Startseite » Technik » Fertigung »

„Investitionen in der Krise brachten größten Auftrag der Firmengeschichte.“

Kaltenbach-Chef Valentin Kaltenbach über die aktuellen Anforderungen des Stahlhandels
„Investitionen in der Krise brachten größten Auftrag der Firmengeschichte.“

„Investitionen in der Krise brachten größten Auftrag der Firmengeschichte.“
„In Lateinamerika, Russland oder Indien kaufen unsere Kunden nur noch hochwertige Anlagen. Dort entstehen zum Teil vollautomatische Fertigungslinien.“
Wie sein Unternehmen die Krise bewältigt hat und welche Fertigungssysteme im Stahlhandel derzeit gefragt sind, erläutert Valentin Kaltenbach. Er ist Geschäftsführer des Sägen- und Anlagenspezialisten Kaltenbach GmbH & Co. KG in Lörrach.

Herr Kaltenbach, der Maschinenbau durchlebt schwierige Zeiten. Wie sieht die Situation aktuell in Ihrem Haus aus?

Wir stellen seit April eine deutliche Belebung fest. Das betrifft sowohl die Anfragen als auch die Abschlüsse. Eine besonders starke Nachfrage verzeichnen wir derzeit aus Mittel- und Südamerika, Russland und Indien. So durften wir uns im Mai über den größten Einzelauftrag unserer Firmengeschichte freuen. Das Projekt mit einem Wert von über fünf Millionen Euro kommt aus Lateinamerika. Das alles stimmt uns optimistisch. Es bleibt die Frage, ob dieser Aufschwung nachhaltig ist. Wir gehen jedoch davon aus, dass der Abbau der Lagerkapazitäten und die Liquiditätssicherung vollzogen sind, und sich Verbrauch und Nachfrage bei unseren Kunden künftig wieder auf einem Niveau befinden. Derzeit sieht es bei uns so aus, dass wir 2010 den Vorjahresumsatz erreichen. Und das werte ich als Erfolg, denn im vergangenen Jahr profitierten wir – wie fast der gesamte Maschinenbau – vom Auftragsüberhang aus dem Jahr 2008.
Wie läuft´s in den anderen Märkten?
Aus unserer Sicht laufen in Europa die deutschsprachigen Länder gut. Sie haben noch eine gesunde Struktur. Relativ stark sind Frankreich und Skandinavien. Ganz schwach hingegen sind derzeit England, Spanien, Portugal und Italien. Auch Nordamerika und der Mittlere Osten werden noch Zeit brauchen, um sich zu erholen.
Was braucht ein Maschinenbauer, um eine solche Krise möglichst gut zu überstehen?
Zunächst ist es wichtig, nicht in Panik zu verfallen, die Situation besonnen zu analysieren und dann klare Entscheidungen zu treffen und diese auch zügig umzusetzen. Dabei hilft Erfahrung. Wer länger im Geschäft ist, und schon mehrere Krisen miterlebt hat, der weiß eher, wie er handeln muss. Eine breite Produktpalette und ein breites Kundenspektrum sind ebenfalls hilfreich. Ganz wichtig sind eine gesunde Finanzsituation und ausreichende Liquidität. Viele Unternehmen erzielten zwar in den Jahren vor der Krise hervorragende Umsätze, konnten dabei aber nur dürftige Gewinne realisieren und deshalb keine Reserven aufbauen. Sie hatten oder haben jetzt ein echtes Problem.
Wie hat Kaltenbach auf die Krise reagiert?
Zur Bewältigung der Krise haben wir ein Drei-Phasen-Modell entwickelt. In der ersten, mit den Begriffen Verstehen und Handeln überschriebenen Phase ging es darum, abzuschätzen wie schwerwiegend und lang die Krise sein würde, und welche Branchen, Länder und Produkte besonders betroffen sind. Unter anderem aus Gesprächen mit unseren weltweiten Vertriebspartnern leiteten wir Maßnahmen ab. Als wir Anfang 2009 erkannten, dass es lange dauern wird, bis wir wieder das Niveau von 2007/2008 erreichen, entschlossen wir uns, unsere Belegschaft am Stammsitz in Lörrach von 350 auf 310 Mitarbeiter zu reduzieren. In der zweiten Phase – Sichern und Gestalten – war unser Ziel, die Kernmannschaft zusammenzuhalten und die Zukunft des Unternehmens zu gestalten. Denn: Wer nichts tut, der kommt geschwächt aus der Krise!
Wie haben Sie die Zukunft gestaltet?
Wir haben die ruhigere Zeit genutzt, um eine ganze Reihe neuer Produkte zu entwickeln, die unseren Kunden einen echten Mehrwert bieten. Das reicht von Hochleistungs-Sägemaschinen bis zu Softwaresystemen, mit denen der Nutzer seine komplette Auftragsabwicklung optimieren kann. Aber wir haben auch strategisch gehandelt, indem wir unser Produktportfolio durch die Akquisition von Gietart erweiterten. Und diese Investition trägt bereits erste Früchte. Der genannte Großauftrag aus Lateinamerika wäre ohne unsere neuen Möglichkeiten im Strahlen nicht zustande gekommen. Und nun hoffen wir, im zweiten Halbjahr die dritte Phase in Angriff nehmen zu können, die unter dem Motto „Realisieren und Konsolidieren“ steht. Nun wollen wir Investitionen nachholen, die bislang auf Eis lagen.
