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Die Modernisierung von Logistikanlagen lohnt sich

Intralogistik
Die Modernisierung von Logistikanlagen lohnt sich

Es muss nicht gleich ein Neubau sein, wenn ältere Logistikanlagen für die Digitalisierung fit gemacht werden sollen. Oft reicht ein Retrofit, um neue Techniken zu integrieren und veränderte Prozesse zu etablieren. Zugleich lässt sich die Effizienz der Anlage für viele Jahre sichern.

Die durchgehende Vernetzung von Produktion und Logistik, die Etablierung einer Supply-Chain, die alle Wertschöpfungsstufen umfasst. Das sind nur zwei von zahlreichen Anforderungen, mit denen Unternehmen beim Übergang ins digitale Zeitalter konfrontiert werden. Auch bei intralogistischen Prozessen stehen große Veränderungen an. Starre Logistikstrukturen werden ersetzt durch lückenlose Informationsflüsse. Doch was bedeutet das eigentlich für bestehende Logistikanlagen?

Durch die Digitalisierung von Geschäftsprozessen und die innerbetriebliche Vernetzung der einzelnen Funktionsbereiche stoßen ältere Logistikanlagen schnell an die Grenzen ihrer Erweiterungsfähigkeit. Unabhängig von Industrie 4.0 gibt es aber auch ganz praktische Gründe für eine Modernisierung. Zum Beispiel wenn sich wegen fehlender Kompatibilität eine neue Hard- oder Software nicht mehr integrieren lässt. Auch ein gehäuftes Auftreten von Störungen oder Problemen bei der Ersatzteilversorgung belasten die Produktivität der Anlage.

Doch bevor eine aufwendige Überholung in Angriff genommen wird, sollten zuerst die Anforderungen genau definiert werden. Nur so lässt sich der konkrete Modernisierungsbedarf ermitteln. Ein seriöses Angebot für ein Retrofit setzt immer eine intensive Bestandsaufnahme der vorhandenen Ausstattung voraus. Das Ziel dabei ist, die Anforderungen an die Modernisierung möglichst präzise zu bestimmen und Risiken bei der Umsetzung zu vermeiden. Darüber hinaus sollten betroffene Unternehmen bei der Wahl eines Partners darauf achten, dass die Kernkompetenzen in den Bereichen IT, Software und Steuerungstechnik liegen. Diese technischen Bereiche sind elementar, um die Grundlagen für die Logistik 4.0 in einer bestehenden Anlage zu schaffen.

Für die Umsetzung der Maßnahmen bieten sich herstellerneutrale Dienstleister besonders an, da diese bei der Auswahl neuer Systeme wie Fördertechnik oder fahrerloser Transportsysteme (FTS) nicht auf einen Anbieter fixiert sind. Damit das Retrofit den Anlagenbetrieb so wenig wie möglich stört, sollte das Vorhaben zudem genau geplant und terminiert werden. „Materialflusssysteme müssen regelmäßig modifiziert oder erweitert werden, damit der Betreiber zum Beispiel auf veränderte Kundenbedürfnisse eingehen kann“, erklärt Ralf Lüning, Geschäftsführer der Unitechnik Systems GmbH, einem Spezialisten für die Modernisierung von Logistikanlagen. „Ein Retrofit sollte sinnvollerweise mit diesen funktionalen Veränderungen kombiniert werden, denn so lassen sich die Stillstandszeiten minimieren.“

Eine Grundsatzentscheidung ist dabei, ob die Umstellung auf die neue Technik schrittweise über mehrere Wochen oder im Rahmen eines so genannten „Big Bang“ gebündelt an einem verlängerten Wochenende erfolgen soll. Beide Vorgehensweisen haben ihre Vor- und Nachteile. „Wer sich für den ‚Big Bang‘ entscheidet, reduziert natürlich den Aufwand vor Ort“, weiß Lüning. „Dafür ist es aber erforderlich, die komplette Anlage im Vorfeld intensiv zu testen, um zu verhindern, dass beim Start mit der neuen Technik etwas schiefgeht.“ (weitere Infos zu den Vorgehensweisen sind in den beiden Kästen zusammengefasst).

In der Regel sind Logistikanlagen für eine Lebensdauer von 10 bis 15 Jahren ausgelegt. Durch ein Retrofit steigt sie auf 20 bis 30 Jahre – eine Verdopplung. Deswegen ist eine Modernisierung grundsätzlich eine lohnende Investition. Wann welche Anlagenkomponenten einer Verjüngungskur unterzogen werden sollten, hängt von den Produktlebenszyklen ab. Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass Stahlbau und Fördertechnik sehr robust sind und bei guter und regelmäßiger Wartung eine Lebensdauer von mehreren Jahrzehnten haben. Die Steuerungstechnik inklusive Sensorik und Antriebstechnik hält im Schnitt 10 bis 20 Jahre.

