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Nach dem Prinzip der Sonne

Industriebau: Beheizungsstrategien in Logistikhallen
Nach dem Prinzip der Sonne

Laufende Kosten der Gebäudetechnik machen bis zu 10 % der Lagerhaltungskosten aus – ein nicht unerheblicher Teil davon entfällt auf die Heizung. Der Logistik-Dienstleister DHL setzt in Ludwigsau auf Dunkelstrahler.

Im logistischen Prozess entfällt ein Teil der Lagerhaltungskosten auf die laufenden Kosten der Gebäudetechnik, die bis zu 10 % ausmachen können. Dazu zählen unter anderem die Instandhaltung der Tore, die Wartung der Sprinkleranlage – und die Beheizung der Hallen. Zwar benötigt der überwiegende Teil der eingelagerten Güter nur ein Minimum an Wärme, dennoch ist im Ein- und Auslagerprozess und im logistischen Konzept Mann zur Ware eine Beheizung unumgänglich.

Die Arbeitsstättenverordnung schreibt vor, dass für Mitarbeiter ein beheizter Arbeitsplatz mit einer Raumtemperatur von 17 °C bereitgestellt werden muss. Die Beheizung erfüllt aber auch andere Funktionen. Beispielsweise muss sie die Frostfreihaltung der Sprinkleranlagen gewährleisten und, falls es sich um oxidationsempfindliche Güter wie Blankstahl handelt, die Räume kondensatfrei halten.
Der Kälteeinfall findet hauptsächlich im Be- und Entladebereich statt. Auch wenn die Tore über Anfahrpuffer verfügen, kommt es dort zu großen Lüftungswärmeverlusten während der Öffnung- und Schließzeiten und während des Be- und Entladevorgangs. Selbst das einzulagernde Stückgut befördert abhängig von der Masse Kälte in den Raum. Im ungünstigsten Fall wirkt ein frisch eingebrachtes Gut wie ein Eisblock.
Um Waren termingerecht an den Kunden ausliefern zu können, nutzt der Logistik-Dienstleister DHL europaweit Lagerflächen, von denen aus die Ware mehr oder weniger weiterverarbeitet an den Kunden geliefert wird. Exemplarisch für viele Standorte ist das Distributionszentrum in Ludwigsau bei Kassel zu nennen. Der neue DHL-Standort wurde für Versandhandelskunden errichtet. Seit dem Frühjahr 2007 werden von dort aus Kunden in Deutschland und Europa beliefert. Die Gestaltung von Lager- und Umschlagsbereich sowie das Konzept Mann zur Ware ermöglichen eine effiziente Abwicklung aller Prozesse, zu denen auch Konfektionierung oder Sortimentserstellung gehören.
Die Hallenfläche der zwei Gebäude beträgt insgesamt 35 000 m². Gebäude 1 wurde in drei Hallenbereiche unterteilt. Sie dienen mit einer Fläche von 22 000 m² und einer Höhe von 10,5 m als reines Lager. 22 Tore, die überwiegend als Sektionaltore dienen, sind an den Längsseiten angeordnet. Gebäude 2 ist die Umschlaghalle. Das rechteckige Gebäude hat eine Fläche von 10 300 m² und eine Höhe von 8 m. An den Längsseiten sind 50 Sektionaltore angeordnet. Hülle und Dach beider Gebäude wurden in Sandwichbauweise ausgeführt und gelten mit einen U-Wert von 0,4 W/m2 K als gut gedämmt.
„An die Beheizung stellt so eine Halle gleich mehrere Anforderungen. Der Bauherr wünscht eine preissensible Planung, das heißt mit möglichst wenigen Geräten eine ausreichende Heizung, deren Wärme sich gleichmäßig im Raum verteilt – trotz hoher Luftwechsel. Der Betreiber – oder wie im Falle DHL der Mieter – wiederum wünscht eine energiesparende Heizung, deren Leistung ausreicht, um die Kältebrücke an den Toren zu egalisieren, ohne dass ihn die Energiekosten auffressen. Quasi ein Spannungsfeld, in dem wir uns bewegen“, meint Wolfgang Müller, Heizungsplanung Logistik bei der Schwank GmbH.
