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Gleichstrom Fabrik: Der Weg zum Plug&Play-System

Fabrik der Zukunft
Gleichstrom in der Produktion

Gleichstrom in der Produktion
Das große Potenzial der Gleichstromversorgung in der Produktion liegt in der Kopplung aller elektrischen Anlagen der Fabrik zu einem DC-Smart-Grid. Bild: Nataliya Hora/Fotolia
Das große Potenzial der Gleichstromversorgung in der Produktion liegt in der Kopplung aller elektrischen Anlagen der Fabrik zu einem DC-Smart-Grid. Dabei winken auch energetische Einspar- und Flexibilitätspotenziale.

Prof. Dr.-Ing. Alexander Sauer
Sebastian Weckmann M.Sc.
Institut für Energieeffizienz in der Produktion EEP der Universität Stuttgart

Noch vor 125 Jahren gewann Nikola Tesla mit der Wechselstromtechnologie gegen Thomas Alva Edison, der Gleichstrom (DC) favorisierte, den „Stromkrieg“. Im Zuge der Energiewende wiederum wird die Gleichstromtechnologie ein Schlüsselelement in der Energieübertragung sein. Innovationen in der Halbleitertechnik ermöglichen diesen Wandel und führen dazu, dass wir bereits heute unbemerkt in einer Gleichstromwelt leben. Gleichstromnetze werden etwa bei der Energieübertragung im Hochspannungsbereich, der Integration von Photovoltaikanlagen und Batterien, in Rechenzentren sowie in Bordnetzen von Flugzeugen, Schiffen und Autos eingesetzt.

Auch in der industriellen Produktion wird Gleichstrom verwendet: In Produktionsanlagen wie Spritzguss-, Werkzeug- und Verpackungsmaschinen oder in Industrierobotern werden Antriebe per Servoumrichter gezielt mit Wechselströmen bewegt. Innerhalb der Umrichter wird die Wechselspannung des Netzes im Zwischenkreis zunächst in Gleichstrom umgewandelt, um daraus für den Motor einen in der Frequenz und Amplitude veränderbaren Wechselstrom bereitzustellen.

Kopplung zum DC-Smart-Grid

Wird ein Mehrmotorensystem genutzt, kommen häufig zentrale Einspeiseeinheiten zum Einsatz. Ein Gleichrichtermodul erzeugt in diesem Fall einen Gleichstromzwischenkreis, der mehrere Servoumrichter speist. Über diesen Zwischenkreis können Antriebe rekuperierte Bremsenergie austauschen und so die Systemeffizienz erhöhen. Entsteht im Zwischenkreis ein Energieüberschuss, wird dieser entweder über Bremswiderstände verheizt oder in das Versorgungsnetz zurückgespeist. Die sich ergebenden Netzrückwirkungen verzerren die Netzspannung und „verschmutzen“ so das Netz. Um solche Verschmutzungen zu vermeiden, werden passive und aktive Netzfiltertechnologien verbaut.

Neben diesen Netzverschmutzungen sind kurzfristige Spannungseinbrüche oder ausfälle aus dem externen Versorgungsnetz für moderne Fertigungsanlagen kritisch.

Wird die Energieversorgung von Antrieben und Steuerungen ungeplant unterbrochen, fallen diese Geräte aus. Dadurch drohen erhebliche Produktionsausfälle und Fehlproduktion. Daher sind stabile Stromversorgungsnetze für automatisierte und synchronisierte Produktionen eine Grundvoraussetzung.

Das große Potenzial der Gleichstromversorgung in der Produktion liegt in der Kopplung aller elektrischen Anlagen der Fabrik zu einem DC-Smart-Grid (siehe Bild). Dieses ermöglicht es, die elektrische Versorgung einfach zu stabilisieren und kann so die Verfügbarkeit der Produktion steigern. Ein schnelles Anpassen des Energiesystems an den optimalen Betriebspunkt ermöglicht das Erschließen energetischer Einspar- und Flexibilitätspotenziale. Dabei verzichtet das DC-Smart-Grid in seiner Grundfunktion auf zusätzliche IT-Komponenten und Kommunikationsinfrastruktur, da die physikalischen Größen Spannung und Strom zur stabilen Regelung ausreichen.

Um die Transformation zur Gleichstromfabrik zu beschleunigen, bedarf es der einfachen Projektierung von DC-versorgten Anlagen sowie des DC-Netzes. Die Kommunikation für erweiterte Analyse- und Optimierungsaufgaben sowie die Energieübertragung muss über festgelegte Schnittstellen zwischen den verbrauchenden und versorgenden Komponenten erfolgen. Hauptziel ist dabei der Ausgleich von Energieerzeugung und -verbrauch von Netzteilnehmern mit der besonderen Anforderung, dass Lastprofile, aber auch Erzeugerleistung sich ungesteuert verändern.

Einfache Schnittstellen für die Gerätetechnik

Mit einem verteilten, robusten Regelungssystem und einfachen Schnittstellen für die Gerätetechnik verfolgen das Institut für Energieeffizienz in der Produktion (EEP) der Universität Stuttgart und das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA im vom BMWi geförderten Forschungsprojekt DC-Industrie das Konzept eines DC-„Plug and Play“-Systems: Erfüllen die Hardwarekomponenten die spezifischen Anforderungen, kann ein DC-Smart-Grid im Baukastensystem projektiert und aufgebaut werden. Die Einstellung der Regelparameter werden mit eigens dafür entwickelten Werkzeugen ermittelt und dabei gleichzeitig die Projektierung hinsichtlich der Netzspezifikation überprüft.

Ein wesentliches Element zukünftiger DC-Smart-Grids werden elektrische Energiespeichersysteme sein. Die Auslegung eines solchen ist abhängig vom elektrischen Aufbau und dem charakteristischen Lastverlauf der Maschine oder des Maschinensystems sowie der Charakteristik des Energiespeichers.

Testumgebung prüft vor dem industriellen Einsatz

Im Rahmen des Forschungsprojekts Fast Storage Baden-Württemberg II (FSBWII) entstand eine Testumgebung (Virtuelle Lastmaschine), die es erlaubt, Antriebsumrichter, Schalt- und Schutztechnik sowie Energiespeicher und Wandler für den Einsatz in einer Produktionsanlage zu prüfen. Zukünftig dient diese Testumgebung dazu, das reibungslose Zusammenwirken der unterschiedlichen, herstellerübergreifenden DC-Smart-Grid-Komponenten zu validieren.

Ziel ist eine Hardware-In-The-Loop-Umgebung, die Energiespeichertechnologien, Leistungselektronikkomponenten, Schutz- und Schalttechnik sowie Messsysteme für das Energiemanagement vor dem Einsatz in der Industrie prüft. In Verbindung mit einer Produktionssimulation können damit reale Anwendungsfälle und Produktionsabläufe als Szenario in die Testumgebung überführt werden.

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