.

Ein weiterer Vorteil ist die Tatsache, dass die frei werdende Bremsenergie direkt genutzt werden kann und nicht als Wärme abgeführt werden muss. Dadurch entfällt auch die Kühlung des Bremswiderstandes, was je nach Prozessdynamik Energieeinsparungen von 6 bis 10 % möglich macht.

Neben einer höheren Energieeffizienz bieten DC-Netze auch eine verbesserte Ressourceneffizienz: Bei einer typischen Industrieanwendung (7,5-kW-Motor mit Frequenzumrichter) wird etwa 50 % Prozent weniger Kupfer für Kabel benötigt, während die Verlustleistung um fast die Hälfte sinkt. Zusätzlich entfallen viele Komponenten, die bei Wechselstrom benötigt werden, und die Umrichter werden einfacher, kostengünstiger und bis zu 25 % kleiner.

DC-Microgrids in der Praxis

Eine Herausforderung bei der Umstellung auf DC sind die im Vergleich zu AC unterschiedlichen Eigenschaften. So tritt im Falle eines Kurzschlusses rasch ein hoher Kurzschlussstrom auf, und die Gleichspannung fällt schnell ab. Zudem haben die Leistungshalbleiter in DC-Netzen eine deutlich geringere Überlastfähigkeit als beispielsweise Transformatoren im AC-Netz, was extrem schnelle Schutzeinrichtungen notwendig macht.

Daher kommt der Entwicklung von Leistungselektronik eine zentrale Rolle zu. Insbesondere elektronische Komponenten auf Basis breitbandiger Halbleiter wie Siliciumcarbid oder Galliumnitrid eröffnen die Möglichkeit hocheffizienter DC-DC-Wandler. Sie können mit wesentlich höheren Schaltfrequenzen betrieben werden als herkömmliche Silizium-Transistoren und weisen höhere Wirkungsgrade und Leistungsdichten auf.

Ergebnisse von DC-Modellversuchen

Bei den Vorteilen von DC-Netzen handelt es sich nicht um theoretische Überlegungen. Im Rahmen der von der Bundesregierung geförderten Forschungsprojekte DC-Industrie und DC-Industrie 2 wurde die Technologie praxisnah überprüft und bestätigt. Eaton hat für beide Projekte einen Großteil der neuartigen Schutzgeräte zur Verfügung gestellt, die sich ebenfalls bereits bewährt haben.

DC-Industrie beinhaltete die Entwicklung eines Konzepts für ein einfaches, offenes Gleichspannungssystem, das eine schnelle Umsetzung gewährleistet. In vier Modellanwendungen konnte die Einspeiseleistung um bis zu 80 % reduziert und die Bremsenergie vollständig rückgewonnen werden. Im Folgeprojekt DC-Industrie 2 arbeiteten 39 Partner aus Industrie und Forschung mit etwa 150 Fachleuten an der nahtlosen Integration von erneuerbaren Energien und Speichersystemen in Fabriken.

Dazu gehörte eine Modellanlage der Firma Homag zur Bearbeitung von großen Holzplatten mit mehr als 30 Werkzeugen. Durch die Einbindung eines chemischen Energiespeichers verringerte sich der Spitzenstrombedarf um 43 %. Dies reduziert nicht nur die daran gekoppelten Energiekosten von Fabriken, sondern entlastet auch das Stromnetz – dank Photovoltaik und Speicher muss die Spitzenleistung weder zum Zeitpunkt des Verbrauchs erzeugt noch aus dem Versorgungsnetz zur Anwendung transportiert werden.

Ein weiteres Anwendungsbeispiel sind Fertigungszellen der Projektpartner BMW und Mercedes-Benz. Das System umfasst ein aktives Frontend zur AC/DC-Wandlung, mechanische, chemische und elektrische Energiespeicher sowie DC-DC-Wandler zur Einspeisung von Solarenergie ins Netz. Die Integration einer Schweißanwendung mit extrem hohen Leistungsspitzen demonstriert die Vorteile von Speichern: So konnte die Einspeiseleistung von 450 kVA auf 50 kVA reduziert werden.

DC-Netze steigern nicht nur die Energie- und Ressourceneffizienz, sondern sorgen auch für mehr Stabilität. Durch den Einsatz von Batteriespeichern kann Energie problemlos gepuffert werden, um Leistungsschwankungen auszugleichen. Fällt der Strom aus, lässt sich der Betrieb aufrechterhalten, bis alle Maschinen geordnet heruntergefahren sind. Wenn das Versorgungsnetz wieder bereitsteht, kann die Produktion sofort wieder aufgenommen werden. Teure Stillstände werden vermieden und die Verfügbarkeit der Anlage wird erhöht.

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