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Variantenvielfalt unter Kontrolle

Automobilzulieferer Schäfer-Oesterle macht Schluss mit falschen Lieferungen
Variantenvielfalt unter Kontrolle

Die Schäfer-Oesterle GmbH gehört als Mitglied der Sellner Group zu den Marktführern im Bereich der Veredlung des Interieurs exquisiter Fahrzeugmarken. Im Wareneingang, Lager und Warenausgang nutzt der Automobilzulieferer mobile Datenerfassungssysteme mit Bild-Dokumentation für die Schadenserfassung.

Die Ausstattung von Premium-Fahrzeugen mit edlem Interieur aus Holz, Aluminium, Carbon und Lack gehört zu den Spezialitäten der Sellner Group. Mit rund 1450 Mitarbeitern an neun Standorten und einem Jahresumsatz von 200 Mio. Euro gehört die Unternehmensgruppe weltweit zu den führenden Automobilzulieferern für Interieurkomponenten. Zu den Kunden zählen namhafte Autobauer wie Porsche, BMW, Audi, Daimler und Rolls Royce.

Im Würzburger Werk der Sellner Group, der Schäfer-Oesterle GmbH, zählt die Belederung von Oberflächen zu den Kernkompetenzen. Hier sorgen 150 Mitarbeiter dafür, dass Interieurkomponenten mit teilweise komplexen Geometrien glatt, geschmeidig und ohne Faltenwurf mit hochwertigen Lederoberflächen versehen werden. Auch sehr kleine Bauteile wie Verstellrädchen bis hin zu den Lamellen für die Luftaustrittsdüsen werden mit handwerklichem Geschick veredelt.
Über 5000 verschiedene Produkte hat Schäfer-Oesterle im Programm und liefert jährlich etwa 430000 Komponenten an die Automobilindustrie. Dabei unterscheiden sich die Produkte oft nur in wenigen Details wie beispielsweise der Fadenfarbe oder der Ledersorte. Die hohe Varianz führt aber zu einer hohen Fehleranfälligkeit. Durch vertauschte Komponenten oder nicht ausreichende Kontrollen im Warenausgang kam es deshalb hin und wieder zu Falschlieferungen.
Um die Qualität der Produkte und die Zufriedenheit der Kunden zu optimieren, investierte das Unternehmen in ein Datenerfassungssystem. Die Besonderheit: Es werden Handterminals mit integrierter Fotokamera für die durchgängige Identifikation der hochwertigen Artikel und zur Dokumentation der Produktbeschaffenheit eingesetzt. Die erfassten Daten und Bilder werden über WLAN an das SAP-System übertragen.
Vor der Einführung des MDE-Systems wurden alle Buchungen belegorientiert durchgeführt. Im Wareneingang überprüfte ein Mitarbeiter die eingehende Ware anhand des beiliegenden Lieferscheins. Eventuelle Beschädigungen der Verpackung oder Falschlieferungen wurden handschriftlich auf dem Lieferschein vermerkt. Dann wurde die Ware ins Lager gebracht und dort eingelagert. Bereits bei diesen Vorgängen erkannte man potentielle Fehlerquellen. „Die Buchung der gelieferten Waren in SAP wurde erst am nächsten Tag vorgenommen, also mit erheblicher Verzögerung“, erklärt Jürgen Bögelein, Teamleiter Logistik bei Schäfer-Oesterle. „So konnten wir eigentlich nie den tatsächlichen Warenbestand abrufen.“ Zudem bestand die Gefahr, durch eine fehlerhafte Eingabe falsche Bestandsdaten zu erzeugen. Auch die Einlagerung der Waren war fehleranfällig, da keine Kontrolle der eingelagerten Artikel stattfand.
Kam es einmal zu einem Fehler im Wareneingang, setzte sich die Fehlerkette auch über die Produktion bis zur Auslieferung fort. Im Warenausgang kontrollierten Mitarbeiter die Ware auf Vollständigkeit. Doch durch die hohe Varianz und die oft minimalen Unterschiede in Details kam es auch hier immer wieder zu Fehlern und damit zu falschen Lieferungen. Den Verantwortlichen war klar, dass nur eine Online-Datenerfassung die Transparenz der Bestände verbessern konnte. Und für die Dokumentation der Material- und Produktbeschaffenheit waren Bilddaten erforderlich.
