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Vom Lohnfertiger zum Highend-Engineerer

Umformtechnik: Binnen zehn Jahren zum Problemlöser für Rollformen
Vom Lohnfertiger zum Highend-Engineerer

Viele Varianten ohne Werkzeugwechsel fertigen, sich im Profil nicht mehr begrenzen müssen oder höherfeste Stähle umformen können. Profilmetall-Chef Roth hat sich als kreativer Problemlöser im Markt des Rollformens einen Namen erarbeitet, um Masse und Klasse gleichermaßen produzieren zu können.

Für einen Stahlproduzenten im Ausland baut Manfred Roth, geschäftsführender Gesellschafter der Hirrlinger Profilmetall GmbH, aktuell eine Anlage mit mehreren Umformstationen als Prototyp. Üblich sind in der Praxis 20 und mehr Stationen, die in der Fachsprache Gerüste genannt werden, technisch sind diese mittlerweile beliebig erweiterbar. Roths Stationen können alle Geometrien darstellen. Und das bei Blechdicken von 0,1 bis 3 mm, Breiten von 10 bis 50 cm und bis zu Stahlfestigkeiten von 1200 MPa.

Denn seit der Unternehmer 2009 den renommierten Maschinenbauer Kurt Rüppel in Marktheidenfeld übernommen hat, bei dem schon zuvor viele Profilierer ihre Maschinen und Umformwerkzeuge gekauft hatten, beherrscht der Ingenieur alle Prozesse von der Entwicklung bis zum Bau der Anlagen aus einer Hand. Damit hat Manfred Roth nicht nur seine Variabilität erhöht, sondern Profilmetall zu einem Alleinstellungsmerkmal verholfen, das auch hohe Komplexitäten realisierbar macht.
Der Profilmetall-Chef , der an den Standorten im schwäbischen Hirrlingen (Lohnfertigung) und im fränkischen Marktheidenfeld (Anlagenbau) mit 100 Beschäftigten 16 Mio. Euro umsetzt, kann mittlerweile den gesamten Herstellungsprozess weit über die einfachen U-, C-, Z- oder Sigma-Profile hinaus simulieren, was in der Branche üblich und vom Markt gefordert wird. 2006 führte er beispielsweise die Finite Elemente Analyse (FEA) ein, die vor allem dazu dient, die benötigten Werkzeuge schneller und kostengünstiger herzustellen.
Ausgangspunkt für die hohe Qualität von Werkzeugen und Profilen ist die Konstruktion, die der Chef systematisch erweitert hat. Somit haben die Umformspezialisten sehr viel Engineering-Erfahrung. Und sie beteiligen sich an EU-weiten Forschungsprojekten, kooperieren an der TU Darmstadt mit dem Institut für Produktionstechnik und Umformmaschinen und sind Mitglied im Fachverband der europäischen Kaltprofilhersteller (ECRA), um eigenen Sachverstand einzubringen und externes Wissen in Weiterentwicklungen aufzunehmen.
Etliche Aufträge kommen aus der europäischen Automobilindustrie. Diese gilt als Innovationstreiber auch in der Verarbeitung hochfester Stähle, um Produktionskosten zu senken oder Entwicklungszeiten zu verkürzen. Auch können durch Kooperationen mit Profilmetall individuelle Kundenwünsche eventuell besser erfüllt, Kraftstoffverbrauch und Emissionen gesenkt oder parallel etwa Lieferzeiten beschleunigt werden, um nur einige Ansatzpunkte zu nennen.
Roth will das Rollformen jedenfalls als flexible Alternative zum standardisierten Tiefziehen etablieren. NC-gesteuerte Werkzeugsysteme können auch in einem kontinuierlichen Herstellprozess mit diesem Verfahren ganze Bauteilfamilien erstellen, wie sie bei skalierbaren Karosseriestrukturen vorkommen. Dass Profilieren Perspektive hat, belegt das Beispiel von Mercedes-Benz. Der Premiumhersteller fertigt den Schweller der aktuellen E-Klasse seit 2009 im Rollformverfahren.
An den reinen Lohnfertiger, der vormals mit 30 Mitarbeitern hauptsächlich für die Baubranche produziert hatte, erinnert in Hirrlingen und Marktheidenfeld nicht mehr viel. Heute werden unterschiedlichste Werkstoffe wie Stahl, Edelstahl, Aluminium und andere Nichteisen-Metalle kundenspezifisch in den gewünschten Längen und Losgrößen verarbeitet. Auch Prototypen und Nullserien formt der Mittelständler. Differenzieren kann sich Profilmetall auch dadurch, dass immer mehr Arbeitsschritte in das eigentliche Umformen integriert werden. Dazu gehören Ausbrüche und Löcher für die spätere Montage, Oberflächenbearbeitung oder Beschichtung.
Immer neue Anwendungen, Verfahren und Technologien tragen Roth und seine Produktmanager seit 2003 über die eigens gegründete Profil-Akademie in die Breite. Seither finden in Hirrlingen regelmäßig Technologietage statt, zu denen Wissenschaftler, Lieferanten aus der Stahl- und Anwender aus der Automobilindustrie und anderen Branchen wie Medizintechnik oder Solarindustrie. So bündelt Roth Wissen und Trends rund um seine Firma; fördert den interdisziplinären Dialog, an dessen Inhalten er ungeschmälert Teil hat, und kann Lösungen aus einer Branche auf eine andere übertragen.
Es sind Maßnahmen wie diese, mit denen Roth und seine Frau Daniela Eberspächer-Roth den Kunden einen Mehrwert bieten. Lohn der Mühe war 2010 der Gewinn des Landespreises junge Unternehmen der L-Bank, um den sich mehr als 420 Mittelständler beworben hatten. Damit würdigte das Land Baden-Württemberg, dass die Eheleute Roth den abhängigen Lohnprofilierer binnen weniger Jahre zum gefragten Engineering-Partner und Systemlieferanten umgebaut und die Zahl der Mitarbeiter auf 100 verdreifacht haben.
Dass der geschäftsführende Gesellschafter der Profilmetall GmbH ausschließlich den Begriff des Rollformens verwendet, während im deutschen auch das „kalte Walzformen“ verbreitet ist, liegt nicht nur am englischen Terminus „rollforming“. Denn die auf Gerüsten montierten Umformwerkzeuge sind nacheinander angeordnete Walzenpaare, die das Blechband stufenweise in den endgültig gewünschten Querschnitt, das Profil, bringen.
Diese Umformung geschieht bei Hallentemperatur, ohne das Material zu erhitzen. Das Walzprofilieren ist also eine reine Biegeumformung mit drehenden Werkzeugen und kein Walzen, weshalb die Begriffe Rollformen und Rollumformen den Prozess präziser beschreiben. Bereits heute werden 8 % der weltweiten Stahlproduktion zu rollgeformten Profilen verarbeitet, was die Vielfalt der Produktlösungen belegt. Technologisch führende Anbieter wie die Profilmetall GmbH, die Blechdicken ab 0,1 mm biegen können, rechnen nicht zuletzt dank moderner Softwarelösungen damit, dass dieser Anteil weiter steigt.
Leonhard Fromm Freier Journalist in Göppingen
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