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Hybride Antriebe auf Flüssen und Kanälen

Energiewende
Hybride Schiffsantriebe mit Oswald Elektromotoren

Oswald Elektromotoren ist auf Einzelstücke und Kleinserien spezialisiert. Das passt gut zum Schiffbau: Derzeit werden 40 Tanker mit eigens dafür entwickelten Hybridantrieben ausgestattet.

» Tobias Meyer, freier Reporter in Zirndorf

Aufgrund von immer strikteren Abgasregelungen interessieren sich Reedereien zunehmend mehr für ökologische Antriebskonzepte. Im schärfsten Fall dürfen ältere Kähne schon jetzt nicht mehr durch den eigenen Diesel in den Hafen einfahren, sondern müssen durch moderne Schlepper gezogen werden. „Daher sind Hybridantriebe zunehmend gefragt, sie ermöglichen Treibstoffeinsparungen zwischen 20 und 60 Prozent“, sagt Geschäftsführer Johannes Oswald. „Unsere Synchronmotoren sind auch im Teillastbereich hocheffizient und sparen im energiehungrigen Schwerlastschiffsverkehr schnell zehntausende Liter Kraftstoff.“ Seit 15 Jahren entwickelt und baut der bayerische Mittelständler große E-Antriebe für Schiffe, vor allem für Windensysteme. Vor etwa fünf Jahren entwickelte das in Miltenberg ansässige Familienunternehmen dann auch entsprechend ausgelegte Direktantriebe, so dass diese Branche inzwischen zu einem gängigen Geschäft geworden ist.

Das übergeordnete Antriebskonzept „vom Steuerhaus bis zum Propeller“ erarbeitete der niederländische Projektpartner Hybrid Ship Propulsion (HSP): Die ersten Ergebnisse der Zusammenarbeit waren ein Schubboot und ein Schlepper, deren je zwei Motoren so vorher noch nie gebaut worden waren: Bei ersterem waren 600 kW bei 600 min-1 gefordert, der Schlepper benötigte Maschinen mit 800 kW bei 1500 min-1, jeweils als Synchronmotor ausgeführt. „Genau hier liegt die Stärke der Firma Oswald: Wir konfigurieren und fertigen Motoren als Kleinserie oder auch als Einzelstück auf individuellen Kundenwunsch“, erklärt Thomas Bachmann, bei Oswald zuständig für Vertrieb und Export.

Maritime Energiewende

Derzeit fertigt man den bisher größten Auftrag in diesem Bereich: 40 Öko-Tanker benötigen je zwei Motoren, der speziell dafür ausgelegte TF46.100 leistet 500 kW und 14920 Nm bei 320 U/min. Kunde ist die Werft Concordia Damen, auf deren Parsifal-Entwurf die Schiffe basieren. Gechartert werden diese wiederum vom Shell-Konzern über die Reederei VT-Group. Die 110 m langen Schiffe eignen sich laut Werft bestens für das Netzwerk aus Flüssen und Kanälen in Deutschland, Belgien und den Niederlanden. Durch den geringen Tiefgang sei der Betrieb auch bei Niedrigwasser möglich. „Die Parsifal-Tanker repräsentieren eine neue Generation von Ökologie-bewussten Seefahrzeugen, die eine tragende Rolle in der maritimen Energiewende spielen werden“, ist sich Concordia-Damen-CEO Chris Kornet sicher. Seiner Ansicht nach sei es elementar, sich jetzt mit den Herausforderungen des Klimawandels auseinanderzusetzen, um zwischen 2030 und 2050 dann bereits gut aufgestellt zu sein. Als Antrieb fungiert daher ein Hybrid aus den Oswald-E-Motoren und Erdgasmotoren von MAN-Rollo, letztere sind im Schiffbau ebenfalls noch eine sehr kleine Nische. Für den grüneren Treibstoff LNG (Liquefied Natural Gas) musste die Werft aber etwas Frachtraum abgeben, denn das bei -162 °C gebunkerte Gas benötigt einen isolierten Tank, was mehr Platz beansprucht als der bisherige Diesel. Das Netz an LNG-Tankpunkten wird weiter ausgebaut, in Mannheim etwa entsteht eine Anlage.

