Startseite » Technik » Logistik »

Im Vorhof zur Hölle

Stapler: Scharfer Beschuss mit Spritzeisenkugeln
Im Vorhof zur Hölle

Die Produktion beim Automobil-Zulieferer Hundhausen ist nur was für harte Jungs. Auch die Stapler müssen einiges an Hitze und Druck aushalten. Für diesen extremen Einsatz hat der Hersteller Hyster die Fahrzeuge mit speziellen Extras versehen.

Wenn 1500 °C heiße Spritzeisenkugeln mit Tennisballgeschwindigkeit auf einen Stapler zurasen, kann dem Zuschauer schon mal das Herz in die Hose rutschen. Ralf Leiffels, Leiter Instandhaltung bei der Walter Hundhausen GmbH & Co. KG, sieht den Staplerbeschuss eher gelassen. Er weiß, dass die die Fahrzeuge für diesen Einsatz im so genannten Vorhof zur Hölle gut gerüstet und die Fahrer geschützt sind: „Wo andere Hersteller aufhören, da fängt Hyster erst an“, meint Leiffels. Vier neue, komplett für diesen Spezialeinsatz umgebaute Schwerlaststapler, hat der Automobil-Zulieferer Walter Hundhausen über das Zeppelin Key Account Management in Osnabrück bezogen. Dazu nochmals rund 30 Frontstapler für die innerbetriebliche Logistik. Die Schwerlaststapler oder „Big Trucks“ mit einer Tragfähigkeit zwischen 14 und 16 t sind unmittelbar in den Produktionsprozess in der Gießerei eingebunden. Bei Hundhausen wird hochwertiger Sphäroguss hergestellt. Die Stapler füllen zunächst das Rohmaterial wie Stahlschrott, Roheisen, Ferrosilizium und Zusatzstoffe in Öfen. Dort wird das Material chargiert und geschmolzen. Das entstandene Flüssigeisen wird daraufhin vom Stapler zu einem Konverter transportiert. Durch Zugabe von Magnesium wird das Flüssigeisen in einen Zwischenzustand, einem metastabilen Eisenkohlenstoffsystem, gebracht. Hierbei tritt Flüssigkeit in Form von 1500 °C heißen Spritzeisenkugeln aus, die auch Zungen genannt werden. Da Magnesium ein reaktionsfreudiges Metall ist und der Dampfdruck bei der Behandlungstemperatur bis zu 10 bar erreicht, ist die Reaktion von Licht und Rauch begleitet. Der Druck ist sehr stark, sodass enorme Kräfte auf den Stapler einwirken, der mit der Schmelze bestückt ist. Das behandelte Eisen wird dann von einem Big Truck mit entsprechender Arbeitsausrüstung in Vergießöfen gefüllt, durch Impfung in der Vergießeinrichtung in Sphäroguss überführt und schließlich in sandgefüllte Formkästen gegossen. Der Einsatz im Produktionsprozess ist für den Stapler eine Herausforderung. Gegen die fliegenden Spritzeisenkugeln müssen die Big Trucks geschützt sein. Ebenso müssen sie dem Druck der Schmelze standhalten können. Hinzu kommt die Dauerbeanspruchung, denn die Fahrzeuge sind sechs Tage pro Woche im Dreischichtbetrieb rund um die Uhr im Einsatz. Insgesamt müssen die Stapler unter diesen extremen Bedingungen jeweils 6900 Betriebsstunden pro Jahr bewältigen. Dieses Pensum ist schon bei einem normalen Einsatz beachtlich.

