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Nachwuchs sichert das Geschäft

Fertigung
Nachwuchs sichert das Geschäft

Mit seiner HTEC-Initiative will Haas einem drohenden Fachkräftemangel vorbeugen. Der Maschinenbauer unterstützt Ausbildungsstätten mit Maschinen und Know-how. Moderne Technik soll die Einrichtungen als Zentren für Fertigungsexzellenz etablieren und junge Menschen begeistern.

Eine hohe Qualifikation wird für Maschinenbediener immer wichtiger. Zwar achten die Anlagenhersteller zunehmend darauf, die Handhabung so einfach und sicher wie möglich zu gestalten, wer jedoch das Potenzial voll ausschöpfen und Prozesse möglichst effizient gestalten will, der braucht neben Kreativität auch einiges an Fachwissen. Das gilt ganz besonders für jene Spezialisten, die automatisierte, verkettete Anlagen betreuen, oder Maschinen, die mehrere Fertigungsverfahren in sich vereinen.

Um den Nachwuchs an qualifizierten Fachkräften zu sichern, initiierte der Maschinenbauer Haas Automation Inc. im kalifornischen Oxnard ein Programm, das technische Ausbildungseinrichtungen dabei unterstützt, moderne Fertigungstechnologien zu vermitteln. Die Idee entstand 1999. Die ersten beiden Ausbildungsstätten, die davon profitierten, waren die California State University of Northridge – dort studierte Unternehmensgründer Gene Haas – und das Los Angeles Pierce College. Seit 2001 tragen die zum Netzwerk gehörenden Ausbildungsstätten den Namen Haas Technical Education Center (HTEC). Inzwischen gibt es 997 dieser Center in den USA (Stand: Ende Oktober). In Europa startete die Initiative 2007. Im November wurde in Island das 56. HTEC eröffnet, das 57. folgt Mitte Dezember in Frankreich.
Die bislang letzte Schule in Deutschland, die ins Netzwerk aufgenommen wurde, ist die GIBA – Gesellschaft für Integration, Beschäftigung und Ausbildung GmbH in Rottenburg-Wendelsheim. Unter der Schirmherrschaft des Haas Factory Outlet (HFO) Baden-Württemberg Süd, einem Geschäftsbereich der Dreher AG in Denkingen, wurde die Einrichtung am 27. September offiziell ihrer Bestimmung übergeben. Jugendliche und junge Erwachsene, die bisher keine Möglichkeit hatten, sich für einen Beruf zu qualifizieren, können hier eine Ausbildung zum Teilezurichter, Fräser, Industriemechaniker oder Zerspanungsmechaniker absolvieren. Auch Umschulungen oder die Auftragsausbildung für Partner-Firmen sind möglich.
Im Rahmen der Eröffnungsfeier sagte GIBA-Geschäftsführer Wolfgang Hesse: „Unsere erste Haas-Maschine haben wir vor mehr als zehn Jahren angeschafft, und wir sind noch immer sehr zufrieden damit.“ Auch die Betreuung durchs lokale Factory Outlet schätze er sehr und „mit unserer Teilnahme am HTEC-Programm erhalten unsere Auszubildenden die Chance, mit hochwertiger Fertigungstechnologie zu arbeiten“. Außerdem könne der Nachwuchs mit den Steuerungssimulatoren risiko-, angst- und stressfrei lernen.
Martin Dreher vom HFO Dreher begründete die Wahl GIBAs als erstes HTEC in seinem Betreuungsbereich so: „Die GIBA hat sehr gute Kontakte zur lokalen Industrie. Nach der Ausbildung finden fast alle Abgänger eine Anstellung bei einem Unternehmen in der Nachbarschaft.“ Die Rottenburger wollen vor allem kleine Unternehmen unterstützen, die gut ausgebildete und produktive Mitarbeiter benötigen.
Dreher sieht das HTEC-Programm als Investition in die Zukunft: „Jeder erinnert sich an die erste Maschine, an der er gearbeitet hat. Die Auszubildenden von heute sind die Facharbeiter, Ausbilder und Entscheider von morgen. Machen sie gute Erfahrungen mit unseren Produkten, ist es sehr wahrscheinlich, dass sie sich später wieder für eine Haas-Maschine entscheiden.“ Alain Reynvoet, Geschäftsführer von Haas Automation Europe (HAE) im belgischen Zaventem ergänzt: „Die Investition in Bildung ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für unsere Industrie. Wir wollen unsere Kunden auf jede nur denkbare Weise unterstützen.“ Dazu zähle auch die Ausbildung der benötigten Fachkräfte. Für die Koordination des europäischen HTEC-Programms ist Bert Maes zuständig. Er beschreibt die Zielsetzung so: „Zwischen unserem Factory Outlet und einer lokalen Schule oder technischen Fachschule soll eine starke Bindung entstehen. Wir wollen dabei helfen, mehr junge Menschen für die CNC-Fertigung zu interessieren und stellen dazu die notwendige Betreuungsinfrastruktur zur Verfügung.“
