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„Der Trend zu umweltschonenden Technologien bleibt uns erhalten“, sagte Prof. Günther Schuh anlässlich des 19. Aachener Werkzeugbau-Kolloquiums. Die Industrialisierung habe zu einer zwar ökonomisch sinnvollen, aber wenig ökologischen Überproduktion geführt, so der Produktionswissenschaftler weiter, der den Direktorien der Aachener Institute WZL und Fraunhofer IPT angehört. Um die Welt nicht Naivlingen zu überlassen, müsse es gelingen, künftig Produkte und Ressourcen auch ökologisch auszunutzen. Intelligente Mietmodelle seien dabei von elementarer Bedeutung.
„Auch dem Werkzeug- und Formenbau bieten Subskriptionskonzepte die Möglichkeit, innovative neue Geschäftsmodelle zu etablieren“, sagte Schuh. Dazu müsse sich die Branche vom Werkzeug- zum Produktivitätslieferanten wandeln. Statt wie bisher auf Anfrage ein Werkzeug oder Dienstleistungen zu liefern, müssten Werkzeugmacher künftig das vollständige Werkzeugmanagement des Kunden übernehmen und über Einkauf sowie Produktionsoptimierungen entscheiden. „Tooling as a Service muss zum Produktivitätsversprechen werden.“ Durch eine höhere Werkzeugauslastung könnten sowohl die Margen für den Kunden als auch für den Werkzeugbau steigen.
In weiteren Vorträgen berichteten Referenten aus der Industrie über Erfahrungen mit der praktischen Umsetzung von Industrie 4.0-Themen. So sprachen unter anderen
- Ralf Hildebrand, Leiter Bauteilfertigung Julius Blum GmbH, über Fertigungstechnologien von der konventionellen Bearbeitung bis zur digitalen Vernetzung,
- Gerd Ringelmann vom Werkzeugbau der ZF Friedrichshafen AG über Effizienzsteigerung durch die (Teil-)Automatisierung in Arbeitsplanung, CAM-Programmierung und Fremdvergabeentscheidungen,
- Bernd Ströhlein, Bereichsleiter bei der Fischer Werkzeug- und Formenbau GmbH, über höchste Kundenorientierung durch Industrie 4.0, oder
- Prof. Thomas Bergs, Direktor am WZL und am IPT, über digitale Fräsprozesse als Wegbereiter der Prognosefähigkeit.
Jahrestreffen an der WBA Werkzeugbau-Akademie
Am Vortag des Kolloquiums fand zunächst das Mitglieder-Jahrestreffen der WBA Werkzeugbau-Akademie statt und im Anschluss daran die Preisverleihung im Wettbewerb „Excellence in Production“.
Im Rahmen des Mitgliedertreffens stellte Prof. Wolfgang Boos, Geschäftsführender Gesellschafter der WBA, ausgewählten Fachjournalisten einige Projekte vor. Zu den Tätigkeitsfeldern, die die WBA Werkzeugbau-Betrieben anbietet, gehören
- die Industrieberatung,
- Forschungsaktivitäten sowie
- Weiterbildungsmaßnahmen.
Darüber hinaus betreibt die WBA einen Demonstrationswerkzeugbau und erstellt Studien zu den unterschiedlichsten Branchenthemen. Boos betonte, die Akademie beschränke ihre Tätigkeit nicht auf den Werkzeug- und Formenbau, beschäftige sich vielmehr ganz allgemein damit, Unikate in Serie zu fertigen. Insofern sei das Know-how durchaus auch für andere Unternehmen interessant, die sich mit der Einzelteil-, Prototyp- oder Kleinserienfertigung beschäftigen.
