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Produktionseffizienz ja, aber wie?

Produktionseffizienz orientiert sich an Stückkosten und schließt Energieeffizienz ein
Produktionseffizienz ja, aber wie?

Effizient fertigen heißt nicht, nur die Energieeffizienz zu betrachten oder sich allein auf die Maschinentechnik zu verlassen. Alle Einflussfaktoren sind zu berücksichtigen. Aber wie? Die Anlagenhersteller sind gefragte Know-how-Träger – Arburg beispielsweise hat die Produktionseffizienz „in den Mittelpunkt aller Aktivitäten“ im Jahr 2012 gestellt – und plädiert für eine ganzheitliche Betrachtung. Hier die ungekürzte Fassung des dazu veröffentlichten Artikels.

Produktdesign

Bereits durch das Design der Bauteile lassen sich Energieeffizienz und Zykluszeiten der Spritzgießproduktion positiv beeinflussen. Möglichkeiten sind unter anderem Minimierung von Fertigungsschritten, Reduzierung von Toleranzen und Einsparung von Material, da zum Beispiel dicke Wandstärken längere Kühl- und damit längere Zykluszeiten erfordern. Hinzu kommt die Materialauswahl, die neben der Bauteilgeometrie eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt. Grund dafür ist, dass der Energiebedarf für das Aufschmelzen verschiedener Kunststoffe sehr unterschiedlich sein kann, obwohl diese ähnliche Produktanforderungen erfüllen.
Werkzeugtechnik
Im Bereich Werkzeugtechnik beeinflussen zum Beispiel Isolierung, Kühlung sowie der Einsatz von Heiß- und Kaltkanaltechnik die Effizienz der Spritzteilproduktion. Dass sich eine Isolierung beheizter Werkzeuge unmittelbar auf den Energieverbrauch und eine konturnahe Werkzeugkühlung positiv auf die Zykluszeit auswirkt, ist bekannt. Darüber hinaus lohnt es sich jedoch, die Temperaturregelung im Werkzeug näher zu betrachten. Denn oft sind weder die Temperaturen noch die Mengen des Kühlwassers passend zur Anwendung gewählt und bieten damit Optimierungsmöglichkeiten. Können zum Beispiel die Vorlauftemperaturen der Gesamtkühlanlage ohne Auswirkung auf den Spritzgießprozess erhöht werden, resultieren daraus für jedes Grad Celsius schon deutliche Einsparungen bei den Betriebskosten.
Maschinentechnik
Einen sehr großen Einfluss auf Energieverbrauch und Zykluszeit und damit auf die Produktionseffizienz hat die Spritzgießmaschine. Dabei zeigt ein Vergleich zwischen hydraulischer und elektrischer Maschinentechnik bei identischen Prozessparametern hinsichtlich der Zykluszeit und des Energiebedarfs der Antriebe deutliche Vorteile auf der elektrischen Seite.
Bei der alleinigen Betrachtung des Energieverbrauchs punkten elektrische Maschinen deutlich durch ihre energiesparenden Antriebe ohne Leerlaufverluste und die Rückspeisung von Bremsenergie.
Aber auch bei hydraulischen Maschinen lässt sich der Energieverbrauch verringern, zum Beispiel durch Einsatz von Motoren der Effizienzklasse IE2, eines elektromechanischen Dosierantriebs sowie eines wirkungsgradoptimierten Hydraulikantriebs, bei dem die Drehzahl des frequenzgeregelten Pumpenantriebs den unterschiedlichen Bedarfen des Spritzzyklus angeglichen wird.
Wenn es um kurze Zykluszeiten geht, sind schnelle und unabhängige Bewegungen gefragt. Auch hier haben elektrische Antriebe wieder die Nase vorn und erfüllen unter anderem dank kurzer Trockenlaufzeiten und synchronem Auswerferfahren diese Anforderungen umfassend. Doch auch mit Hydraulikspeichertechnik lassen sich gleichzeitige Bewegungen realisieren.
Im Hinblick auf die Antriebstechnik muss betont werden, dass eine elektrische Spritzgießmaschine nicht grundsätzlich die wirtschaftlichste Lösung darstellt. Um diese zu finden, müssen die jeweilige Anwendung und deren Produktionsparameter detailliert betrachtet werden. Letztendlich gilt es, die unterschiedlichen Antriebskonzepte individuell zu kombinieren. Von Vorteil ist hier ein modulares Programm mit hydraulischen, hybriden und elektrischen Maschinen, das ein hohes Maß an Flexibilität bietet. Um aus dieser Vielfalt die effizienteste Maschinenlösung für die jeweilige Anwendung zu finden, bietet Arburg einen Maschinenvergleichs- beziehungsweise Wirtschaftlichkeitsrechner, der alle wichtigen Parameter berücksichtigt, um die Stückkosten zu berechnen. Mit diesem Tool lässt sich zudem auch sehr anschaulich aufzeigen, wie groß der Einfluss der einzelnen Faktoren jeweils ist und in welcher Zeit sich teurere Maschinen amortisieren. Bei diesen Analysen wird immer wieder deutlich, dass eine Verkürzung der Zykluszeit den größten Einfluss auf die Reduzierung der Stückkosten und damit auf die Wirtschaftlichkeit der Spritzteilproduktion hat.
Peripherietechnik
Neben der Spritzgießmaschine wirkt sich auch die Peripherie (wie Robot-Systeme, Temperiergeräte sowie die Materialaufbereitung und -förderung) auf die Effizienz der Produktion aus. Während zum Beispiel die energieaufwendige Drucklufterzeugung bei pneumatischen Systemen negativ zu Buche schlägt, punkten servoelektrische Antriebe in Bezug auf Energieeffizienz und Zykluszeitreduzierung.
Auslegung
