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Durchblick im Artikel-Dschungel

Ersatzteillager: Schneller Lieferservice für Trumpf-Kunden
Durchblick im Artikel-Dschungel

Der Maschinenbauer Trumpf hat zusammen mit dem Stuttgarter Intralogistik-Spezialisten Viastore Systems am Standort Ditzingen ein modernes Service- und Verbrauchsteilelager errichtet. Dank effizienter Organisation und einer durchgängigen Verwaltung in SAP ließ sich der Durchsatz deutlich erhöhen.

Der deutsche Maschinenbau boomt. Das zeigen auch die Zahlen des Werkzeugmaschinenherstellers Trumpf. Der Umsatz stieg im Geschäftsjahr 2006/2007 um 18 % auf 1,94 Mrd. Euro. Die positive Entwicklung wirkte sich zudem auf das Service- und Verbrauchsteilelager aus. „Bei diesen Zuwachsraten hätte die Ersatzteilversorgung nicht mehr in unser bisheriges Lager in Schwieberdingen gepasst“, ist sich Stefan Stagel, Leiter der Ersatzteillogistik bei Trumpf, sicher. Da traf es sich gut, dass auf dem Nachbargrundstück am Stammsitz im schwäbischen Ditzingen ein Firmengebäude mit Hochregallager zum Verkauf stand. „Damit konnten wir nicht nur in ein eigenes Gebäude wechseln, sondern haben zudem das Lager näher an die Produktion gebracht.“

