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Finsterle schweißt Fahrzeugteile mit dem Roboter

Automatisierte Stahlbearbeitung
Finsterle lässt Fahrzeugteile vom Roboter schweißen

Von handlich bis tonnenschwer: Finsterle fertigt unterschiedlichste Bauteile für den Fahrzeugbau. Bei der Produktion von zehn Baugruppen aus Stahl und Feinkornstahl setzt das Metallbauunternehmen aus Dürmentingen auf Automatisierung: Roboter-Schweißzellen von EWM verkürzen die Produktionszeit und entlasten die Mitarbeiter.

» Anja Ehrmann, Journalistin bei Additiv PR in Montabaur

Die Finsterle GmbH fertigt Schweißkonstruktionen und Baugruppen aus Stahl und Feinkornbaustahl an. Beliefert werden Kunden aus den Bereichen Sonderfahrzeug- und Kranbau sowie Maschinen- und Anlagenbau. Dabei sind die Bauteile zwischen 500 g und 20 t schwer, angefangen von Getriebekonsolen über Abstützböcke bis hin zu Auslegern.

Die Komponenten werden im Fahrzeugbau dazu verwendet, um beispielsweise entstehende Vibrationen und Kräfte gezielt abzufangen. Finsterle beschäftigt an seinem Hauptsitz in Dürmentingen im Kreis Biberach über 100 Mitarbeiter. Als Lohnfertiger legt das Metallbauunternehmen großen Wert auf Flexibilität. „Die Anforderungen an die Produktion sind vielfältig“, sagt Markus Finsterle, technischer Geschäftsführer der Finsterle GmbH. „Verschiedene Bauteile mit unterschiedlichen Geometrien müssen innerhalb definierter, meist knapp bemessener Zeiträume entstehen. Und wir wollen natürlich stets zufriedenstellende Ergebnisse liefern.“

Dabei hat auch Finsterle mit dem allgemein vorherrschenden Fachkräftemangel zu kämpfen. Für das Vorwärmen von Feinkornbaustahl und das anschließende Schweißen setzt der Metallbauer daher künftig auf eine automatisierte Lösung.

Zwei Roboterschweißzellen fertigen

Bauteile aus Feinkornbaustahl müssen zunächst angewärmt werden, damit sie ohne Rissbildung geschweißt werden können. Das erfolgte bislang manuell. Doch Losgrößen von über 1.000 bewegten Finsterle zu einer Umstellung des Prozesses. Schweißgeräte der EWM GmbH aus Mündersbach sind bei dem Metallbauer schon seit längerer Zeit im Einsatz, daher beauftragten die Schwaben den erfahrenen Anbieter modernster Schweißtechnologie mit der Entwicklung einer Roboter-Schweißzelle.

Das EWM Vertriebs- und Technologiezentrum in Neu-Ulm konzipierte zwei separate Schweißzellen. Bestandteil der einen Zelle ist ein Dreh-Kipp-Tisch mit einer Tragkraft von 500 kg, in den kleinere Bauteile eingespannt werden. In der anderen Zelle wurde ein Dreh-Kipp-Tisch mit einer Tragkraft von 1.100 kg installiert, um größere und schwerere Bauteile einzuspannen. Ein verschiebbares Gegenlager sorgt für maximale Flexibilität, da der Roboter damit auf unterschiedlich lange Bauteile eingestellt werden kann. Auch lange Teile, die schwerer als 1.100 kg sind, lassen sich so bearbeiten.

Vorwärmen mit Autogenbrenner erfolgt automatisiert

Zum Vorwärmen führt der Roboter einen Autogenbrenner zum Bauteil. Dazu nimmt er den Brenner über eine pneumatische Kupplung auf und fährt über eine externe Zündstation. Der Gasfluss startet und die Brennerflamme kann zünden. Parallel zum Autogenbrenner ist ein Schutzrohr mit einem optischen Sensor montiert. Dieser überprüft, ob die Brennerflamme im Bedarfsfall zündet.

Die Flamme bewegt sich über das Bauteil und erwärmt es auf 80 bis 120 °C. Nach dem Vorwärmen wird der Gaszufluss gestoppt und der Roboter setzt den Autogenbrenner an der Parkposition ab. Dann erfolgt der Werkzeugwechsel. Der Roboter bewegt sich zur gegenüberliegenden Seite der Zelle und nimmt über die druckluftbetriebene Kupplung den MIG/MAG-Schweißbrenner auf.