Um ein Produktionssystem ganzheitlich zu optimieren, müssen sowohl die Maschine als auch die gesamte Peripherie in Bezug auf die Anwendung und den jeweiligen Herstellungsprozess hin betrachtet und exakt abgestimmt werden. Welch großen Einfluss eine optimale Auslegung hat, zeigt sich am Beispiel der Spritzeinheit am eindrucksvollsten, da bei der Plastifizierung der höchste Energieumsatz stattfindet. Durch die passende Auswahl von Spritzeinheit und Schneckendurchmesser wird nicht nur die Spritzteilqualität, sondern auch der Energieverbrauch maßgeblich beeinflusst.
Je höher die Auslastung einer Spritzeinheit, desto höher ist der Wirkungsgrad und desto geringer der spezifische Energieverbrauch. Eine hohe Auslastung der Spritzeinheit wird wiederum durch kurze Zykluszeiten begünstigt.
Prozessintegration
Eine weitere Maßnahme zur Effizienzsteigerung ist die Prozessintegration durch Automation und Einbindung vor- und nachgelagerter Arbeitsschritte in den Spritzgießprozess. Die Herstellung voll funktionsfähiger Bauteile in einem Produktionsschritt lässt sich durch komplette Fertigungszellen und -linien oder das Montage-Spritzgießen realisieren.
Prozesssteuerung
Bei der Integration von Prozessen wird auch der hohe Stellenwert der Prozesssteuerung deutlich. Durch Integration der gesamten Peripherie lassen sich Bewegungen synchronisieren, Qualität durchgängig steuern und damit die Effizienz der Produktion deutlich steigern. Von Vorteil ist hier eine zentrale Steuerung: Es existiert nur ein gemeinsamer Datensatz für Spritzgieß- und Handhabungsvorgänge, der schnell gespeichert und wieder geladen werden kann, um eine Anlage betriebsbereit zu machen. Dank einer einheitlichen und einfachen Programmierphilosophie kann der Bediener zudem sowohl die Maschine als auch das Robot-System selbst einrichten, was Rüst- und Stillstandzeiten reduziert und damit Kosten spart. Ermöglicht die Steuerung dann auch eine Optimierung des Produktionsablaufs durch eine hoch flexible Programmierung auch von komplexen Prozessen, resultieren daraus wiederum kürzere Zykluszeiten.
Produktionsplanung
Für eine effiziente Spritzteilproduktion ist Zeit immer ein wichtiger Faktor, nicht nur in Bezug auf die Zykluszeiten der Anwendungen. Im Wesentlichen geht es darum, die nicht-produktiven Phasen, in denen auch Energie verbraucht wird, zu minimieren. Dazu gehören Stillstands- und Rüstzeiten sowie Aufheizphasen. Daher gilt es, die Zeiten so gering wie möglich zu halten. Über die präventive Instandhaltung hinaus, gibt es weitere, oftmals vernachlässigte Maßnahmen, um Stillstandszeiten zu reduzieren. Dazu gehören unter anderem die Optimierung der Arbeitsabläufe in der Produktion, zum Beispiel beim Rüsten, oder die vorausschauende Produktionsplanung für den optimalen Einsatz aller Ressourcen.
Neben der höheren Sicherheit für die gesamte Produktion lassen sich durch eine detaillierte Planung auch die Zeiten für Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten zusammenlegen und somit einplanen.
Für eine umfassende Produktionsplanung sind heute rechnergestützte Tools unabdingbar. So liefert ein Leitrechnersystem nicht nur alle Eckdaten, sondern bietet zudem zu jeder Zeit und über Smartphone auch mobil einen aktuellen Überblick über die laufende Produktion.
Fazit
Eine effiziente Produktion zu realisieren, stellt aufgrund der zahlreichen Einflussfaktoren eine anspruchsvolle Aufgabe dar. Oberstes Ziel ist dabei immer, hohe Qualität zu möglichst geringen Stückkosten zu produzieren. Dank des modularen Produktprogramms und einer umfassenden Kompetenz kann Arburg seinen Kunden individuell die optimale Lösung für eine effiziente Spritzteilproduktion anbieten.
Neben der ganzen Technik ist dabei auch immer der Mensch ein entscheidender Faktor. Aufgrund der stetig wachsenden Anforderung ist es wichtig, die Qualifizierung der Mitarbeiter durch laufende Schulungen weiter auszubauen und sie dabei auch für das Thema effiziente Produktion zu sensibilisieren.
Wenn Unternehmen die ganzheitliche Betrachtung darüber hinaus auch auf die weitere Fertigungsumgebung ausdehnen – etwa auf Infrastruktur und die Gebäudetechnik der Produktionsstätte – lassen sich eventuell erhebliche zusätzliche Einsparpotenziale ermitteln, die die Produktion noch effektiver und wirtschaftlicher machen.
Dr. Bettina Keck Arburg GmbH + Co KG, Loßburg

„Der erste Schritt: Potenziale zur Optimierung erkennen“

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Nachgefragt

Herr Heinson, muss wirklich die gesamte Wertschöpfungskette betrachtet werden, um eine höhere Produktionseffizienz zu erreichen?
Jeder Bereich bietet Potenziale zur Effizienzsteigerung – wenn auch in unterschiedlichem Maße. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, sollte man sich mit allen Bereichen befassen. Man muss ja nicht alles auf einmal in Angriff nehmen.
Wie sollte man das Thema angehen?
Ein erster Schritt ist immer, die Optimierungspotenziale der verschiedenen Bereiche zu erkennen und einen individuellen Plan für die stufenweise Umsetzung zu erstellen.
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