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Trotz digitaler Vernetzung behält das Werkzeug seine zentrale Bedeutung

AMB 2018: Werkzeugtechnik
Trotz digitaler Vernetzung behalten klassische Themen ihre zentrale Bedeutung

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Die Entwicklung schreitet rasch voran. Alle reden zwar über die digitale Vernetzung, aber auch die klassischen Themen Schneidstoff, Geometrie und Beschichtung bieten noch große Potenziale. ❧

Mona Willrett

Megatrends wie die Elektromobilität oder die Digitalisierung bringen ganz neue Anforderungen an Präzisionswerkzeuge und deren Einsatz mit sich. Die Entwicklung der zu bearbeitenden Materialien und ihrer Eigenschaften schreitet dynamisch voran. Entsprechend müssen Zerspanwerkzeuge und Bearbeitungsstrategien permanent angepasst werden. Hinzu kommen die ständig steigenden Ansprüche hinsichtlich Prozessstabilität, Präzision, Oberflächengüte, Effizienz und Flexibilität. Sowohl von den Werkzeugherstellern als auch von den Nutzern fordert das viel Kreativität und die Bereitschaft, Gewohntes neu zu denken.

Doch die klassischen drei Themen, die die Leistungsfähigkeit von Zerspanwerkzeugen bestimmen, werden auch künftig viel Raum für Verbesserungen bieten, da sind sich die Experten einig. So unscheinbar sie mitunter auf den ersten Blick scheinen mögen, Weiterentwicklungen bei den Schneidstoffen, Geometrien und Beschichtungen sowie deren anwendungsspezifischer Kombination werden weiterhin für teils spektakuläre Fortschritte in der betrieblichen Praxis von Zerspanern sorgen.

Zu den drei Klassikern der Werkzeugentwicklung gesellt sich nun aber eine vierte Dimension – die digitale Vernetzung. Die neuen Lösungen helfen, Prozesse zu optimieren. So lassen sich etwa Bearbeitungen mit Hilfe eines digitalen Zwillings des realen Werkzeugs simulieren, planen und nachverfolgen. Werkzeuge und Werkzeughalter – ausgestattet mit der nötigen Sensorik – liefern wichtige Daten, mit denen selbst erfahrene Zerspaner ihr Prozessverständnis vertiefen, Schwachstellen identifizieren und Abläufe optimieren können.

Assistenzsysteme wie Toolscope von Ceratizit oder Comara von Walter sind laut Anbieter schnell zu implementieren und helfen dem Nutzer, individuelle Zerspanungsstrategien zu verbessern, Prozesse zu überwachen und zu regeln sowie Werkzeug- oder Bearbeitungsdaten zu sammeln. Mittlerweile beschäftigen sich viele namhafte Werkzeughersteller mit der Digitalisierung. Mapal etwa liefert mit der Open-Cloud-Plattform c-Com eine Lösung, um die gesamte Lieferkette zu vernetzen und so Beschaffung, Verwaltung und Instandhaltung von Werkzeugen deutlich zu vereinfachen.

Hürden, die den Weg solcher Systeme in in den betrieblichen Alltag der Kunden oft noch stören, liegen unter anderem in den – gerade in Zeiten hoher Auslastung – beschränkten personellen Ressourcen, der Sorge über die Datensicherheit, der Qualität der vorhandenen Daten sowie der IT-Infrastruktur. So hat beispielsweise Giari Fiorucci, Vice President Services bei Mapal (Halle 1, Stand D10) die Erfahrung gemacht, dass zwar bei vielen Mittelständlern bereits Projekte in Richtung Industrie 4.0 laufen, diese jedoch meist Insellösungen sind und die Vision für den weiteren Ausbau fehle. Florian Böpple, Manager Digital Manufacturing bei Walter (Halle 1, Stand H30), stellt hingegen fest, dass viele kleine und mittlere Betriebe zwar grundsätzlich motiviert seien, aktiv zu werden, ihnen aber vielfach noch der konkrete Nutzen der angebotenen Lösungen fehle. Und Christian Thiele, Pressesprecher bei Horn (Halle 1, Stand J18) gibt zu bedenken: Digitale Vernetzung biete zwar ganz neue Möglichkeiten, Prozesse zu optimieren. Sie könne ihr Potenzial aber nur ausspielen, wenn das Werkzeug gut genug ist, um die Ergebnisse auch prozesssicher und effizient in Späne umzusetzen.