Stepper ist Werkzeugbau des Jahres 2019
Einige der Finalisten im Branchenwettbewerb „Excellence in Production“ nehmen schon seit vielen Jahren teil und nutzen ihre Ergebnisse, um sich stetig zu verbessern. In diesem Jahr jedoch betrat ein neues Unternehmen die Bühne und belegte mit – laut Jury – exzellenten Werten prompt den ersten Platz. Während der feierlichen Abendveranstaltung im Krönungssaal des historischen Aachener Rathauses nahm Michael Stepper, Geschäftsführer und Inhaber der Fritz Stepper GmbH & Co. KG, vor rund 300 Gästen den begehrten Preis stellvertretend für die Mitarbeiter des Pforzheimer Unternehmens entgegen. Die Laudatio hielt Dr. Sven Holsten, Werkzeugbauleiter des Vorjahressiegers Phoenix Contact.
Ausschlaggebend für die Jury war die klare Fokussierung von Stepper auf hochpräzise Folgeverbundwerkzeuge für Elektronikkomponenten und die stetige Entwicklung neuer Lösungen, die als Differenzierungsmerkmal dienen. Der Einsatz qualitativ hochwertiger Maschinen mit geringem Durchschnittsalter und der hohe Automatisierungsgrad in der Fertigung fielen ebenso positiv ins Gewicht wie die Mehrmaschinenbedienung, die Rüst- und Programmierzeiten sowie die Maschinenauslastung. Nicht zuletzt lobte die Jury die Entwicklung intelligenter Werkzeuge mit integrierter Sensorik zum Erheben, Speichern und Verarbeiten von Daten aus dem Produktionsprozess sowie den Einsatz entsprechender Aktorik.
Der 1965 gegründete Betrieb siegte auch in der Kategorie „Externer Werkzeugbau über 50 Mitarbeiter“.
Die Besten in den weiteren Kategorien
Bester „Externer Werkzeugbau unter 50 Mitarbeiter“ ist einmal mehr W. Faßnacht Werkzeug- und Formenbau aus Bobingen. Die Jury hob hier besonders den klaren Fokus des Unternehmens aufs Herstellen komplexer Spritzgießwerkzeuge hervor, die in unterschiedlichen Branchen zum Einsatz kommen. Durch sein breites Kundenspektrum vermeide Faßnacht Abhängigkeiten von einzelnen Kunden und Branchen. Als weitere Besonderheiten werteten die Juroren den hohen Automatisierungsgrad durch eine technologieübergreifende Verkettung, kurze Programmier- und Rüstzeiten sowie die familiäre Arbeitsatmosphäre.
Bester „Interner Werkzeugbau über 50 Mitarbeiter“ ist 2019 die ZF Friedrichshafen AG. Die Schweinfurter überzeugten mit einer Vielzahl an Industrie-4.0-Lösungen, etwa dem automatisierten Erstellen von Arbeitsplänen auf Basis einer algorithmisch gestützten Analyse von CAD-Daten.
In der Kategorie „Interner Werkzeugbau unter 50 Mitarbeiter“ siegte die Hilti AG aus Schaan in Liechtenstein. Zu den besonderen Stärken des internen Werkzeugbaus von Hilti zählt die Fokussierung auf die Kernkompetenzen und die klare Positionierung als Kompetenzzentrum für die Massivumformung, das Produktentwicklung und Serienproduktion weltweit unterstützt.
Bewerbungsphase für EIP 2020 läuft
Im vergangenen Jahr beteiligten sich 342 deutschsprachige Werkzeug- und Formenbaubetriebe am Wettbewerb, in dem Spezialisten des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnologie IPT und des Werkzeugmaschinenlabors WZL der RWTH Aachen gemeinsam mit einer fachkundigen Jury den Sieger ermitteln. 2020 veranstalten die Aachener Institute den Wettbewerb bereits zum 17. Mal. Unter www.excellence-in-production.de können sich interessierte Unternehmen anmelden. Bis zum 1. März müssen sie dann den ersten Teil eines Fragebogens ausfüllen, in dem zentrale Aspekte zum Unternehmen abgefragt werden. Gleich im Anschluss erhalten sie eine erste Auswertung. Bis zum 1. Mai gilt es dann, vertiefende Fragen zu beantworten, um sich fürs Finale zu qualifizieren.