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Freiformbiegen als Entwicklungsziel

StahlVerarbeitung: Anwendungstechnik erprobt das machbare
Freiformbiegen als Entwicklungsziel

Nicht nur Stahl, sondern Lösungen aus Stahl lautet das Motto der Duisburger ThyssenKrupp Steel. Eine zentrale Rolle spielt dabei der Bereich Anwendungstechnik, der Anwendern aus den Stahl verarbeitenden Industrien Verarbeitungs-Know-how bietet und neuentwickelte Werkstoffe verarbeitungstechnisch erprobt.

„Eine ganze Reihe von Stahlprodukten und -verfahren, die heute Stand der Technik sind, haben ihren Ursprung in unserer Anwendungstechnik“, sagt Dr. Ulrich Jaroni. Das Mitglied des Vorstandes der ThyssenKrupp Steel AG, Business Unit Auto, nennt beispielsweise die erste vollverzinkte Autokarosserie, die Thyssen 1975 für Porsche hergestellt hat, und das weltweit erste Tailored Blank, das 1980 für das Bodenblech des damaligen Audi entwickelt wurde. Daraus ist inzwischen eine vielköpfige Familie von Tailored Products geworden.

„Heute arbeiten rund 130 Mitarbeiter in der Anwendungstechnik. Zu ihren Aufgaben gehört es, automobile Innovationen mit den Kunden zu gestalten“, erläutert Ulrich Jaroni. Hierzu wurde an den Standorten Duisburg und Dortmund eine eigene Anlagen-Infrastruktur mit den Schwerpunkten Presswerkstechnik, Strahlschweißen und Sensortechnik sowie Profil- und Fügetechnik aufgebaut. Dr. Jaroni: „Es finden sich hier nicht nur Mess- und Prüfanlagen sowie füge- und umformtechnische Einrichtungen, mit denen wir die Fertigungsschritte unserer Kunden abbilden, sondern auch Maschinen, die bisher nicht produzierbare Teile fertigen. Mit den Einrichtungen können Berechnungen, Simulationen und Probefertigungen durchgeführt sowie Prototypen und Kleinserien gefertigt werden.
In Duisburg, beispielsweise, gibt es mehrere Anlagen für unterschiedliche Schweißverfahren, wie sie von den Kunden verwendet werden. Damit werden die jeweils günstigsten Schweißmethoden und -parameter für die Werkstoffe von ThyssenKrupp Steel ermittelt und den Anwendern zur Verfügung gestellt. Eine kombinierte Schneid- und Tiefziehpresse hilft dabei, das Verhalten der Stähle in der Umformung zu beurteilen und die Prozesse entsprechend zu optimieren. Die Presse ist auch für die anspruchsvolle Technik der Innenhochdruckumformung (IHU) ausgelegt. Hierbei werden Hohlkörper aus Stahl in Form gebracht, indem sie von innen mit einer Flüssigkeit unter Druck gesetzt werden. Eine weitere, auf Innenhochdruckumformung spezialisierte Anlage steht in Dortmund. Dort betreibt die Anwendungstechnik weitere Anlagen, unter denen insbesondere ein Versuchsfeld für die Warmumformung hervorzuheben ist.
ThyssenKrupp Steel geht es jedoch nicht nur darum, Produktionsverfahren abzubilden, sondern auch kundenorientiert weiterzuentwickeln. Auf zwei Laserschweißanlagen, beispielsweise, werden derzeit neue Methoden erprobt, die den Anwendern Kosten-, Qualitäts- und Produktivitätsvorteile beim Laserschweißen bieten. Von hoher Bedeutung ist auch die Fertigungstechnologie für gewichtsoptimierte, dünnwandige Hohlprofile. Solche rohrförmigen Komponenten gelten als Schlüssel für den automobilen Leichtbau, weil sie weniger Bauraum beanspruchen und verwindungssteifer sind als herkömmliche Bauteile, die meist aus zwei verschweißten Halbschalen gefertigt werden. Mit der Weiterentwicklung dieser Technik soll der Anwendungsbereich für Hohlprofile im Automobilbau ausgebaut werden.
Weltweit einmalig ist laut Jorani die Profilieranlage für Thyssen Tailored Tubes der dritten Generation. Bei den so genannten T3-Profilen kann der Querschnitt über die Bauteillänge wechseln, beispielsweise von zylindrisch zu konisch und weiter zu drei- oder viereckig. Damit haben die Profile von vornherein eine so bauteilnahe Gestalt, dass die Automobilhersteller komplette Fertigungsschritte einsparen können – kostenneutral und bei einer Gewichtsersparnis von bis zu 26 %. ThyssenKrupp Steel hat die T3-Technologie selbst entwickelt und die weltweit einmalige Anlage gemeinsam mit der Karl Eugen Fischer GmbH aus Burgkunstadt in nur zwölfmonatiger Bauzeit realisiert. Das Aggregat entwickelt eine Gesamt-Presskraft von bis zu 16 000 kN, davon an einer Einzelachse allein 10 000 kN. Damit ist es in der Lage, auch hoch- und höherfeste Stähle zu verarbeiten. Das Werkstück kann aus vier Richtungen mit hoher Genauigkeit gleichzeitig angesteuert werden.
Neue Möglichkeiten in der Profiltechnik bietet eine weitere Anlage, mit der sich Rohre in deutlich engeren Radien biegen lassen als bisher, ohne dass das Material an der Außenseite des Bogens zu sehr ausdünnt. Ziel der Untersuchungen waren möglichst enge Biegeradien auch bei dünnwandigen Rohren sowie das Begrenzen der Wandausdünnung, damit das Potenzial moderner Mehrphasenstähle optimal genutzt werden kann.
Die Schweizer Mewag Maschinenfabrik AG wurde beauftragt, eine Hochleistungs-Ziehbiegemaschine zu bauen. Das Ergebnis ist eine kleine Sensation: Es lassen sich Teile herstellen, die bislang als unproduzierbar galten. Ein Beispiel hierfür ist ein Hilfsrahmen aus der Serienfertigung. Hier wurde die Biegetechnik so verbessert, dass die Ausdünnung der Außenwand bei gleicher Wanddicke des Profils, gleichem Durchmesser und gleichem Biegeradius um 22 % geringer ausfällt als beim Serienbauteil. „Das ist ein gutes Resultat, aber erst der Anfang“, sagt Projektleiter Dr. Thomas Flehmig. Eines der technischen Highlights ist ein Booster, der das Stahlrohr während des Biegens nachdrückt, so dass zusätzliches Material in den Außenbogen fließt. Neue Standards setzt die Anlage auch mit ihrer außergewöhnlich steifen Konstruktion und einem patentierten Elastomer-Biegedorn. Besonders stolz ist Flehmig auf die flexible Steuerung der Maschine: „Wir können alle bekannten biegerelevanten Größen beeinflussen und zum Großteil auch für jeden Bogen frei programmieren.“ In Kürze wird die Anlage Rohre auch entlang einer beliebigen Raumkurve biegen können, zum Beispiel für Dachrahmen. Die Freiform-Biegeeinrichtung soll, dies ist weltweit einmalig, in die Ziehbiegemaschine integriert werden.
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