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Feinste Tröpfchen lassen den Schmieranteilen den Vortritt

Kühlschmierstoffe: Mikroemulsionen kühlen, schmieren und reinigen
Feinste Tröpfchen lassen den Schmieranteilen den Vortritt

Eine halbierte Einsatzkonzentration, deutlich geringere Nachsatzmengen und dadurch Kosteneinsparungen von bis zu 60 % gegenüber herkömmlichen Schmieremulsionen – das sind nur einige der Vorteile von Mikroemulsionen. Ein weiterer ist deren gute Reinigungswirkung, die ganz neue Potenziale eröffnet.

Die richtige Auswahl und der wirtschaftliche Einsatz eines wassermischbaren Kühlschmierstoffs (KSS) in der Produktion stellen viele metallverarbeitende Betriebe vor große Herausforderungen. Besonders dann, wenn es im Wechsel unterschiedliche Werkstoffe wie Guss, Aluminium, hochfeste Stähle oder Titan zu bearbeiten gilt. „Dann werden oft an zwei nebeneinander stehenden Bearbeitungszentren verschiedene Kühlschmierstoffe mit unterschiedlichen Einsatzkonzentrationen eingesetzt“, skizziert Carmen Freiler die Praxis. „Und das bedeutet nicht nur einen höheren Aufwand beim Überwachen des Schmierstoffs, es birgt auch die Gefahr von Verwechslungen und daraus resultierenden Folgekosten“, ergänzt die Leiterin des Produktmanagements für Kühlschmierstoffe und Härtemedien bei der Fuchs Europe Schmierstoffe GmbH in Mannheim. Viele Kunden wünschten sich deshalb weniger Produkte und niedrigere Konzentrationen. „Unser Ecocool Modular System bietet genau das. Im Vergleich zu herkömmlichen Kühlschmieremulsionen entstehen damit bei halbierter Einsatzkonzentration qualitativ hochwertige Bauteile bei mindestens gleichbleibender Standwege der Werkzeuge.“

