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„Viele neue Teile erfordern andere Fertigungssysteme“

Emag-Salach-Chef Jürgen Müller erläutert die Möglichkeiten, die moderne Werkzeugmaschinen bieten
„Viele neue Teile erfordern andere Fertigungssysteme“

Mit welchen Maschinen und Technologien die Salacher Emag-Gruppe sich und ihren Kunden neue Potenziale erschließen will, erläutert Jürgen Müller. Er ist Geschäftsführer der Emag Salach Maschinenfabrik GmbH.

Herr Müller, Sie haben in den letzten Wochen eine ganze Reihe von Neuheiten vorgestellt. Ist angesichts der aktuellen Investitionszurückhaltung jetzt die richtige Zeit für so viele Premieren?

Genau die richtige Zeit! Jetzt müssen wir unseren Kunden zeigen, was wir als Lösungsanbieter leisten können und mit welchen Fertigungsmitteln sie die Talsohle verlassen können. Dazu haben wir einige komplette Neuentwicklungen vorgestellt. Das sind keine Weiterentwicklungen mit fünf, sechs Prozent höherer Leistung, sondern echte Premieren, die zum Teil ganz neue Möglichkeiten bieten.
Welche Möglichkeiten sind das?
Eine dieser Neuheiten ist das Synchro-Stützschleifen – etwa von Kurbel- und Nockenwellen – mit unserer VTC 315 DS. Der Aufbau dieser Maschine unterschiedet sich von allem bisher Bekannten: Der Werkstückspindelstock sitzt oben, der Reitstock unten, es gibt zwei Kreuzschlitten, rechts und links je eine Schleifspindel. Die beiden Schleifscheiben stützen selbst schlanke Wellen so gegenseitig ab,dass viel höhere Zerspanleistungen möglich sind, und dadurch die Hauptzeit auf rund ein Drittel sinkt, im Vergleich zu konventionellen Prozessen. Zudem bieten wir hier eine Vorrichtung an, mit der Wellen exzentrisch um verschiedene Achsen rotieren können. Dadurch ist es möglich, Hublager und Hauptlager in einer Spannung zu schleifen. Ein anderes Beispiel sind die Elektrochemischen Verfahren ECM und PECM mit denen sich Metalle unabhängig von deren Gefügezustand und Härte sehr präzise bearbeiten lassen – und das, ohne thermisch oder mechanisch beansprucht zu werden.
Diese Verfahren hat die jüngste Emag-Tochter Dorner ins Portfolio eingebracht.
Richtig. Die Möglichkeiten, die diese Verfahren bieten, waren einer der Gründe, Dorner zu übernehmen. Aber die Gaildorfer brachten noch eine andere hochinteressante Technologie mit in unsere Gruppe: Wir können jetzt Wellen, beispielsweise Nocken- oder Getriebewellen, auch aus Einzelteilen bauen statt sie aus dem Vollen zu spanen. Das spart gerade bei teuren Werkstoffen viel Geld, bietet die Möglichkeit, einzelne Elemente wie Welle, Nocken, Ritzel oder Lagerstellen aus dem jeweils idealen Werkstoff herzustellen und liefert fix und einbaufertige Werkstücke.
Glauben Sie, dass Zerspaner angesichts brach liegender Kapazitäten auf diese Angebote anspringen werden?
Unsere Kunden sind immer bedarfsgesteuert. Wenn ihre Kapazitäten nicht ausgelastet sind, investieren sie nicht. In absehbarer Zeit wird aber eine ganze Reihe neuer Teile zu bearbeiten sein, für die andere Fertigungssysteme gebraucht werden oder zumindest günstiger sind. Zudem werden die Lose kleiner. Um zu häufiges Umrüsten zu vermeiden, müssen Maschinen und Prozesse flexibler werden. Es ist sicher richtig, dass viele Kunden im Moment bei Investitionsentscheidungen keine Eile haben. Aber wir merken inzwischen, dass das Interesse gerade an unseren neuen Produkten deutlich steigt. Jetzt ist die Zeit, sich den Vorsprung vor dem Wettbewerb zu erarbeiten, der nach der Krise den Unterschied ausmachem wird.
Ein Highlight unter Ihren Premieren ist die Vertikal-Drehmaschinen-Plattform der Baugröße 250. Was ist so speziell daran?
Wir haben den Baukastengedanken konsequent umgesetzt und nutzen die gleichen Technologiemodule – von der Fräs- und Schleifspindel über die Schlitten bis zum Revolver – für die ganze Baureihe. Sie bietet mit der VL 5i ein Standardmodell, mit der VSC 250 eine frontbediente Produktionsmaschine und mit der VLC 250 eine quer bediente Universalmaschine. Die Möglichkeit, alle Komponenten bei allen Modellen einzusetzen, sorgt für Volumeneffekte. Es schafft aber auch die Flexibilität, die Maschinen nun individuell an den Bedarf des jeweiligen Anwenders anzupassen. Er muss keine Systeme mehr kaufen, die einfach zur Ausstattung gehören, die er aber eigentlich gar nicht braucht. Dadurch wird die Maschine preiswerter. Außerdem sind diese Modelle in einem gewissen Rahmen leichter rekonfigurierbar und lassen sich beispielsweise durch zusätzliche Technologiemodule an geänderte Fertigungsaufgaben anpassen. Und nicht zuletzt sind nun auch die Schlitten aus Mineralit, was die mechanische und thermische Stabilität sowie die Dämpfungseigenschaften verbessert.
Auch das Thema Energieeffizienz war den Entwicklern wichtig…
… sehr wichtig! Der Energieverbrauch ist nicht nur aus ökologischer Sicht eine entscheidende Größe, er verursacht im Lauf eines Maschinenlebens auch immense Kosten, über die sich viele Nutzer nicht wirklich im Klaren sind! Unser Ziel war, den Energiebedarf in der Nutzungsphase um 15 Prozent zu senken. Erreicht haben wir 20 Prozent – ausgehend von einer guten Basis! Es ist ein ganzer Strauß von Maßnahmen, der das ermöglicht hat: Energieeffizientere Antriebe, eine clevere Steuerung der Komponenten, so dass sie nur dann Energie verbrauchen, wenn sie tatsächlich arbeiten, ein anderes Schaltschrankkonzept, das den Kühlbedarf deutlich reduziert… Aber auch in der Fertigung haben wir darauf geachtet, sehr sorgsam mit Ressourcen umzugehen.
Werden die Kunden bereit sein, dafür mehr zu bezahlen?
Die Mehrkosten, die dadurch entstehen, fangen wir im Rahmen des neuen Modulsystems auf. Der Kunde muss also für diese Ausstattung nicht mehr bezahlen. Deshalb – und auch weil wir das für einen entscheidenden Aspekt der Zukunftsfähigkeit einer Maschine halten – bieten wir die 250er-Baureihe gar nicht anders an. Im Übrigen haben gerade viele OEMs das immense Einsparpotenzial bei den Energiekosten erkannt. Sie fordern zunehmend solche Lösungen.
Auch andere Maschinenbauer und der Branchenverband VDW bringen das Thema Energieeffizienz stärker in die Öffentlichkeit. Spürt man bereits Auswirkungen?
Es wird viel geredet, aber aus unserer Sicht gibt es zu wenig Ergebnisse. Das reicht uns nicht. Deshalb haben wir konkrete Maßnahmen ergriffen, die zu konkreten Ergebnissen führen. Bei uns sind die entsprechenden Ausstattungsmerkmale keine teuren Optionen, sondern Standard. Sowohl wir als auch unsere Kunden müssen Energie- und Ressourceneffizienter werden. Das vor etwa zwei Jahren aufkeimende Bewusstsein für dieses Thema ist vor dem Hintergrund der Finanz- und Wirtschaftskrise ein wenig in den Hintergrund getreten. Aber spätestens wenn die Energie- und Rohstoffkpreise wieder steigen – und das wird passieren –, brauchen wir Lösungen. Deshalb sind wir überzeugt, dass unser Weg der richtige ist.

