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Nachhaltige Spritzgießproduktion nur mit Digitalisierung

Spritzgießmaschinenbauer Engel: volle Auftragsbücher
Nachhaltigkeit – nur mit Digitalisierung

Einen Auftragsstand so hoch wie 2018 meldet Spritzgießmaschinenbauer Engel Austria auf seinem „Live E-Symposium“ im Juni. Das bedeutet Rückenwind für das Vorhaben, die Digitalisierung weiter voranzutreiben – nun aber mit dem vorrangigen Ziel, den Spritzguss nachhaltig zu gestalten.

Olaf Stauß, Redakteur im Konradin-Verlag

„Nachhaltigkeit ist in der Realwirtschaft angekommen.“ Mit diesem Statement begann CEO Dr. Stefan Engleder seinen Einstiegsvortrag in das „Live E-Symposium 2021“ mit Kunden aus aller Welt. Der Geschäftsleitung ist es anzumerken, dass die Krise sie erschüttert hat – weniger die Pandemie als schon zuvor die offensiv diskutierte Müllproblematik rund um den Werkstoff Kunststoff. Sie kratzt am Selbstverständnis des Familienunternehmens. Engel hat sich folglich auf die Fahnen geschrieben, den Weg in die Kreislaufwirtschaft strategisch mitzugestalten. „Uns steht ein breites Spektrum ausgereifter digitaler Lösungen zur Verfügung“, betont Engleder. „Jetzt geht es darum, dieses so zu nutzen, dass wir Spritzgießproduktionen im Sinne des Nachhaltigkeitsgedankens betreiben.“

Für Rückenwind sorgt die wirtschaftliche Situation. Im November wendete sich das Blatt, berichtete CSO Dr. Christoph Steger auf dem Online-Symposium. Im Geschäftsjahr 2020/2021 erwirtschaftete Engel einen Umsatz von 1,1 Mrd. Euro. Mit einem Minus von 15 % ist der Umsatz zwar erneut gesunken, doch die Prognosen deuten auf Wachstum. „Wenn sich der Aufwärtstrend festigt, ist ein Plus in der Größenordnung von bis zu 20 Prozent realistisch“, so Steger.

Folienverpackte Lebensmittel sparen CO2 ein

Das Credo des Maschinenbauers: „Kunststoff bleibt das Material, das die Gesellschaft am stärksten nach vorne bringt.“ Die argumentative Unterlegung lieferte Günther Klammer, Leiter des Bereichs Recyclingtechnologien: Das Produzieren der Lebensmittel setze mehr CO2 frei als die Herstellung der Kunststoffverpackungen, um diese Lebensmittel unverdorben und gewichtsarm zum Verbraucher zu bringen. Insofern gebe es keine Alternative zum Kunststoff. Werde das Material wieder eingesammelt und wiederverwertet, dann komme die Ökobilanz ins Gleichgewicht. Als größte Herausforderungen nannte Klammer sortenreine Stoffströme, eine konstante Qualität der Stoffströme und der Geruch des Rezyklats. Engel könne einiges zur Lösung beitragen:

  • „Design for Recycling“-Technologien von Spritzgussteilen
  • Maschinenlösungen mit intelligenten Regelungen (bei Engel „iQ“-Systeme)
  • Empfehlungen und Wertstoffanalysen

Schon jetzt gibt es neue Lösungsansätze bei Engel. Doch für Engleder hängt alles davon ab, ob die Datenvernetzung zukünftig gelingen wird: „Vertikal“ von der Füllstudie über Regelungssysteme bis hin zur Fernwartung. Und auch „horizontal“ mit Daten entlang des gesamten Produktlebenszyklus. Werden eines Tages die Materialdaten dem Kunststoffprodukt als eine Art Wasserzeichen mitgegeben, so lässt sich gezielt recyceln. „Die Digitalisierung ist der Enabler der Nachhaltigkeit“, bekräftigt Engleder. Unter anderem beteiligt sich der Hersteller an dem Projekt „LIT Factory“ der Universität Linz. Die Pilotfabrik erprobt das horizontale Vernetzen der Materialdaten entlang der kompletten Wertschöpfungskette, unterschiedlichste Unternehmen sind beteiligt.

Die Idee der LIT Factory eröffnet ganz neue Perspektiven für eine Kreislaufwirtschaft von Kunststoffen. „Wenn wir die Digitalisierung wirklich nutzen, erscheinen uns die von der Politik vorgegebenen CO2-Reduktionsziele auf einmal nicht mehr unmöglich“, hält Dr. Engleder fest. In diesem Zusammenhang zitiert er eine Studie, die Accenture im Auftrag von Bitkom durchgeführt hat. Sie prognostiziert, dass sich die heutigen CO2-Emissionen deutscher Betriebe mit Hilfe der Digitalisierung um bis zu 58 % reduzieren lassen. Der Fertigungsbereich hat daran mit 23 % einen besonders großen Anteil. Und den Spritzguss-Anteil an Kunststoffprodukten wiederum beziffert Engleder auf stolze 25 %.

Nachhaltigkeit geht nur gemeinsam

Doch es brauche auch die Beteiligung der Kunststoffverarbeiter. Das betonen die Engel-Referenten immer wieder in ihren Reden auf dem Symposium. „Nur mit Ihnen, verehrte Kundschaft, können wir es schaffen.“ Die Appelle an die Spritzgießer sind nicht zu überhören, digitale Ansätze auszuprobieren und zu profitieren von höheren Produktivitäten und umgesetzten Recyclingquoten, die ohnehin einmal zur Pflicht werden könnten.

Andererseits räumt Engel ein, sich im Blick auf die Bedürfnisse der Kunden korrigieren zu müssen. „Wir haben verstanden, dass Sie sich nicht um die digitale Infrastruktur kümmern wollen und sollen“, sagte F+E-Leiter Gerhard Dimmler. Engel steuerte nach und passte sein Digitalisierungsprogramm an: „Inject 4.0“ soll fortan den kompletten Produktlebenszyklus in die Betrachtungsweise einschließen, vom Formteil-Design bis hin zu Service und Wartung der Anlage.

Ausdruck dieser Korrektur ist auf technischer Seite ein neues „Edge Device“, das ähnlich wie eine Fritz-Box „Connectivity innerhalb von fünf Minuten herstellt“. Auf betrieblicher Seite reagiert Engel Austria mit einer neu installierten Sales-Einheit, die sämtliche digitalen Lösungen bündelt. Für den Kunden soll sie als zentraler Ansprechpartner dienen.

Auch prozesstechnische Innovationen auf dem Weg zu mehr Recycling hat Engel bereits vorzuweisen: So bietet ein Zweistufen-Prozess die Möglichkeit, Kunststoffabfälle direkt nach dem Vermahlen im Spritzguss zu verarbeiten. Der Zwischenschritt Granulieren entfällt. Weiter ermöglicht es ein neues Coinjection-Verfahren, Rezyklat im Bauteilkern zu konzentrieren. Die Schmelzen begegnen sich erst im Werkzeug, selbst am Anspritzpunkt wird das Rezyklat komplett mit Neuware umschlossen.

Kontakt:
Engel Austria GmbH
Ludwig-Engel-Straße 1
A-4311 Schwertberg
Tel.: +43 50 620–0
www.engelglobal.com

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