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Gemeinsamer Standard soll den Weg frei machen

Mechatronische Werkzeuge: Mapal und Komet haben Standard für U-Achs-Vorrüstung entwickelt
Gemeinsamer Standard soll den Weg frei machen

Um die maschinenseitigen Anpassarbeiten bei der Integration mechatronischer Werkzeuge gering und die Kosten niedrig zu halten, haben Komet und Mapal eine gemeinsame Schnittstelle zur Werkzeugmaschine entwickelt. Ihr Ziel: Künftig sollen neue Maschinen bereits ‚mechatronic-ready‘ angeboten werden.

Wer Axialkolbenpumpen, Gelenkkugeln, Ventilsitze, Pleuelaugen oder Turbinengehäuse drehen muss, war lange Jahre auf Sondermaschinen angewiesen – meist verbunden mit mehreren Arbeitsgängen auf Fräs- und Drehmaschinen. Ein aufwändiger Prozess, der nicht mehr in die heutige Zeit passt, die durch sinkende Stückzahlen und wachsende Variantenvielfalt bestimmt wird.

Die Zukunft gehört flexiblen Standardmaschinen, mit denen sich komplexe Teile komplett bearbeiten lassen. Davon überzeugt sind Dr.-Ing. Jochen Kress, Mitglied der Geschäftsleitung der Aalener Mapal Dr. Kress KG und dort verantwortlich für die strategische Produktentwicklung, sowie Dr.-Ing. Jürgen Fronius, Leiter des Geschäftsbereichs Mechatronik der Besigheimer Komet Group. Parallel haben sie in ihren Unternehmen die Entwicklung so genannter U-Achssysteme vorangetrieben, die die Bearbeitungsmöglichkeiten von Werkzeugmaschinen über eine zusätzliche, CNC-gesteuerte „Werkzeugachse“ deutlich erhöhen.
U-Achssysteme gehören in eine Kategorie, die vielfach als „mechatronische Werkzeuge“ bezeichnet wird. Das sind Werkzeuge, deren Schneide sich in der Rotation verstellen lässt. Jochen Kress erklärt dies mit einem Beispiel: „Es gibt Bohrungen, die nicht einfach zylindrisch sind, sondern zur Werkzeugmitte exzentrisch verlaufen und häufig Drehkonturen aufweisen. Um diese herzustellen, muss man die Schneide während der Bearbeitung verstellen. Das lässt sich über mechatronische Werkzeuge bewerkstelligen und über unsere U-Achssysteme besonders effizient.“
Jürgen Fronius ergänzt: „Lange Jahre hat man diese schwierige Aufgabe auf Sondermaschinen über Schubstange und Keilgetriebe gelöst. Effizienter und präziser geht das mit U-Achssystemen – ob KomTronic oder Tooltronic. Hierbei rückt der Begriff Werkzeug in den Hintergrund. Denn der Kern des Systems ist eine einwechselbare NC-Achse, die sich wie alle anderen Achsen im Regelungsverbund der CNC-Steuerung befindet und mit deren Bewegungen interpoliert werden kann.“
Hardwareseitig besteht ein U-Achssystem aus einem Zerspanungswerkzeug in einem Plandrehkopf. Die Verstellbewegung des Kopfes erfolgt über einen Servomotor. Da das System mit der Spindelbewegung rotiert, müssen Energieversorgung sowie bidirektionaler Datenaustausch mit der Steuerung berührungslos induktiv erfolgen. Spindelseitig ist hierfür ein so genannter Stator angebaut. Auf der U-Achsseite gewährleistet eine induktive Übertragungseinheit den Daten- und Energieaustausch in jeder Winkellage.
