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Weicher Anlauf in den Sprühlichtbogen

Wasserkraftturbinen-Hersteller schweißt mit PCS (Puls Controlled Spray Arc)
Weicher Anlauf in den Sprühlichtbogen

Ein über 100 t schweres Laufrad für Wasserkraftanlagen braucht perfekte Schweißverbindungen. Die Fachleute von Andritz Hydro nutzen dafür die neuen Fronius-Kennlinien PCS (Puls Controlled Spray Arc). Ihre Vorteile: tieferer Einbrand, weniger Spritzer und variable Einstellmöglichkeiten.

Bis ins Jahr 1856 reicht die Traditionslinie des Ravensburger Maschinenbauunternehmens: Unter dem Namen Escher Wyss mit Schiffsantriebspropellern weltbekannt, gehört es seit 2006 als eigenständige GmbH zu dem global agierenden österreichischen Konzern Andritz Hydro. Schweißfachingenieur Bodo Gieselmann ist sich der herausgehobenen Marktposition bewusst. „Laufräder sind das Herzstück der Erzeugung elektrischer aus kinetischer Energie. In Europa gehören wir zu den wenigen und sind in Deutschland die einzigen, die sie im 200-Tonnen-Format herstellen.“ Bis ins Jahr 2013 reichen die Aufträge.

Diesen Vorsprung behaupten die Verantwortlichen bei Andritz Hydro und ihre rund 460 Mitarbeiter mit verinnerlichter Leistungsbereitschaft. Das Schweißen hat dafür zentrale Bedeutung: An einem 200 t schweren Francis-Laufrad wiegt allein der Zusatzwerkstoff 5,5 t, der an den Nähten zwischen den dicken Stahlguss-Stücken verarbeitet wird. Die Schweißergebnisse werden zu 100 % geprüft und protokolliert. Das breite Spektrum der verarbeiteten Metallwerkstoffe reicht von Schiffsbronze und Kupferlegierungen bis hin zu wasservergüteten, hochfesten Qualitäten. Wasserkraftseitig wird in Ravensburg meist rostfreier Edelstahl verwendet.
„Beim Fertigen eines Kraftwerksteils wie dem Hochleistungs-Turbinenlaufrad zählt in erster Linie die Qualität der Verbindung, nicht die Zahl der geschweißten Meter pro Zeiteinheit“, erklärt Gieselmann. „Wir können schweißen, wo andere das nicht mehr schaffen“, macht Wolfgang Hartl klar, einer der 60 Schweißtechniker. Das bezieht sich nicht nur auf die Ausmaße der Laufräder und den tief in die Fügestelle eindringenden Lichtbogen. Dies bezieht sich auch auf die Zugänglichkeit in den Anschlussquerschnitten der Schaufeln und das genaue Einstellen der Leistung im oberen Bereich.
Ein kompetenter Partner ist Fronius mit Hauptsitz in Wels/Österreich. Die Schweiß-Fachleute von Andritz Hydro zählen zu den Anwender-Pionieren der Fronius-Innovation PCS (Puls Controlled Spray Arc). „Der pulsgeregelte Sprühlichtbogen ist hinsichtlich Leistungsstärke gegenwärtig das Beste auf dem Markt“, erklärt Gieselmann.
PCS wurde bei Fronius entwickelt und kombiniert den Impuls- mit dem Standard-Sprühlichtbogen so, dass die anwenderbezogenen Vorteile kumulieren. Die Ravensburger Anwender haben die speziell für ihren Bedarf spezifizierten PCS-Kennlinien im Speicher ihrer Schweißsysteme TransPuls Synergic 5000 verfügbar. Ihre Bedienoberfläche ist die mobile Bedieneinheit RCU 5000i.
Der Prozess zielt darauf, beim Hochleistungsschweißen ein außergewöhnlich großes Einstellfenster im oberen Leistungsbereich zu schaffen. In der Praxis heißt das, dass das Schweißen mit abgesenkter Leistung, zum Beispiel auf 50 %, „weich“ im Impulsbereich beginnen kann. Nach einem wählbaren Zeitraum steigern die Schweißer die Leistung auf den jeweiligen Arbeitspunkt der Kennlinie. Das besondere Merkmal des Prozesses zeigt sich im übergangslosen Erreichen des „aggressiven“ Sprühlichtbogens.
Bei dünnen Blechen stellt die Kennlinie einen Arbeitspunkt im Bereich des Impulslichtbogens ein, bei dicken direkt – oder im Anschluss an die abgesenkte Startleistung – den Sprühlichtbogen. Für den Nahtabschluss mit Endkraterfüllung gilt analog der umgekehrte Ablauf. Den Gesamtablauf kann der Schweißer als Job speichern.
Die wichtigsten Vorteile der neuen Kennlinien sind ein tieferer Einbrand, höhere Schweißgeschwindigkeit, höhere Abschmelzleistung, kurzschlussfreies Schweißen im Bereich von 1,5 bis 22 m/min Drahtvorschub, variable Einstellmöglichkeiten im Impulsbereich und der spritzerarme Werkstoffübergang.
„Der konzentrierte Lichtbogen reicht tief in die Fuge und ergibt so ein kontrollierbares Anschmelzverhalten der Nahtflanken“, beschreibt Gieselmann den Folgenutzen. „Deshalb können wir den Flankenwinkel um bis zu 20 Prozent reduzieren. Das vermindert den Aufwand für die Vorarbeit. Auch das Schweißen in Zwangslagen ist leichter.“
Die höhere Leistung des aggressiven PCS-Sprühlichtbogens bringt weitere Vorteile: Weil schneller geschweißt wird, ist der lokale Wärmeeintrag geringer. Analog reduziert sich der thermisch bedingte Verzug. Das nahezu spritzerfreie Schweißen, kombiniert mit der geringen Haftung eventueller Spritzer, wirkt sich in geringerer Nacharbeit aus. Bei gleicher mechanischer Belastbarkeit sind die Nahtüberhöhungen jetzt deutlich kleiner.
„Für uns ist die PCS-Kennlinie optimal“, resümiert Schweißtechniker Wolfgang Hartl. „Die Technik ist leicht handhabbar und ermöglicht ein sicheres Durchschweißen.“
Gerd Trommer Fachjournalist in Gernsheim

PCS-Kennlinie

Konventionelle Kennlinien definieren beim Impulslichtbogen die Zahl der abschmelzenden Tropfen über die Frequenz der Spannungs- und Stromänderungen. Im Vergleich dazu ist der Sprühlichtbogen durch eine undefinierte, sehr hohe Tropfenzahl gekennzeichnet. Die neue PCS-Kennlinie führt den Impuls- und den Standard-Sprühlichtbogen ohne Übergangslichtbogen zusammen: Vom reinen Impulslichtbogen her kommend gleicht PCS die Frequenz an die des Sprühlichtbogens an. Charakteristisch dafür ist der sehr kurze und druckvolle Sprühlichtbogen mit schmalerem und tieferem Einbrand.
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