Individuell angepasste Gehäuse für den Hybridantrieb

Für den vergleichsweise großen Auftrag von 80 Motoren hat Oswald das Motordesign bezüglich Gehäuse und Klemmkasten optimiert: Bisher wurde auf der Oberseite ein zugekaufter Schaltschrank liegend montiert, darin sind auch Lüfter und Wärmetauscher für die Flüssigkeitskühlung untergebracht. Im neuen Gewand kommt nun alles buchstäblich aus einem Guss: „So konnten wir die Luftzirkulation verbessern, das komplette Gehäuse ist sehr stabil sowie begehbar und zu guter Letzt sieht es natürlich auch noch sehr gut aus“, sagt Bachmann. „Normalerweise brauchen wir ab Auftragsvergabe lediglich zwei bis drei Wochen, dann gehen die ersten Zeichnungen in die Fertigung. Durch die komplette Neugestaltung haben wir nun eher zwei bis drei Monate für diesen Schritt benötigt, profitieren jetzt aber natürlich auch zukünftig von einem optimierten Motordesign.“

Trotz allem zusätzlichen Aufwand konnte Oswald die ersten sechs Motoren bereits pünktlich liefern, vier weitere sollen in Kürze folgen. „So hat die Werft nun einen guten Puffer, die restlichen Maschinen können wir dann monatlich Just-in-time liefern, sodass das letzte Schiff im Dezember 2024 fertig in See stechen kann“, sagt Christian Eck, Bereichsleiter Prüffeld und Elektrofertigung bei Oswald.

TÜV für Wasserfahrzeuge

Der unter anderem auf Schiffbau spezialisierte Zertifizierer Lloyd’s Register nimmt die Motoren auf dem Oswald Prüfstand ab, übliche Praxis in der maritimen Branche: „Das ist vergleichbar mit dem TÜV im Straßenverkehr, nur eben für Wasserfahrzeuge“, so Eck. „Der erste Motor einer Serie durchläuft einen ausführlichen Belastungstest, wobei vor allem Leistung, Drehmoment und Wirkungsgrad in verschiedenen Drehzahlbereichen geprüft werden“, erklärt Eck. Die berechneten und gemessenen Wirkungsgrade liegen unter Volllast bei 97 % und selbst bei 10 % der Leistung noch bei 96 %. Die restlichen Motoren müssen dann nur noch Leerlauftests mit äquivalenten Werten absolvieren. Lloyd’s ist aber dennoch bei jedem Motor auf dem Prüfstand vor Ort dabei und kontrolliert insbesondere die Druckprüfung des Kühlsystems sowie die durchgeführten Isolationsmessungen.

„Wir haben uns bewusst für die Rolle des Komponentenherstellers entschieden und verweisen auf unseren jeweiligen strategischen Partner, wie etwa HSP, wenn direkte Anfragen zu entsprechenden Projekten an uns gerichtet werden“, sagt Bachmann. Denn der niederländische Partner übernimmt neben der Planung auch den Service für den kompletten Antriebsstrang, samt Verbrennungsmotor, Umrichter und Stromspeicher. So hat der Reeder einen lokalen Ansprechpartner und dementsprechend schnell Zugang zu Experten mit maritimem Background. „Bisher haben wir sehr viel positives Feedback bekommen. Die Branche der Schiffbauer ist sehr familiär, jeder kennt jeden. Hätte es Probleme mit unseren Antrieben gegeben, wüssten das schnell alle“, ist sich Bachmann sicher. Stattdessen liegen beim Partner HSP bereits etliche weitere Projekte auf dem Reißbrett, viele davon werden wohl wieder mit Oswald-Motoren realisiert. Leistungstechnisch wäre für den Motorenhersteller noch lange nicht das Ende erreicht: Bis zu 3,5 MW seien schnell und problemlos machbar. Auch noch größere Antriebe – notwendig für den Wasserverkehr auf den Ozeanen – seien möglich.

Elektrische Antriebe sind die Zukunft

Aktuell sind bereits etwa 70 Oswald-Motoren auf Hybridschiffen aktiv. Künftig sei aber auch der Verbrenner als Generatorantrieb nicht mehr zwangsläufig gesetzt, denn auch Brennstoffzellen oder Container-große Batterien können die Energieversorgung übernehmen: „Die Propellerwelle aber wird sich künftig immer öfter elektrisch drehen“, dessen sind sich die Oswald-Experten sicher.

Kontakt:
Oswald Elektromotoren GmbH
Benzstr. 12
63897 Miltenberg
www.oswald.de

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