Angesichts der schwierigen Zeit, war es nicht ein Risiko Gietart zu übernehmen?
Wir waren überzeugt, dass das Risiko größer ist, wenn wir es nicht tun. Gietart war ein langjähriger Partner, die Produkte waren integraler Bestandteil unseres Portfolios. Gietart war eines jener Unternehmen mit anerkannt guten Produkten, die es trotz guter Auslastung nicht schafften, ein finanzielles Polster für schlechte Zeiten anzulegen. Durch diese Akquisition sind wir nun in der Lage, dem Stahlbau und Stahlhandel komplett verknüpfte Anlagen für die gesamte Prozesskette anzubieten.
Inwieweit wurden die mit der Akquisition verbundenen Ziele bereits erreicht?
Nach sechs Monaten sind wir aus dem Gröbsten raus. Den Vertrieb mussten wir nur in fünf Ländern umstellen. In allen anderen Märkten lief er ohnehin schon über Kaltenbach-Töchter oder gemeinsame Landesvertretungen. Gietart hat viele Leistungen zugekauft. Das war übrigens einer der Gründe für die Probleme. Wir werden die Fertigungstiefe erhöhen. Die Investitionen dafür sind bereits angelaufen. Um die dafür nötigen Kapazitäten zu schaffen, haben wir bereits die Transportanlagen, die Gietart bisher selbst fertigte, in unser Werk in Frankreich verlagert. Dieser Standort ist innerhalb unserer Gruppe auf die Themen Logistik und Materialfluss spezialisiert. Man sieht also: Auch unsere anderen Produktionsstandorte profitieren bereits jetzt von der Akquisition.
Vor dem Hintergrund der eigenen personellen Einschnitte, wie hat die Stammbelegschaft auf diese Investition reagiert?
Unsere Entscheidung wurde durchaus positiv aufgenommen. Das liegt sicher auch daran, dass wir sehr offen kommuniziert haben und unsere Mitarbeiter immer auf dem Laufenden waren. Zudem wussten sie, dass wir auch in früheren Krisen ähnliche Entscheidungen getroffen haben und das Unternehmen und damit auch die Beschäftigten bisher immer profitiert haben.
Ihre neue Profil-Bandsäge KBS 1051 soll die Schnittzeit halbieren. Braucht der Kunde solche Leistungssteigerungen, wenn noch immer Kapazitäten brachliegen?
Mit dieser Maschine haben wir die aktuellen Anforderungen der Branchen Stahlhandel und Stahlbau umgesetzt. Neben dem hohen Durchsatz bietet sie eine sehr gute Schnittqualität, lange Standzeiten der Sägebänder, kurze Nebenzeiten und hohen Bedienkomfort. Viele Kunden wollen nur die beste aktuell auf dem Markt verfügbare Ausrüstung. Das gilt besonders in Südamerika, Asien und Russland.
Sie sprachen auch automatisierte Systeme an. Wie weit gehen die Möglichkeiten?
Nach der Übernahme von Gietart und dem nahtlosen Einbinden des Strahlens in unsere Prozesskette, können wir komplette, vollautomatische Anlagen anbieten. Eine unserer Innovationen ist ein werkstattnahes Logistik-System, mit dessen Hilfe sich die komplette Prozesskette vernetzen lässt. Es zeigt den Status der einzelnen Aufträge detailliert an und das Material lässt sich exakt verfolgen. Auch bei einem vollautomatisierten System lassen sich damit bei Bedarf Expressaufträge zwischenschieben. Diese Entwicklungen werden aber nie abgeschlossen sein. Man kann immer einen Schritt weiter gehen.
Wie groß ist die Nachfrage?
Speziell in Lateinamerika, Russland oder Indien kaufen die Kunden hochwertige Anlagen. Vielfach entstehen dort komplett neue Fertigungslinien auf der grünen Wiese. Das sind die idealen Voraussetzungen, eine voll automatisierte Linie zu erstellen. Wo bestehende Anlagen ergänzt oder erneuert werden sollen, muss man sehr genau schauen, was der Kunde wirklich braucht. Zu viel Automation an der falschen Stelle kann auch problematisch sein, weil sie die gewachsenen betrieblichen Abläufe stören und die Flexibilität möglicherweise einschränken kann.
Unsere Webinar-Empfehlung
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
Ausgabe
6.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de