Seit rund einem Jahr beziehen die weltweit mehr als 10 000 Trumpf-Kunden von hier aus ihre Ersatzteile und Verbrauchsartikel. Insgesamt befinden sich 28 000 verschiedene Produkte im neuen Service- und Verbrauchsteilelager. Das Spektrum reicht vom O-Ring über Laser-Resonatoren bis zu Förderbändern. Der Kunde erwartet, dass er sein Ersatzteil schnell bekommt. Denn der Ausfall einer Werkzeugmaschine bedeutet den Stopp seiner Produktion. „Fast 90 Prozent unserer Kundenanforderungen lauten auf ‚sofort’ oder ‚heutige Auslieferung’. Das können wir gewährleisten“, so Stefan Stagel.
Um das garantieren zu können, ist eine besondere Lagerorganisation erforderlich. Hinzu kommt die hohe Anzahl an Artikeln, die sich in Gewicht, Größe und Zugriffshäufigkeit deutlich unterscheiden. Und natürlich war ein fester Rahmen durch die Substanz des Gebäudes bereits vorgegeben. Das Lager ist deshalb in vier Bereiche aufgeteilt: In dem schon vorhandenen Hochregallager werden nach einigen Umbauten die großen und schweren Artikel aufbewahrt. Die Ein- und Auslagerung erfolgt beleggeführt mit Hochregalstaplern. Hier ist auch ein manuelles Kleinteilelager für besonders langsam drehende Artikel untergebracht. Dann folgt der Wareneingang, an den sich ein manueller mit Funkterminals bedienter Lagerbereich für schnell drehende, schwere oder große Artikel anschließt. „Hier werden die Ersatzteile eingelagert, die wir häufiger benötigen und die wir daher näher am Versand haben wollten“, erklärt Stagel. Den letzten Bereich nimmt ein Lager für die schnell drehenden Kleinartikel ein.
Gerade dieser Lagerbereich war eine Herausforderung. Im alten Lager war ausreichend Platz für ein manuelles Kleinteilelager. Es erstreckte sich über zwei Etagen. Im neuen Lager in Ditzingen sollten die Teile ebenfalls wieder nahe am Versand untergebracht werden. „Hier stand uns jedoch nur eine Deckenhöhe von drei Meter 65 zur Verfügung. Wir mussten das Lager also deutlich komprimieren“, schildert Stefan Stagel die Ausgangssituation.
Zunächst schien nur ein Karusselllager diese Anforderungen erfüllen zu können. Doch dann besuchte Stagel den SAP-Infotag „Lager- und Transportmanagement“. Hier hörte er den Vortrag eines Experten der Viastore Systems GmbH aus Stuttgart über ein Projekt bei Kaeser Kompressoren, bei dem die gesamte operative Logistik in SAP LES ausgeführt wird. Stagel erinnert sich: „Viastore hat uns eine Lösung präsentiert, bei der alle Mitarbeiter in Wareneingang, Kommissionierung und Versand mit einer einheitlichen Bedienoberfläche direkt in SAP arbeiten. Das war uns sympathisch, denn mit SAP kennen wir uns im Unternehmen aus.“ Zudem ist Viastore nicht nur zertifizierter SAP-Partner, sondern vor allem Anbieter automatischer Lagersysteme. Die Stuttgarter Inralogistik-Experten schlugen vor, für die schnell drehenden Kleinteile ein automatisches, doppelt tiefes Behälterlager einzusetzen. „Für unsere Anforderungen war das die optimale Lösung“, so Stagel. Damit erhielt Viastore Systems den Auftrag, ein dreigassiges automatisches Kleinteilelager (AKL) mit 5000 Stellplätzen zu installieren und das gesamte Lager in SAP LES zu verwalten.
Zwischen automatischem Kleinteilelager und Wareneingang liegt eine etwa 100 m lange Halle. Diese Entfernung musste mit einer Förderstrecke überbrückt werden. Das erforderte eine besondere Organisation der Wareneinlagerung. Denn wegen der unterschiedlichen Artikel und Abmessungen sind die Lagerbehälter in bis zu 16 Module aufgeteilt. „Um die Unterteilung optimal zu nutzen, müsste man 16 Wareneingänge von Artikeln haben, die genau in diesen Behältertyp passen“, schildert Joachim Trauthwein, der bei Viastore in der Planung und im Vertrieb arbeitet. Doch dieser Fall ist selten. Häufiger sind einzelne Module in den bereits eingelagerten Kisten frei, die dann aufgefüllt werden. Doch dazu müssten die Behälter ausgelagert und zum Wareneingang transportiert werden. Durch die Entfernung zwischen Wareneingang und AKL hätte die direkte Einlagerung in die Lagerkiste aber viel Zeit gekostet. Der schon in dem Kasten befindliche Warenbestand wäre zu lange blockiert gewesen.
Die Lösung ist eine zweistufige Einlagerung: Im Wareneingang prüft das SAP-System an Hand der Informationen im Materialstamm, wie groß der Platzbedarf der neuen Waren ist. Wird eine leere Kiste benötigt, wird dies im SAP-Dialog angezeigt und der Mitarbeiter im Wareneingang packt die Ware direkt in eine neue Lagerkiste um. Diese wird auf direktem Weg im AKL eingelagert. Kann die Ware auf ein freies Modul in einen bereits im Lager befindlichen Behälter zugelagert werden, so wird sie für eine zweite Stufe der Einlagerung in einen Transportbehälter (Wareneingangskiste) zwischengelagert. Zur besseren Übersicht sind die Wareneingangskisten in einem grauen Farbton gehalten, während die Lagerkisten blau sind.
Die Wareneingangskiste wird dann über die Förderstrecke zu einem reservierten Kommissionierplatz am AKL transportiert. Parallel löst das Lagerverwaltungssystem die Auslagerung des entsprechenden Lagerbehälters aus, so dass er zeitgleich mit der Wareneingangskiste an der Kommissionierstation eintrifft. Hier packt ein Lagermitarbeiter die neuen Waren aus der Wareneingangskiste in das vorgesehene Modul der Lagerkiste. Dabei werden die vom System vorgesehenen freien Fächer durch einen Lichtstrahl angezeigt und zusätzlich im SAP-Dialog grafisch hervorgehoben. Alle drei Kommissionierstationen sind mit Lichtpositionsanzeigen als Kommissionierhilfe, drei Förderbahnen und einem Automatikscanner ausgestattet. Dadurch spart der Kommissionierer Zeit, denn er muss keine Scan-Pistole mehr in die Hand. „Das sind pro Scan-Vorgang zwar nur wenige Sekunden, aber wir machen diesen Prozess eine halbe Million Mal im Jahr. Das summiert sich schnell zu ein paar Mann-Tagen“, weiß Stagel.
Zu kommissionierende Aufträge werden in eigenen Kisten (Auftragsbehälter) – diesmal in rot – zusammengestellt. Mit Abschluss des Entnahmevorgangs wird eine Liste ausgedruckt, auf der alle Artikel sowie deren Anzahl vermerkt sind. Das SAP-System ist so konfiguriert, dass die Liste immer dem letzten Auftragsbehälter einer Lieferung beigelegt wird. Die Auftragsbehälter werden im AKL zwischengelagert, das somit auch als Versandsorter dient. Sind alle Auftragsbehälter zu einer Lieferung bereit gestellt, erfolgt der Transport sortiert nach Verpackungsreihenfolgen über eine Förderstrecke zu einem der sechs Packplätze, wo sie mit den restlichen Artikeln aus den anderen Lagerbereichen zusammengeführt werden. An diesen Packstationen werden auch Lieferschein, Versandlabel und Rücklieferschein ausgedruckt und beigepackt. Stagel: „Hier wird quittiert, dass der Auftrag fertig kommissioniert ist.“
Alle Prozesse sind direkt im SAP-System integriert. „Wir bilden nicht nur die Aufteilung der 5000 Lagerplätze in jeweils bis zu 16 Modulen ab, sondern synchronisieren auch vier Lagerbereiche“, schildert Jürgen Engelhardt, SAP-Spezialist bei Viastore, die Herausforderung an das System. Dazu führt SAP kontinuierlich Verfügbarkeitsprüfungen durch. Erst wenn alle Teile eines Auftrags aus den anderen Lagerbereichen im Packbereich vorliegen, wird die Auslagerung der Auftragskisten aus dem AKL angestoßen. „Vor allem aber sind die Datenbestände im Lager durch die Verwaltung unter SAP komplett transparent für die Mitarbeiter. Dazu haben wir den SAP-Standard so weit wie möglich genutzt. Nur die Arbeitsabläufe haben wir durch spezielle Dialoge optimiert“, so Engelhardt. Für die Buchungsvorgänge werden die standardmäßig in SAP integrierten Funktionalitäten genutzt. Die Organisation der unterschiedlichen Behälter, die Anzeige des richtigen Moduls zur Zulagerung und Entnahme über die Lichtpositionsanzeigen oder eine Restmengenzählung sind mit SAP-Erweiterungen realisiert, die von Viastore entwickelt wurden.
„Mit dem System haben wir die Sicherheit erhöht und die Durchlaufzeit verringert“, zeigt sich Stagel zufrieden. „Sonderbestellungen schaffen wir jetzt innerhalb einer halben Stunde, ohne dass andere Aufträge dafür liegen bleiben.“ Die rund 60 Mitarbeiter des Lagers schaffen derzeit mehr als 1000 Aufträge pro Tag.
Dr. Matthias Schweizer Fachjournalist in Filderstadt
Lichtstrahl zeigt auf die vorgesehenen Fächer
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