Markus Kannwischer, Leiter Technik bei Horn, zeigt anhand eines Beispiels, wie die Entwickler ihre Tools immer wieder an neue Anforderungen anpassen: Moderne Verbrennungsmotoren und hybride Antriebskonzepte sind ohne hochwarmfeste Legierungen kaum denkbar. Um diese wirtschaftlich zu zerspanen, lassen sich die Werkzeuge beispielsweise durch den Einsatz von Nano-Hartmetallen adaptieren. In anderen Fällen bringen neue Beschichtungen oder optimierte Bearbeitungsverfahren entscheidende Vorteile – etwa, wenn der steigende Bedarf an Leichtbauteilen Konstrukteure dazu zwingt, vermehrt hochfeste, in der Regel schwer zerspanbare Werkstoffe einzusetzen, Bauteile immer kompakter zu konzipieren oder mehr Funktionen zu integrieren.

Doch nicht nur zu bearbeitende Bauteile werden auf Diät gesetzt. Auch die Werkzeuge müssen aus verschiedenen Gründen kleiner und leichter werden. Dazu setzen die Hersteller zunehmend auf Komponenten aus Titan, Aluminium oder CFK. Oder auf den konstruktiven Leichtbau, indem sie die Trägerwerkzeuge als Schweißkonstruktion konzipieren oder sie als Körper mit inneren Hohlstrukturen generativ aufbauen. Vorteile bieten solche Leichtbau-Tools, wenn hohe Drehzahl, Achs- oder Spindeldynamik gefordert oder das Werkzeugwechselgewicht beschränkt sind. Zudem schonen sie die Maschinenkomponenten.

Was vor wenigen Jahren in der Werkzeugtechnik noch kaum denkbar war, hat sich mittlerweile etabliert: die additive Fertigung. Das Verfahren eröffnet ganz neue Möglichkeiten in der Konzeption und der Fertigung, insbesondere von Trägerwerkzeugen oder Werkzeughaltern. Ein Beispiel dafür ist ein additiv gefertigtes Hydrodehnspannfutter im Kleinstformat von Mapal, das in dieser Kompaktheit konventionell nicht herzustellen wäre. Auch die gezielte Kühlmittelzufuhr an alle Wirkstellen der Mehrschneidenreibahlen der MonoReam-Reihe der Aalener wäre mit konventionellen Fertigungsverfahren nicht möglich.

Außer den Werkzeugen selbst unterliegt aber auch die Prozessführung einer ständigen Weiterentwicklung. Neben dem Optimieren des eigentlichen Bearbeitungsprozesses – etwa durch weiterentwickelte Verfahren oder durch den Einsatz von Kombinationswerkzeugen – spielt dabei die intensive Beratung der Kunden eine wichtige Rolle. Mancher erfahrene Anwender mag kaum glauben, was moderne Werkzeuge zu leisten vermögen. Von den Herstellern ist immer wieder zu hören, wie viel Überzeugungsarbeit nötig ist, bis sich die Kunden in den optimalen Arbeitsbereich der Tools wagen.

Ein weiterer Weg, die Zuverlässigkeit und die Effizienz von Zerspanprozessen zu verbessern, führt über die Automatisierung. Hier spielt auch die Spanntechnik eine maßgebliche Rolle. Die unmittelbare Nähe der Spannsysteme zum Werkstück einerseits und zum Werkzeug andererseits sowie die in der Regel weniger starke thermische Belastung gibt den Konstrukteuren hier zudem die Möglichkeit, mit moderner Sensorik Systemzustände zu erfassen und zu überwachen, oder in Echtzeit Daten aufzunehmen und an die Anlagensteuerung, einen Leitrechner oder in eine Cloud zu übertragen. Damit sind Spannmittel auch ein wichtiges Element der digitalen Vernetzung.

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