Mit der Firma Identass aus Gießen fanden die Würzburger Interieur-Spezialisten schließlich ein Systemhaus, das flexibel genug war, die individuellen Anforderungen zu berücksichtigen. Die maßgeschneiderte Lösung basiert auf Soft- und Hardware des Ident-Spezialisten Casio. Und es zeigte sich, dass das Handterminal des Typs IT-600 alle Anforderungen erfüllt. Das Modell ist mit Windows CE ausgestattet, besitzt ein kontrastreiches Farbdisplay mit hoher VGA-Auflösung, einen HighSpeed-Barcodescanner und eine integrierte Digitalkamera. Bei einer späteren Erweiterung des MDE-Systems fiel die Wahl auf das Modell DT-X30, dessen integrierte Kamera zusätzlich über einen Autofokus verfügt und Zwei-Megapixel-Bilder produzieren kann, die über WLAN an das SAP-System übertragen werden.
Während der Inbetriebnahme des MDE-Systems legte Schäfer-Oesterle Wert auf eine schrittweise Einführung, um die Mitarbeiter an die neuen Prozessschritte zu gewöhnen. Als erstes wurde das Projekt im Wareneingang realisiert. Der Mitarbeiter meldet sich über sein Casio-Terminal im System an und kann dann mit der Entgegennahme der bestellten Artikel im Wareneingang beginnen. Über einen an der Verpackung angebrachten Barcode wird die Ware gescannt und sofort online im System gebucht. Handelt es sich um die richtigen Artikel, kann der Mitarbeiter mit dem nächsten Prozessschritt beginnen.
„Durch diese Technik reduzieren sich mögliche Fehlerquellen gegen Null“, weiß Identass-Geschäftsführer Mark Schäfer. „Denn bei jeder falschen Warenbewegung wird der Mitarbeiter auf den Fehler hingewiesen.“ Ein weiterer Vorteil sei die sofortige Onlinebuchung. Die Waren können bei Bedarf direkt in die Produktion weitergeleitet werden, ohne vorherige Einlagerung. „Das war früher wegen der zeitversetzten Buchung nicht möglich“, so Schäfer. Beschädigte Sendungen oder fehlerhafte Waren lassen sich im Wareneingang leicht dokumentieren. Dafür werden mit dem Casio-Terminal Fotos der betroffenen Details gemacht. Die Bilddaten wandern dann zusammen mit den Artikeldaten ebenfalls ins SAP.
Die Fertigprodukte werden während des Verpackens einer Qualitätskontrolle unterzogen. Über das Casio-Terminal kann der Mitarbeiter im System hinterlegte Fotos abrufen und sie mit den vorliegenden gefertigten Teilen vergleichen. So kann er sicher sein, dass die richtige Ware versandt wird. „Besondere Produkte, die von uns vorgegeben werden, kann der Mitarbeiter fotografieren“, ergänzt Teamleiter Bögelein. „Die Bilder werden sofort den entsprechenden Dokumenten im SAP-System angehängt und sind somit direkt für die Mitarbeiter der Auftragsabwicklung verfügbar.“ Auf diese Weise wird dokumentiert, dass hochwertige Waren das Haus in einem einwandfreien Zustand verlassen haben.
Bei Schäfer-Oesterle wird noch über weitere Einsatzmöglichkeiten nachgedacht. Aufgrund der erfolgreichen Einführung der Handhelds wurde das MDE-System bereits auf drei weitere Standorte der Sellner-Gruppe ausgeweitet. Dabei war die Flexibilität des Systems ausschlaggebend. Auch die Akzeptanz der Mitarbeiter spricht für einen weiteren Ausbau. Unterm Strich erleichtert das neue System die Arbeit erheblich. Die Mitarbeiter werden automatisch auf Fehler aufmerksam gemacht und die Fehlerursache ist schneller zu erkennen. Zudem sind die Mitarbeiter durch die beleglose Arbeit um einiges schneller geworden. Diese Vorteile haben dazu geführt, dass sich die Investition in weniger als einem Jahr amortisiert hat.
Michael Fahrenbach, Geschäftsführer Schäfer-Oesterle, freut sich besonders über die verbesserte Lieferqualität: „Wir haben deutlich weniger Fehler als früher.“
Frank Kürten Fachjournalist in Mönchengladbach
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