Speziell bei der Sensorik führt die mechanische Beanspruchung im Betriebsalltag aber häufig zu vorzeitigen Defekten. Das wird spätestens dann ein echtes Problem, wenn die Produkte vom Hersteller abgekündigt werden und es auf dem Markt keine Ersatzteile mehr gibt. Der kurzlebigste Teil ist jedoch die IT-Ausstattung, die mit Abstand den schnellsten Veränderungen unterliegt. Rechnersysteme und mobile Endgeräte wie Scanner, Handhelds oder Pick-by-Voice-Geräte sind in der Regel nur 5 Jahre im Einsatz. Ähnlich verhält es sich mit dem Lagerverwaltungssystem, kurz LVS. Als „Gehirn“ der Logistikanlage steuert es den Materialfluss und muss bei veränderten Geschäftsprozessen entsprechend angepasst werden. Auch die vielen Schnittstellen zu anderen IT-Systemen lassen das LVS zu einem wichtigen Faktor werden, wenn es um die Zukunftsfähigkeit einer Logistikanlage in Zeiten von Industrie 4.0 geht. „Unternehmen brauchen deswegen vor allem intelligente IT- und Steuerungskonzepte, wenn sie die Lebensdauer ihrer Anlagen effektiv verlängern wollen“, weiß Ralf Lüning aus Erfahrung.

Das Upgrade der alten Logistik-IT auf die neueste Technikstufe erschließt dem Anlagenbetreiber einen massiven Zuwachs an Funktionalitäten. So ermöglichen zeitgemäße Lagerverwaltungssysteme eine bessere Konnektivität mit MES-, ERP- und SCM-Systemen. Auf diese Weise entsteht ein durchgängiger Datenfluss. Informationen können entlang der Supply-Chain in Echtzeit ausgetauscht werden. Das ist zugleich die Voraussetzung, um über Unternehmensgrenzen und Wertschöpfungsstufen hinweg die Materialflüsse und Bedarfe effizient zu steuern. Außerdem lässt sich ein modernes LVS schnell an geänderte Kundenanforderungen, Lagerstrukturen und Artikelspektren anpassen. Nicht zuletzt können moderne und kostengünstige Endgeräte aus dem Consumerbereich genutzt werden. Vor der Entscheidung für ein neues LVS sollten die Verantwortlichen außerdem die Möglichkeit prüfen, ob und wie sich autonome Techniken wie Roboter, Shuttles oder fahrerlose Transportsysteme in die komplette Anlage integrieren lassen, denn sie sind wesentliche Bestandteile einer modernen Intralogistik. Durch eine freie Gestaltung der Fahrwege und eine einfache Skalierbarkeit schaffen sie zudem mehr Flexibilität. Logistische Anforderungen, die sich immer wieder ändern können, lassen sich so einfacher abbilden.

Lagerverwaltungssysteme der neuesten Generation besitzen grafische Oberflächen und Touchscreens. Die Bedienung ist ergonomisch und intuitiv. Dadurch verringert sich auch die Zeit für die Einarbeitung neuer Mitarbeiter wesentlich. Zum Funktionsumfang moderner Systeme gehören außerdem eine stufenlos zoombare Anlagenvisualisierung. Dabei kann der Anwender bis auf die Sensorebene in das Anlagenlayout eintauchen. Störungen an einzelnen Komponenten werden über eine Alarmfunktion farblich markiert und lassen sich deswegen schnell beheben. Eine weitere wichtige Hilfestellung bei der Identifikation von Fehlerursachen bieten sogenannte Replay-Funktionen. Damit kann der Anwender aufgezeichnete Daten in Zeitraffer abspielen und so den Zustand der Anlage zum Zeitpunkt einer Fehlfunktion reproduzieren.

Moderne LVS lassen sich zudem über mobile Endgeräte bedienen. Die Mitarbeiter sind damit nicht mehr an einen bestimmten Arbeitsplatz gebunden, wenn es darum geht, den Zustand der Anlage zu überwachen oder Buchungen durchzuführen. Mit einer App auf dem Endgerät kann der Betreiber überall und jederzeit auf die Daten der Logistikanlage zuzugreifen. Voraussetzung dafür ist, dass die Daten in einem Internetserver gespeichert werden, also in einer Cloud. Unterm Strich steigert ein modernes LVS die Verfügbarkeit einer Anlage und sorgt für mehr Transparenz in Betrieb und Wartung.