Das modulare Schmiersystem besteht aus zwei Komponenten: der Mikroemulsion Ecocool R Top und dem Hochleistungsadditiv Ecocool Top HD. Zu den Merkmalen des Ecocool Modular Systems (EMS) gehören sehr feine, im Fluid verteilte Tröpfchen und zwei verschiedene, nebeneinander vorliegende Emulgatorsysteme. Einer der Vorteile des Systems liegt darin, dass Ecocool R Top auch alleine fürs Bearbeiten von Guss, Sphaeroguss und niedrig legierten Stählen verwendet werden kann. Durch Zugabe der Leistungskomponente Ecocool Top HD lässt sich die Schmierleistung individuell erhöhen. Die Eigenschaften des modularen Systems basieren auf der synergistischen Abstimmung beider Additive. Weil die Wirkstoffe des Leistungsadditivs zwischen den sehr feinen Tröpfchen der Mikroemulsion sehr gut wirken können, reicht eine deutlich geringere Konzentration. Bei konventionellen KSS kann der Nutzer die Schmierleistung nur steigern, indem er die Gesamtkonzentration erhöht. „Das hat aber den Nachteil, dass auch die Kosten steigen“, sagt Freiler. Beim EMS wird die Schmierwirkung fürs Bearbeiten schwer zerspanbarer Stähle durch die Zugabe von 1 bis 2 % Ecocool Top HD individuell angepasst. Fuchs empfiehlt folgende Konzentrationen:
  • Guss, Sphaeroguss und niedrig legierte Stähle: 3 bis 4 % Ecocool R Top
  • Stähle, X-Stahl, AlSi: 3 % Ecoccol R Top und 1 % Ecocool Top HD
  • Titan, Inconel und Hastelloy: 3 % Ecoccol R Top und 2% Ecocool Top HD.
Damit eignet sich das EMS-System besonders für Zulieferer, die heute Guss- oder Stahlteile, morgen Aluminium und danach Titan oder Inconel bearbeiten müssen. Doch nicht nur schwer zerspanbare Werkstoffe, auch schwierige Operationen lassen sich mit dem Schmiersystem beherrschen. Ecocool R Top eignet sich fürs Schleifen, Drehen, Bohren, und Fräsen. Durch Zugabe des Leistungsadditivs ist auch Tieflochbohren, Reiben, Räumen oder Gewindeschneiden möglich.
Zu den Besonderheiten der Mikroemulsion gehört deren gute Waschwirkung. Die stand zwar zunächst nicht im Fokus der Entwickler, nachdem jedoch das Produkt bei einigen Kunden im Einsatz war, meldeten diese zurück, die Arbeitsräume und Scheiben der Maschinen, die Werkzeuge und Werkzeughalter seien nach dem Einsatz des Fluids immer sauber. Insbesondere auch nach der Bearbeitung von Gussteilen. Aus dieser Beobachtung heraus entstand die Idee, die Mikroemulsion als Medium in Teilereinigungsanlagen zu testen. Fuchs hatte zunächst Bedenken hinsichtlich der Schaumbildung, Versuche zeigten jedoch, dass es funktioniert. „Die Prozessrückstände lassen sich wunderbar abwaschen und in einer Filteranlage sammeln“, erzählt Carmen Freiler.
Gegenüber konventionellen Schmierlösungen – dort müssen Schmierstoff und Reiniger gezielt aufeinander abgestimmt, überwacht, gepflegt und entsorgt werden – entfällt dieser Aufwand, wenn in beiden Prozessen das gleiche Medium wirkt. Steigt die Additivkonzentration des modularen Schmiersystems in der Reinigungsanlage zu stark an, kann der Nutzer das Fluid dem Kühlkreislauf zuführen und es durch frische Mikroemulsion ersetzen. Unterm Strich sorgt das nicht nur für hohe Prozesssicherheit, es gibt auch keinen Reiniger mehr, der entsorgt werden müsste. „Das ist ein Alleinstellungsmerkmal unseres Schmiersystems, das seit vier, fünf Jahren im Versuch eingesetzt wird und sich seit etwa zwei Jahren am Markt gut durchgesetzt hat“, sagt Freiler. Eine hohe Additivkonzentration hat für die Kühlschmierwirkung beim Bearbeiten einfacher Werkstoffe keine negativen Auswirkungen und kann durch den regelmäßig erforderlichen Ausgleich der Austragsmengen wieder reduziert werden.
Das EMS-System ist laut Carmen Freiler nur geringfügig teurer als konventionelle Medien. Dafür sind – insbesondere bei schwierig zu bearbeitenden Werkstoffen – infolge der geringeren Konzentration des Kühlschmierstoffs erhebliche Spareffekte zu erzielen. „Während beispielsweise beim Zerspanen von Inconel mit zehn- bis zwölfprozentigen Emulsionen gearbeitet wird, reicht bei der Mikroemulsion ein Additivzusatz von zwei Prozent“, erläutert die Schmierstoffexpertin. „Zudem ist der Austrag mit den Werkstücken und Spänen deutlich geringer, sodass auch kleinere Mengen nachgesetzt werden müssen. Unterm Strich sind so Einsparungen zwischen 30 und 60 Prozent realistisch.“ Weitere Spareffekte durch die einfachere und reduzierte Maschinenpflege sind dabei noch nicht einmal berücksichtigt.
Profitieren kann der Nutzer auch, weil sich durch den Einsatz der Mikroemulsion die CO2-Bilanz seiner Fertigung verbessern lässt. Im Vergleich zu herkömmlichen Emulsionen reduzieren die kleinere Wirkstoffmenge und der um rund 80 % geringere Anteil fossiler Rohstoffe das CO2-Äquivalent um bis zu 60 %, erläutert Freiler. Die Einsparungen fielen umso größer aus, je anspruchsvoller der zu bearbeitende Werkstoff ist. Das Ergebnis bezieht sich ausschließlich auf den geringeren Schmierstoffbedarf. Weitere positive Effekte sind unter anderem durch die geringeren Transport- und Entsorgungsaufwände zu erwarten. Mit welchen Einsparungen zu rechnen ist und wie sich diese kalkulieren lassen, das soll eine Broschüre zeigen, an der Fuchs derzeit arbeitet. Eine genaue CO2-Bilanz erstellen die Mannheimer bei Bedarf.
Mit den beschriebenen Prozessen haben inzwischen mehrere Automobilhersteller gute Erfahrungen gesammelt – unter anderem bei der Gussbearbeitung oder beim Schleifen von Kurbelwellen. Interessant sind die Effekte aber auch für kleinere Anwender. Unter anderem, weil der Analyse-, Pflege- und Entsorgungsaufwand für den Schmierstoff und das Reinigungsmedium weitgehend entfallen.
Die neuste Entwicklung ist eine Ecocool-Formulierung, die das Additiv bereits enthält. Sie eignet sich insbesondere für große Serienproduktionen mit stets gleichen Anforderungen und wird im Automobilbereich ebenfalls bereits eingesetzt. Die Einschränkung, die Nutzer dieser AFC 1515 (oder mit höherem Additivanteil AFC 1525) genannten Formulierung akzeptieren muss: Die Wirkung dieses Fluids lässt sich nur über die Gesamtkonzentration anpassen, nicht jedoch über das Mischungsverhältnis der beiden Medien.
Dass das modulare Schmiersystem mit wenigen Emulgatoren auskommt und nur sehr wenig Mineralöl und Aromate, dafür aber einen hohen Anteil an synthetischen Estern aus nachwachsenden Rohstoffen enthält, hat noch einen weiteren Vorteil: Die Hautverträglichkeit des EMS ist laut Carmen Freiler deutlich besser als bei herkömmlichen Kühlschmier-Emulsionen.
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