Jährlich beheizt das Kölner Unternehmen in Deutschland rund 1,2 Mio. m² Logistikfläche, weltweit über 8 Mio. Der Spezialist in Sachen Logistikhallen reift für die Beheizung nur in wenigen Fällen auf konventionelle Systeme zurück, fast 99 % der Logistikhallen beheizt Schwank mit Infrarotstrahlern, meist mit sogenannten Dunkelstrahlern.
Weil bei diesem Heizungssystem die Wärme nicht durch Luft übertragen wird, sondern durch Wärmestrahlung, nimmt Zugluft durch häufig geöffnete Hallentore nur unwesentlichen Einfluss auf das Raumklima. Denn Dunkelstrahler arbeiten nach dem Prinzip der Sonne. Die Wärme wird in Form von elektromagnetischen Wellen übertragen. Wo diese auftreffen, werden sie absorbiert und in Wärme umgewandelt. Dunkelstrahler erwärmen so das im Raum befindliche Lagergut, die Mitarbeiter und den Fußboden. Das ist auch der Grund, weshalb die Umgebungstemperatur kühler sein kann und es im Extremfall selbst bei geöffneten Hallentoren immer noch von den Mitarbeitern als behaglich empfunden wird. Die Wärme entsteht erst an der Oberfläche des Körpers, egal ob dabei die Temperatur der Umgebungsluft minus 10 °C oder plus 10 °C beträgt.
Wolfgang Müller: „Unsere Heizungsplanungen basieren auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Mit einer deutschen Lehranstalt haben wir mehrere klassische Logistikhallen über Monate hinweg auf Wärmeverteilung hin untersucht. Die Ergebnisse sind direkt in die Planung bei DHL mit eingeflossen.“ Wichtig sei es jedoch, meint Wolfgang Müller weiter, genau zu erfragen, wie das Nutzungsverhalten der Betreiber ist.
In den Hallen bei DHL Ludwigsau wurden die Dunkelstrahler unmittelbar im Torbereich angeordnet. Über die direkte Reflexion der Wärmestrahlung an Hallenboden und -wände sowie über die Sekundärverteilung der Luft verteilt sich die Wärme gleichmäßig im Raum bis zur gewünschten Raumtemperatur von 17 °C. Selbst zwischen den Regalgängen am hinteren Ende der Halle erreicht die Temperatur so den gewünschten Wert – das Phänomen der „verteilenden Strahlung“.
Die Vorteile der Systeme liegen auf der Hand. Während Strahlungsheizungen primär den Fußboden, die Wände, das Lagergut und die Mitarbeiter erwärmen, müssen luftgeführte Systeme ständig gegen die entweichende warme Luft „anheizen“. Dunkelstrahler dagegen bringen die Wärme direkt in den Aufenthaltsraum des Menschen. In Hallen mit hohem Luftwechsel lassen sich so die Energiekosten um bis zu 50 % im Vergleich zu konventionellen Heizsystemen senken. Abhängig von der Energieeinsparung wirkt sich proportional die Reduzierung von CO2 aus.
Der günstige Verbrauch der Geräte rührt auch daher, dass Infrarotwärme vom Menschen als wärmer empfunden wird. Die Raumtemperatur lässt sich so um 3 °C senken – ohne Einbußen an die Behaglichkeit. Im Durchschnitt spart die Reduzierung um 1°C etwa 6 bis 7 % Energie, 3 °C sparen demnach 18 bis 21 % Energie. Für die Beheizung der Lagerfläche von 22 000 m² hat Schwank 22 Dunkelstrahler installiert. Dies entspricht einer Leistung von 1232 kW. Nur 8 Geräteeinheiten mit insgesamt 480 kW Heizleistung waren nötig, um die 10 300 m² große Umschlaghalle zu beheizen.
Michael Bäter Journalist in Mannheim
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