Anders als viele andere Maschinenbauer verleiht Haas seine Maschinen nicht, sondern verkauft diese mit einem Preisnachlass von 15 % an die Schulungseinrichtung. Das hat aus Sicht von HAE den Vorteil, dass die Ausbildungsstätten nicht nur für einen relativ kurzen Zeitraum über die Maschinen verfügen können, sondern langfristige Planungssicherheit haben. Katja Mader, Marketingvorstand bei Haas in Zaventem, sagt: „Wir arbeiten mit unseren HFOs, nahegelegenen Fertigungsunternehmen und Behörden zusammen, um die Gelder zur Ausstattung permanenter Einrichtungen zu beschaffen.“
In der Regel kaufen die Schulen eine CNC-Drehmaschine und eine CNC-Fräsmaschine, damit die Auszubildenden in beiden Arten der Metallbearbeitung praktische Erfahrungen sammeln können. Doch nicht alle HTECs begnügen sich mit zwei neuen Maschinen wie die GIBA – die Rottenburger haben sich für ein vertikales Bearbeitungszentrum des Typs VF-2 und eine TL-1-Drehmaschine entschieden. Das größte HTEC in Europa liegt in Österreich. Das Überbetriebliche Ausbildungszentrum (ÜAZ) in Rankweil gehört dem Netzwerk seit Mai 2010 an. An 27 Maschinen sammeln dort jährlich rund 100 sozial oder wirtschaftlich benachteiligte Jugendliche jene Erfahrungen, die sie für eine erfolgreiche Laufbahn als CNC-Spezialist brauchen.
Haas gibt auf jede Maschine 24 Monate Gewährleistung. Zudem stellt der Maschinenbauer einen CNC-Simulator als separate Einheit kostenlos zur Verfügung. Die Industriepartner – dazu gehören Anbieter von Schulungs- und CAD-CAM-Software, Werkzeugen, Spanntechnik oder Schmierstoffen – gewähren zwischen 30 und 50 % Nachlass auf ihre Produkte. Sie helfen den Ausbildungseinrichtungen auch bei der Auswahl der Ausrüstung und schnüren – je nach Bedarf – Komplettpakete, bestehend aus Maschine und ausgesuchtem Zubehör.
Katja Mader legt Wert darauf, dass das Klima in einem HTEC die Menschen inspiriert. „Wir möchten, dass die Einrichtungen übersichtlich aufgebaut und sauber sind. Das lokale HFO hat die Aufgabe, das HTEC täglich zu unterstützen.“ Lokale Unternehmen sollen die Einrichtung als ein Zentrum der Fertigungsexzellenz und als Ressource hochqualifizierter Maschinenbediener wahrnehmen.
Ein besonderes Augenmerk legt HAE auf die Förderung von Frauen. Nur etwa 5 % der Mädchen im Schulalter seien an einer technischen Ausbildung interessiert, erzählt Mader. Das habe zwar noch immer viel mit Stereotypen und Vorurteilen zu tun, ändere sich aber. Und Bert Maes ergänzt: „Die berufliche Entwicklung in der Fertigung bietet ähnliche Chancen wie in Wissenschaft und Technologie. Statistisch gesehen sind junge Frauen hier oft besser als ihre männlichen Kollegen. Die weiblichen Auszubildenden, die wir im HTEC-Programm treffen, sind nicht wegen ihren akademischen Fähigkeiten außergewöhnlich, sondern wegen ihrer Einstellung und Lernbereitschaft. Wir hoffen, dass sie anderen jungen Frauen als Beispiel dienen.“
Mit Blick auf den Trend zu automatisierten Fertigungsanlagen brauchen Produktionsbetriebe künftig mehr denn je Mitarbeiter, die mehr als nur einen Prozess verstehen. Sie brauchen Menschen, die in der Lage sind, komplexe Produktionsprobleme zu lösen, die Systeme zu bedienen und auch die vorbeugende Wartung sicherzustellen sowie Möglichkeiten zur Prozessoptimierung zu erkennen und umzusetzen. Zur Vermittlung genau dieser Fähigkeiten und Kenntnisse will die HTEC-Initiative beitragen.
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