Vorwärmprozess und Programmierung der Schweißbahn erfolgen durch Teachen. Dazu fährt ein Programmierer die Schweißnähte mit dem Brenner ab und speichert Bahn sowie Schweißgeschwindigkeit. Mit der Überführung in den automatisierten Prozess wurden erhöhte Anforderungen an die Zulieferer der Bauteile gestellt. Nur wenn die Komponenten entsprechende Toleranzen einhalten, ist sichergestellt, dass sich die Schweißnaht an der gewünschten Stelle befindet.

Schweißdraht wird zum Messtaster

Besondere Herausforderungen stellt die Fertigung dünnwandiger Anbauteile dar. Dann kann es leicht zu einem Wärmeverzug kommen. Um ein optimales Schweißergebnis zu erzielen, muss die genaue Position des Bauteils festgestellt werden. Der Teachprozess ist dazu nicht geeignet. Zum Einsatz kommt stattdessen der Schweißbrenner, der die Drahtspitze des Zusatzwerkstoffes als Messtaster nutzt. Der Schweißdraht wird von oben zum Bauteil geführt. Kommt es zum Kontakt, entsteht ein Kurzschluss. Daraus leitet das Programm die genaue Position des Bauteils ab. Sechs Punkte reichen dazu aus.

Hohe Schweißnaht-Qualität und kaum Nacharbeit

Die beiden eingesetzten Schweißgeräte Titan XQR 400 puls befinden sich gut geschützt an der Rückseite der Roboterschweißzellen. Durch die zahlreichen Schweißprogramme ist die Titan sehr gut geeignet für die unterschiedlichen Schweißaufgaben des Lohnfertigers. Sämtliche innovativen Schweißprozesse sind durch die RCC-Invertertechnologie optimiert, dank der Steuerung direkt anwählbar und serienmäßig auf jedem Schweißgerät verfügbar.

Weitere Merkmale sind ein hoher Wirkungsgrad und eine für EWM typische Langlebigkeit. Anwender profitieren von einer gleichbleibend hohen Qualität der Schweißergebnisse. Da beim Schweißen mit Impulslichtbogen kaum Spritzer entstehen, verringert sich die Nacharbeit deutlich. Die reduzierte Wärmeeinbringung senkt den Verzug von Bauteilen, was sich positiv auf den gesamten Schweißprozess auswirkt.

Produktionszeit deutlich reduziert

Mit dem Umstieg auf das automatisierte Schweißen hat Finsterle die Produktionszeit erheblich verkürzt. „Als wir noch manuell geschweißt haben, benötigten wir eine halbe Stunde“, sagt Markus Finsterle. „Mit der Roboteranlage konnten wir den Schweißprozess pro Bauteil um zehn Minuten verkürzen.“

Ein weiterer Vorteil der Anlage: Während der Roboter schweißt, kann parallel geheftet werden. Auch eng aneinander liegende Rohrstutzen und andere komplexe Bauteile, die schwierig manuell zu schweißen und schlecht zugänglich sind, lassen sich mithilfe des Roboters und des Drehtisches nun einfacher und schneller realisieren. Der Drehtisch richtet das Bauteil dabei in jede beliebige Richtung aus, sodass überwiegend in der idealen Wannenlage geschweißt werden kann.

Roboter ermüden nicht und entlasten den Schweißer

Doch nicht nur bei komplexen Bauteilen überzeugt der Roboter. Vor allem bei hohen Stückzahlen und einfachen Bauteilen spielt er seine Vorteile aus, da er dauerhaft präzise schweißt. Fehlerraten lassen sich dadurch minimieren und die Prozesssicherheit steigt. Übernimmt der Roboter ständig wiederkehrende, eintönige Arbeiten, können sich die menschlichen Kollegen anderen wertschöpfenderen Aufgaben widmen.

Zusätzlich sorgt die automatisierte Fertigung von komplexen, mitunter schwer zugänglichen Bauteilen für eine Entlastung der Mitarbeiter. Nicht zuletzt stärkt der Einsatz von Robotern auch die Position des Unternehmens auf dem Arbeitsmarkt. „Junge Fachkräfte nehmen uns als attraktiven Arbeitgeber wahr“, betont Markus Finsterle. „Das liegt insbesondere an der Automatisierung von Schweißprozessen. So sichern wir uns einen Wettbewerbsvorteil – ein bedeutender Aspekt im Hinblick auf den bestehenden Fachkräftemangel und Kampf um Nachwuchs.“

Youtube: Schweißfertigung bei Finsterle

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