Effizienzschub in der Produktion
Neben der Vertikal-Drehmaschinen-Plattform 250, die durch einen konsequent modularen Aufbau die individuelle Konfiguration der Maschine zulässt, stellte die Salacher Emag-Gruppe in den letzten Wochen noch eine ganze Reihe weiterer Maschinen- und Verfahrensneuheiten vor:
  • Das Synchro-Stützschleifen auf der Wellen-Produktionsmaschine VTC 315 DS verbindet die Flexibilität des Pendelhubschleifens mit der Produktivität des Exzenterschleifens. Zwei gegenüber liegende Schleifscheiben bearbeiten die gleiche Stelle des Werkstücks und ermöglichen dadurch bis zu 70 % kürzere Prozesszeiten gegenüber konventionellen Verfahren mit Korundscheiben. Gegenüber CBN-Werkzeugen erfolgt die Bearbeitung in der halben Zeit.
  • Ein Merkmal des Induktions-Pick-up-Härtesystems VL H ist die präzise Energiedosierung. Durch extrem kurze Prozesszeiten kann der Härtevorgang in den Takt der Produktionskette integriert werden. Durch anpassen der Prozessdaten können die unterschiedlichsten Futterteile genau den Vorgaben entsprechend gehärtet werden. Und das bei einem vergleichsweise niedrigen Energieverbrauch.
  • Die Produktions-Laserschweißanlage ELC 160 schafft mehr Freiräume im Teilespektrum. Wo beim Schweißen unterschiedlicher Getrieberäder bislang umgerüstet werden musste, reicht es jetzt, verschiedene Vorrichtungen CNC-gesteuert zu verfahren. Ein neuer Faserlaser reduziert den Energieverbrauch gegenüber dem bisherigen CO2-Laser um rund 70 %.
  • Die PECM-Anlagen PremiumOne und PremiumTwo bearbeiten Metallteile beliebiger Härte, ohne sie dabei thermisch oder mechanisch zu beanspruchen. Durch das elektrochemische Abtragen entstehen Konturen, Ringkanäle, Nuten oder Auskesselungen berührungslos und mit höchster Präzision. Die Reproduzierbarkeit in der Senktiefe liegt zwischen 1 und 2 µm, die Rautiefe Ra bei 0,05 µm. hw
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