Startseite » Technik » Fertigung »

Was schon geht mit thermoplastischen Composites

Überrollbügel ist 3 kg leichter dank faserverstärktem Thermoplast-Werkstoff
Was schon geht mit thermoplastischen Composites

Wo Aluminium an Grenzen stößt, erzielen thermoplastische Composites bereits weitere Leichtbau-Erfolge. So entwickelte Quadrant Plastic Composites den Werkstoff GMTex, der bis zu 40 % Gewicht an Strukturbauteilen einsparen soll. Ein Beispiel sind die Überrollbügel des neuen Mercedes SLK.

Bei einem Unfall mit Überschlag in einem offenen Wagen kann meist nur der Überrollbügel schwere Oberkörperverletzungen der Insassen verhindern. Seine Zuverlässigkeit und Stabilität ist unter Umständen lebenswichtig. An diese Entwicklung wagte sich die Quadrant Plastic Composites AG (QPC) im schweizerischen Lenzburg heran, die auf Verbundwerkstoffe mit Endlosglasfaser-Verstärkung in einer Polypropylen- oder Polyamid-Matrix spezialisiert ist.

Um etwaige kritische Punkte frühzeitig beseitigen zu können und eine maximale Belastbarkeit zu erreichen, arbeitete QPC bei der Konzeption des Sicherheitsbauteils eng mit dem Tochterunternehmen Quadrant Metal Plastic Solutions zusammen mit seinem Know-how bei FEM-Simulationen, Komponentenauslegung und Versuchsabsicherung. Als Werkstoff wurde ein Mix aus Glasmatten-verstärktem GMT und dem noch robusteren, Gewebe-verstärkten GMTex verwendet – Materialien aus der QPC-Produktpalette. GMTex bringt eine hohe Steifheit und Dimensionsstabilität ins Bauteil und erreicht eine hohe Aufprallperformance. Gegenüber der Standard-Stahllösung spart der Thermoplast 3 kg Gewicht ein, reduziert die Anzahl der Einzelteile von neun auf nur eine Komponente und senkt somit die Montagekosten, wie QPC mitteilt. Außerdem ist das Material korrosionsbeständig und wiederverwertbar.
Auch die Verarbeitung ist laut QPC einfach: Das Halbzeug lässt sich mittels Pressverfahren direkt in die gewünschte Form bringen – in diesem Fall ein Bügel mit integrierten Querverstrebungen je Sitz auf einer gemeinsamen Trägerleiste. Bei Bedarf kann das Bauteil beliebig nachbearbeitet werden, vom Bohren und Stanzen über das Finishen bis zum Laserschneiden.
Grundlage dafür ist der besondere Aufbau des Werkstoffs: Endlos-Fasern aus Glas oder Synthetikmaterial sorgen für eine enorm hohe Festigkeit. Diese werden entweder als Matten oder aber für extreme Belastungsansprüche als textilartiges Gewebe in eine Matrix aus Polypropylen (PP) oder Polyamid (PA) eingebettet und erzielen auf diese Weise sehr gute Crash-Absorptionswerte.
Zudem sorgt das über einen weiten Temperaturbereich von -40 °C bis +90 °C gleich bleibende Eigenschaftsprofil dafür, dass der Werkstoff auch bei Kälte nicht versprödet und weiterhin ein gutmütiges Bruchverhalten ohne unkontrolliert herumfliegende Bruchstücke aufweist. Das Flächengewicht der GMT/GMTex-Verbundwerkstoffe beträgt trotz hoher Leistungsfähigkeit nur 5,328 beziehungsweise 5,808 kg/m² und damit weniger als die Hälfte einer vergleichbaren Aluminiumplatte.
Die genaue Rezeptur von Verstärkung und Matrix wird jeweils an das Anwendungsprofil angepasst, um den konkreten Anforderungen an Beständigkeit, Schall- und Schwingungsdämpfung, Zähigkeit oder Elastizität zu entsprechen. So lässt sich mit PA beispielsweise eine erhöhte Temperaturbeständigkeit erreichen. Insgesamt umfasst die Produktpalette von QPC derzeit 18 GMT- und 11 GMTex-Varianten. Hinzu kommen die ultraleichten Thermoplaste SymaLITE, die unter anderem Sperrholz oder Hartschäume ersetzen und ohne Klebstoff direkt mit Dekor- oder Funktionsschichten verpresst werden können, sowie die besonders stabilen und witterungsbeständigen Sandwichplatten MultiQ.
Die Glasfaser- und Gewebe-verstärkten thermoplastischen Verbundwerkstoffe von Quadrant Plastic Composites bewähren sich bereits seit längerem für semi-strukturelle Bauteile wie Instrumententafelträger, Heckklappen, Türmodule oder Sitze. SymaLITE wird etwa für die Unterbodenverkleidung des BMW M3 verwendet, wodurch sich außer der Gewichtsreduzierung auch eine verbesserte Akustik und eine geringere Wasseraufnahme realisieren ließen. Eine weitere Neuentwicklung im Bereich struktureller Komponenten aus GMT und GMTex ist neben den Überrollbügeln beispielsweise das Frontend-Modul für Mercedes S-Klasse-Coupés. Hier wurde erstmals eine reine Composite-Lösung ohne zusätzliche Stahlverstärkung verbaut, die alle Ansprüche an Festigkeit, Steifigkeit und Dimensionsstabilität bei Temperaturen bis zu 130 °C erfüllt. Ebenso wurde für einen chinesischen Automobilzulieferer eine Schlechtwege-Kapsel für die teils rauen Straßen der asiatischen Schwellenländer entwickelt, die auf der hohen Bruchsicherheit und Haltbarkeit des GMTex-Materials basiert.
Die Nachfrage nach derartigen Leichtbau-Komponenten steigt weltweit stetig an, vor allem die Möglichkeiten zur CO2-Reduktion spielen eine immer wichtigere Rolle in der Automobilindustrie. QPC will daher nach seinen Werken in der Schweiz, Deutschland, Kanada und Japan 2014 einen weiteren Produktionsstandort in China eröffnen. Bereits heute sieht sich das Unternehmen mit seinen Gewebe-verstärkten Verbundthermoplasten als Marktführer, diese Rolle soll künftig durch die Entwicklung von innovativen Metall-Kunststoff-Hybridmaterialien und den verstärkten Einsatz von Organoblechen, die sich umformen und umspritzen lassen (Lipa-Projekt), noch ausgebaut werden.
Christine Gaßel Freie Fachjournalistin in München

Fokus auf Verbundthermoplaste

Quadrant Plastic Composites AG

Die Quadrant Plastic Composites AG (QPC) mit Sitz im schweizerischen Lenzburg ist spezialisiert auf Glasfaser- und Gewebe-verstärkte Thermoplaste, die Stahl, Aluminium, Sperrholz und andere Materialien ersetzen können. Die Verbundwerkstoffe, die von den rund 220 Mitarbeitern des Unternehmens entwickelt und produziert werden, basieren auf Endlos-Glasfasern in einer Polypropylen- oder Polyamid-Matrix. Die Produktpalette umfasst derzeit 29 Varianten. Die Verbundthermoplaste kommen im Pkw zum Einsatz, aber auch in Nutzfahrzeugen, im Baugewerbe und anderen Branchen. QPC ist Teil der Quadrant-Gruppe, einer Tochter der Mitsubishi Plastics Inc.
Unsere Webinar-Empfehlung
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
Ausgabe
6.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de