Jedes Retrofit sollte darauf abzielen, ein durchgängiges Steuerungskonzept zu etablieren und somit die Antriebs- und Steuerungstechnik aller Anlagenteile zu homogenisieren. Herstellerneutrale Dienstleister wie Unitechnik verfügen über große Kompetenzen auf diesem Gebiet, da sie auch im Neuanlagengeschäft für alle Bestandteile der Lager- und Fördertechnik grundsätzlich eine einheitliche Steuerung konzipieren. Diese verringert die Komplexität der Systemlandschaft, vermeidet Schnittstellenprobleme und erleichtert die Instandhaltung. Die Vorteile einer einheitlichen Steuerung zeigen sich in der täglichen Praxis. Egal, in welchem Anlagenteil der Nutzer einen Schaltschrank öffnet oder sich in die Steuerung einwählt, um zum Beispiel einen Fehler zu suchen – er findet überall die gleiche Struktur vor.

Schließt das Retrofit auch die Bussysteme mit ein, sollte unbedingt der Einsatz von IP-basierten Lösungen wie beispielsweise Profinet geprüft werden. Der Vorteil dieser Technik ist, dass sich neben dem leitungsgebundenen Netzwerk auch ein industrielles WLAN einrichten lässt. Auf diese Weise können stationäre Komponenten wie die Fördertechnik und mobile Fahrzeuge in einem Netzwerk verbunden werden.

Retrofits sind ohne Zweifel eine nachhaltige Investition, mit der sich die Lebensdauer einer Logistikanlage verdoppeln lässt. Dabei sollte aber nicht nur der standardmäßige Austausch alter Komponenten gegen neue im Fokus stehen. Die größten Effizienzsteigerungen werden dann erzielt, wenn die Funktionalität der gesamten Anlage mit Blick auf künftige logistische Herausforderungen gestaltet wird. Vor allem durch neue Informations- und Steuerungstechnik lassen sich veränderte Prozesse und Abläufe abbilden und die Produktivität der Anlage verbessern. So wird aus einer Kostenposition eine langfristige Investition in die digitale Zukunft. (ub)


Die schnelle Nummer: Big Bang

Für die Modernisierung einer Logistikanlage gibt es grundsätzlich zwei Vorgehensweisen. Die erste ist die schnelle Variante und trägt passenderweise den Namen „Big Bang“. Dabei erfolgt der Umbau von der alten auf die neue Technik in einem Schritt, zum Beispiel an einem verlängerten Wochenende oder während der Betriebsferien. Dieser sehr kurze Umstellungsprozess ist geeignet für kleinere bis mittlere Umbauten. Der Aufwand vor Ort hält sich in Grenzen. Auch müssen das alte und das neue System nicht miteinander verknüpft werden. Allerdings ist eine hoher Testaufwand über eine Emulation notwendig, um Risiken zu minimieren. Neue Mitarbeiter werden auf Basis der Emulation eingearbeitet.


Die gemütliche Tour

Ein Big Bang ist nicht jedermanns Sache. Wer sich für die Überarbeitung seiner Intralogistik lieber Zeit nehmen will, dem seit ein Retrofit in Etappen empfohlen. Bei dieser Vorgehensweise erfolgt der Umbau in Teilschritten, die typischerweise an mehreren Wochenenden stattfinden. Der gesamte Prozess kann durchaus einige Monate dauern. Diese eher gemütliche Tour ist bei sehr großen Umbaumaßnahmen nicht nur angebracht, sondern erforderlich. Unterm Strich ist der Aufwand vor Ort deutlich höher als bei einem Big Bang, denn es müssen Schnittstellen zwischen der alten und der neuen Technik eingerichtet werden, damit das System nach jeder Etappe wieder funktioniert. Dem Anwender bleibt dabei die Option, auf die alte Technik zurückzugreifen. Und die Mitarbeiter können sich schrittweise an die neue Technik gewöhnen.


Warten Sie nicht zu lange!

Stahlbau und Fördertechnik sind extrem robust und halten bei guter Wartung mehrere Jahrzehnte. Das heißt aber nicht, dass die komplette Anlage so lange vor sich hin rödeln soll. Das Herz der Intralogistik ist immer die IT-Ausstattung, das Lagerverwaltungssystem. Hier kann es schon nach 5 Jahren bei den Schnittstellen zu anderen IT-Systemen klemmen. Ein Update wirkt Wunder, denn es entsteht ein einheitlicher Datenfluss. So wird Ihre Logistik fast über Nacht wieder zukunftsfähig.

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