„Die Vorteile dieser U-Achssysteme sind offensichtlich“, sagt Jochen Kress. „Dank der frei programmierbaren und dynamisch während der Bearbeitung einstellbaren Schneide lassen sich Konturen erzeugen, die sich bisher – wenn überhaupt – nur mit großem Aufwand herstellen ließen.“ Jürgen Fronius weist auf die außerordentlich hohe Genauigkeit der so bearbeiteten Bauteile hin: „Wir liegen im untersten µ-Bereich. Denn durch den Antrieb direkt am Werkzeug können mechanische Einflussgrößen wie Wärmegang oder Torsion gänzlich ausgeschlossen sowie Umspannvorgänge vermieden werden.“
Was die beiden am Markt konkurrierenden Werkzeuganbieter an einen Tisch brachte, war ein gemeinsames Problem: Die U-Achssysteme Tooltronic und KomTronic sind keine einfach einzuwechselnden Werkzeuge. Sie müssen mechanisch und elektronisch in die Werkzeugmaschine integriert werden. Diese nachträgliche Integration, die ins Ressort der Werkzeugmaschinenhersteller fällt, schlug bislang mit erheblichen Kosten zu Buche. Eine Hürde, die viele potentielle Endkunden vom Einsatz der U-Achssysteme abhielt.
Doch insgesamt ist deren Akzeptanz kontinuierlich gewachsen, die Nachfrage in diesem Jahr nahezu explodiert, wie Kress und Fronius unisono verkünden: „Der Trend zu kleinen Stückzahlen fordert hohe Flexibilität in der Fertigung. Da sind unsere Systeme genau richtig.“ Um aus den wachsenden Nachfragen auch Aufträge werden zu lassen und die U-Achssysteme einer breiten Anwenderschaft zugänglich zu machen, müssen die Kosten runter, meinen die beiden Strategen: „Im ersten Schritt haben wir uns entschlossen, den Integrationsaufwand und damit die Gesamtkosten zu minimieren. Wir haben die Schnittstelle für KomTronic und Tooltronic vereinheitlicht und mit mechatronic-ready einen Standard für die U-Achs-Vorrüstung von Werkzeugmaschinen geschaffen.“
Was die Gesamtkosten für U-Achssysteme in die Höhe treibt, ist ihre nachträgliche Integration. Wenn der Werkzeugmaschinenhersteller seine Maschine jedoch beim Neubau vorrüstet, schrumpft der Aufwand enorm, vor allem, wenn es einen Standard wie mechatronic-ready gibt. Jürgen Fronius betont: „Auch der Werkzeugmaschinenhersteller selbst hat durch die Vorrüstung Vorteile. Er kann seinen Kunden zusätzliche Optionen anbieten, die klare Wettbewerbsvorteile versprechen.“
Entscheidet sich der Endanwender für eine Werkzeugmaschine mit mechatronic-ready, bleiben ihm für minimale Mehrkosten alle Optionen offen. Er kann sich zum Kauf eines U-Achssystems entscheiden, wenn er es benötigt. Dann bleibt ihm immer noch die freie Wahl des Anbieters. Ob KomTronic oder Tooltronic – der Anschluss ist mechanisch und elektrisch vorkonfiguriert. Die Kabel sind bereits verlegt, die Spindel und der Werkzeugwechsler angepasst. Für die zusätzliche Achse ist im Schaltschrank ein Platz reserviert, so dass das System nur noch aufgerüstet und die Steuerung entsprechend programmiert werden muss. Innerhalb kürzester Zeit ist der Anwender auch mit einer Standardmaschine in der Lage, komplexe Innen- und Außendrehbearbeitungen zu realisieren.
Wolfgang Klingauf Fachjournalist in Augsburg

Was bringt ein U-Achssystem?

  • Komplexe Bearbeitungen sind damit auf Standard-Werkzeugmaschinen anstelle von Sondermaschinen möglich.
  • Die Teile können auf einer Maschine komplett bearbeitet werden.
  • Die Anzahl der erforderlichen Werkzeuge und Spannvorrichtungen sinkt.
  • Niedrige Betriebskosten.
  • Hohe Formtreue und Qualität am Werkstück.
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