Netztechnik | Das Smart Grid spielt eine entscheidende Rolle für die Einbindung erneuerbarer Energien und einer dezentralen Versorgung. Auf technischer Seite sind bereits viele Voraussetzungen geschaffen, wie ein Blick auf die Energy zeigt.
Markus StrehlitzJournalist in Mannheim
Intelligente Stromversorgungsnetze sind eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg der Energiewende. Die Richtungsentscheidung für die Nutzung von erneuerbaren Energien wird zu einer verstärkten Einbindung von dezentralen Erzeugungsanlagen führen. Und die Volatilität der Stromflüsse wird rasant zunehmen.
Dafür muss das Stromnetz schlau werden. Die auftretenden Überlastungen gilt es, mithilfe dezentraler Intelligenz in Echtzeit zu erkennen und durch Steuerungsmaßnahmen zu vermeiden. Der aktuelle Zustand des Netzes muss jeder Zeit erfasst werden können.
Aus diesem Grund hat zum Beispiel Efen (Halle 13, Stand E75) sein Smart Grid Interface entwickelt. Mit diesem lassen sich in Ortsverteilnetzen Messpunkte an den neuralgischen Stellen einrichten.
Das Interface erfasst die aktuellen Daten und übermittelt diese ein Echzeit per Mobilfunk-Gateway und Internetverbindung an einen Cloud-Server. Dafür nutzt das System das Standardprotokoll IEC 60870–5–104.
Der Cloud-Server bearbeitet die Daten dann bereits vor. Anschließend werden die relevanten Informationen über den IEC-Kommunikationskanal an Leitwarten oder Netzautomatisierungseinheiten weitergeleitet. So kann bei Über- oder Unterschreiten der zulässigen Netzwerte sofort eingegriffen werden.
So wenig Kabel wie nötig
Wie eine smarte Energieverteilung aussehen kann, zeigt sich im Raum Niederstetten in Baden-Württemberg. Dort wurden bereits zahlreiche erneuerbare Energiequellen ins Netz eingespeist.
Doch zeitweise stößt das Netz an seine Belastungsgrenze. Siemens (Halle 27, Stand L24, B74 und H71) entwickelt daher gemeinsam mit dem Verteilnetzbetreiber Netze BW (Halle 27, Stand H71) eine intelligente Spannungsregelung. Sie soll ein Maximum an dezentraler Energieeinspeisung ermöglichen. „Köpfchen statt Kupfer“ lautet dabei das Motto – mit so viel Intelligenz wie möglich und so wenig zusätzlichen Mittelspannungskabeln wie nötig soll das Verteilnetz in der Region Niederstetten künftig weitestgehend selbstständig operieren.
Herzstück des Projektes ist ein dezentraler Regionalcontroller, der als Automatisierungseinheit im Umspannwerk Niederstetten das Mittelspannungsnetz steuert und überwacht. Der Controller basiert auf einem Sicam-Automatisierungssystem von Siemens und stellt die Spannungsregelung, das Störungsmanagement und die Kommunikationsanbindung sicher. Neben der Automatisierungstechnik vor Ort gibt der dezentrale Regionalcontroller die verdichteten Daten aus den intelligenten Feldgeräten an das zentrale Scada-System weiter.
Im Störungsfall ermöglicht der Regionalcontroller im Zusammenspiel mit der Netzautomatisierungstechnik die Wiederversorgung der betroffenen Netzabschnitte laut Siemens in weniger als einer Minute. Dadurch werde die Ausbreitung der Störung auf ein minimales Netzgebiet reduziert.
„Mit intelligenten Stromversorgungsnetzen werden wir die Energiewende meistern“, glaubt Jan Mrosik, CEO der Siemens-Division Energy Management. „Die Technik dafür gibt es längst. In Niederstetten zeigen wir, wie sich mit bewährten Produkten und Systemen aus unserem Automatisierungs-Portfolio bestehende Verteilnetze fit für die Zukunft machen lassen.“
Energiebutler koordiniert Stromnutzung
Ein weiteres Beispiel für das Stromnetz der Zukunft findet sich in Mannheim. Dort wurde im Rahmen des Forschungsprojekts Modellstadt Mannheim (Moma) von 2008 bis 2013 ein Smart Grid in knapp 1000 Haushalten implementiert und getestet.
Eines der Kernstücke des Systems ist eine intelligente Steuereinheit beim Verbraucher. Dieser so genannte Energiebutler ist nicht größer als ein DSL-Router. Er misst gemeinsam mit einem Smart Meter den Stromverbrauch jedes elektrischen Geräts im Haus. Zugleich beobachtet er, wie viel Strom im Netz verfügbar ist. Und er kennt die Strompreise zu jeder Tageszeit – dank eines Tarifplans für den kommenden Tag. Dieser wird jede Nacht vom Stromversorger per Breitbandkommunikation durch das Stromnetz selbst übermittelt.
Weht am Nachmittag an der Nordsee viel Wind, wird der Strom an der Strombörse billig. Dann lässt der Energiebutler die Energiefresser des Haushalts laufen. Ab vier Uhr, wenn wenig Wind weht und der Strom teurer ist, schaltet er sie nur noch sporadisch ein.
„Auf der Grundlage seiner Informationen wird der Energiebutler in Zukunft Einsatzpläne für elektrische Geräte im Haus erstellen“, sagt Moma-Projektleiter Andreas Kießling. Die Ergebnisse des Projekts zeigen, dass ein intelligentes Stromnetz erneuerbare Energien weitgehend verwerten kann und den Verbrauchern eine erhebliche Kostenersparnis bescheren kann.
Wie bei anderen Konzepten, in denen die Integration verschiedener Systeme im Mittelpunkt steht, spielt auch beim intelligenten Energienetz die Standardisierung eine wichtige Rolle. Um diese voranzutreiben, hat der VDE (Halle 13, Stand C20) die Normierungs-Roadmap „E-Energy/Smart Grid“ auf den Weg gebracht. Die Roadmap liegt mittlerweile in der zweiten Stufe vor.
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