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„Wir produzieren unsere Smart Glasses additiv – und beim 3D-Druck bleiben wir auch.“ Mit dieser Aussage positionierte sich Nils Berger, CEO und Inhaber von Viewpointsystem, bei einer gemeinsamen Präsentation mit HP im Oktober 2020. Die Österreicher fertigen die moderne Datenbrille erst seit einigen Wochen in Serie. Zwölf mechanische Komponenten vom Brillenrahmen bis zu den „Nose Pads“ kommen aus dem 3D-Drucker, genauer gesagt aus einer 3D-Druckanlage des Typs HP Jet Fusion 4210.
Die Entwicklung erhält eine besondere Aktualität durch die Covid19-Krise, die das Warten von Maschinen erschwert. Die neue Datenbrille wird hier zum passenden Hilfsmittel, um Anlagen per Remote Service zu inspizieren: Das integrierte Eye Tracking lässt den zugeschalteten Experten genau erkennen, wo der Anlagenbediener gerade hinblickt – so erklären die Wiener Experten die Vorteile ihres Produkts. Anlagenbediener und Remotetechniker verständigen sich per Bild und Ton auf Distanz, als würden sie vor Ort im selben Raum zusammenarbeiten.
Gegründet wurde Viewpointsystem 2016 aus dem universitären Bereich heraus, wo Berger in der Verkehrsforschung tätig war. Eye Tracking wurde für die Analyse von Unfallursachen genutzt. Heute nun verbauen die damaligen Studenten in den VPS 19 Smart Glasses neben der Frontkamera noch zwei Blickverfolgungskameras. Die sich daraus ergebenden Bilddaten werden direkt in der Brille berechnet. Der zugeschaltete Experte kann so nachvollziehen, welche Maschinenteile der Träger der Brille fokussiert. Das Herz der Technik ist die selbst entwickelte Hochleistungselektronik und die Software. Viewpointsystem wurde dafür mit dem CES Innovation Honoree Award 2019 und dem Innovation World Cup 2019 in der Kategorie „Industrial“ ausgezeichnet – nun sind die Datenbrillen am Markt.
Modifizieren und Liefern im 24-Stunden-Rhythmus
„Die HP JetFusion Technologie hat die Entwicklung der Brillengeometrie deutlich beschleunigt“, sagt CEO Berger. Im 24-Stunden-Rhythmus lassen sich alle von den Entwicklern vorgenommenen Änderungen realisieren. „AM auch für die Produktion einzusetzen, war für uns ein Traum – um schnell und flexibel zu sein und um den aufwändigen Spritzguss zu umgehen.“ Nur die fehlende Biokompatibilität habe sie anfangs daran gehindert, auf eine additive Serienfertigung zu setzen. Doch HP könne nun auch die Biokompatibilität bieten, sagt Berger, das habe er Anfang des Jahres erfahren.
So lasse sich selbst die Serienbrille permanent und schnell weiterentwickeln. Mit ihrer Kunststofffassung wiegt sie zum Beispiel nur 43 g und bietet einen hohen Tragekomfort. Das flexible Anpassen wird zunehmend zum Thema – zunächst an die Gesichtsphysiognomien von Menschen aus unterschiedlichen Erdteilen, später immer mehr auch an die individuellen Bedürfnisse einzelner Träger.
Den 3D-Druck mittels HP Jet Fusion wickelt Viewpointsystem über D4Pro als lokalen Produktionspartner ab. Auch für steigende Stückzahlen sieht sich Nils Berger gut gerüstet. „Bei Maximalauslastung können wir innerhalb einer Woche bis zu 400 Brillen herstellen“, sagt er. Wachse die Nachfrage im B&B-Bereich weiter an, „können wir die Ausbringung durch copy&pace auch vervielfachen.“