Deswegen wurden die Big Trucks von der Zeppelin Baumaschinen GmbH in Bremen, dem Exklusivpartner von Hyster in Deutschland, in einer Gießerei-Ausführung geliefert und mit Spezialbauteilen ausgerüstet, damit sie der besonderen Belastung standhalten. Zu dieser „Hundhausen-Ausstattung“ gehört ein Druckluftkommpressor für das externe Ansteuern des Deckels auf den kundeneigenen Konvertern. Hinzu kommt eine integrierte Drehvorrichtung in Gießereiausführung mit zusätzlichen Hitzeschutzblechen gegen Funkenflug, feuerfeste Hydraulikschläuche, eine Stahldachabdeckung auf der Fahrerkabine, eine hitzebeständige Frontscheibe, ein Kolbenstangenschutz für die Neigezylinder sowie Kotflügelverlängerungen als Reifenschutz.
Außerdem besitzen die Stapler eine integrierte Waage mit Anzeige in der Fahrerkabine zum Wiegen des transportierten Materials, eine Zentralschmieranlage und einen Russpartikelfilter. Schließlich sind die Fahrzeuge mit einem Zugangssystem ausgestattet, das es nur dem jeweils registrierten Fahrer erlaubt, die Maschine zu bewegen.
Die Standardversion umfasst außerdem ein Automatikgetriebe, Schutzsysteme für Motor und Getriebe sowie eine robuste Antriebsachse. Die ersten Hyster Big Trucks setzte Hundhausen bereits 1970 ein. Die ältesten Modelle, die momentan noch in der Fertigung als Standby-Geräte ihren Dienst leisten, sind zwei Big Trucks aus dem Jahr 1977 mit einer Tragfähigkeit von jeweils 12 t. „Unglaublicherweise haben die Fahrzeuge auch unter diesen harten Bedingungen über dreißig Jahre durchgehalten und funktionieren immer noch“, wundert sich Ralf Leiffels. Mittlerweile setzt Hundhausen auch für den normalen innerbetrieblichen Materialumschlag ausschließlich Hyster-Stapler ein. Dazu gehören rund 30 Frontstapler der Fortens-Serie mit Tragfähigkeitsklassen von 2,5 bis 5,5 t sowie einige Gabelhubwagen. Die Frontstapler sind ebenfalls sechs Tage pro Woche im Dreischichtbetrieb im Einsatz und transportieren Gitterboxen, Gussbehälter, Kernregale und Sandkübel. Die besondere Herausforderung bei diesem Einsatz besteht darin, dass die Stapler rund um die Uhr unterwegs sind, lange Strecken in engen Gängen zurücklegen müssen und dabei voll beansprucht werden. Ein ständiger Wechsel zwischen „volle Fahrt vorwärts“ und „volle Fahrt rückwärts“ ist normal.
„Die Geräte anderer Hersteller haben das auf Dauer nicht mitgemacht und sind zum Teil schon nach 6000 Betriebsstunden mit Getriebe- oder Motorschaden oder beidem gleichzeitig ausgefallen“, so die Erfahrung von Leiffels. „Die Hyster-Stapler hingegen fahren auch nach 15 000 Betriebsstunden noch munter durch die Gegend.“ Für Harald Thum, Produktmanager bei Zeppelin, liegt das vor allem am patentierten, intelligenten Getriebe von Hyster, das dem Stapler sowohl hydrostatische als auch wandlerähnliche Fahreigenschaften ermöglicht. Hinzu kommen laut Thum die volle Reversierbarkeit der Fahrzeuge und die wartungsfreie Ölbadlamellenbremse. Aufgrund der guten Erfahrungen hat Hundhausen nun die komplette Flotte auf Hyster umgestellt. „Unser Ziel war, den Staplerbestand auf einen Hersteller zu reduzieren“, so Leiffels. „Das ist uns Ende 2007 in Zusammenarbeit mit dem Zeppelin Key Account in Osnabrück gelungen.“
Alexander Bock Zeppelin Baumaschinen GmbH, Garching
Verlängerte Kotflügel schützen die Reifen

35 t Schmelzleistung pro Stunde
Die zur Georgsmarienhütte Holding gehörende Walter Hundhausen GmbH & Co. KG beschäftigt derzeit 641 Mitarbeiter. Der Jahresumsatz liegt bei 120 Mio. Euro. Das Werk in Schwerte produziert qualitativ hochwertige Sphäroguss-Elemente für die Automobil-Industrie und den Maschinenbau. Zu den Kunden gehören Unternehmen wie BMW, MAN, Mercedes, SAF und Jost. Hundhausen zeichnet sich aus durch Liefertreue, Flexibilität in der Produktion und eine hohe Qualität des Endprodukts. Die Nachfrage ist deshalb konstant hoch. Dies führte zu Investitionen in neue Produktionstechnologien am Standort. Im Jahr 2006 waren es rund 10 Mio. Euro. In diesem Jahr soll zusätzlich ein Kupolofen mit einer Schmelzleistung von 35 t pro Stunde in Betrieb genommen werden.
Unsere Webinar-Empfehlung
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
Ausgabe
6.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de