Insgesamt zweieinhalb Wochen war Thomas Rilke im Oktober in China unterwegs – für den Geschäftsführer und CEO der Deutschen Messe Technology Academy ist das mittlerweile Alltag. „Seitdem wir die Internationalisierung der Technology Academy vorantreiben, bin ich regelmäßig unterwegs, um den bestehenden Standort in Foshan in China zu besuchen oder um Gespräche für neue Standorte zu führen“, so Rilke nach seiner Rückkehr aus dem Land der Mitte. „Allerdings war die jüngste Reise doch etwas Besonderes, denn wir haben in Nanjing einen Kooperationsvertrag unterzeichnet, um vor Ort eine Smart Industry Academy aufzubauen.“
Nanjing liegt rund 1.400 km nördlich von Foshan, dem ersten chinesischen Standort der Deutschen Messe Technology Academy. Er wurde vor rund zwei Jahren eröffnet – als Robotation Academy. Im Jahr finden in Foshan rund 90 Veranstaltungen mit rund 1.500 Teilnehmern statt, so Rilke. Verglichen mit Hannover, dem Hauptstandort des Unternehmens, ist das wenig: Hier erreicht man rund ums Jahr mit fast 200 Veranstaltungen mehr als 3.000 Teilnehmer.
„Natürlich haben wir in Foshan noch Luft nach oben“, so Rilke. „Doch unsere Partner vor Ort sind zufrieden mit der Entwicklung in dieser Aufbauphase, wie ich aus Gesprächen weiß. Und das ist für uns die Hauptsache, denn die Idee hinter allen unseren Academies ist es, namhafte Technologiepartner unter einem Dach zusammenzubringen. Sie können ihr Wissen bei Konferenzen und anderen Veranstaltungen vorstellen und so neue Kunden finden.“ Gemeinsam mit dem Veranstalter der chinesischen Industriemesse CIIF hat die Technology Academy zudem auf Rilkes jüngster Reise Verhandlungen darüber geführt, China-weite Konferenzen zu Produktionsthemen durchzuführen.
Auf dem Messegelände in Hannover wird dieses Konzept seit zehn Jahren erfolgreich umgesetzt. Vor drei Jahren startete Rilke mit seinem Team die Internationalisierung. „Als Tochterunternehmen der Deutschen Messe AG ist unsere DNA das Vernetzen von Partnern. Und dieses Vernetzen ermöglichen wir nicht nur bei Messen, sondern ganzjährig an unterschiedlichen Standorten weltweit“, so Rilke. „Dies ist für unsere hauptsächlich mittelständischen Partner aus Deutschland eine wichtige Dienstleistung, denn sie tun sich nicht so leicht wie vielleicht Konzerne, weltweit Standorte aufzubauen, um neue Kunden zu generieren. Daher sehen wir uns mit den Akademien als Partner des deutschen Mittelstands.“
Insgesamt 15 Akademien im Ausland
sind anvisiert
Rilke peilt rund 15 Akademien an internationalen Standorten in den nächsten fünf bis acht Jahren an. Auf China liegt derzeit der Fokus; neben Foshan und Nanjing ist die Deutschen Messe Technology Academy in Gesprächen mit Verantwortlichen im chinesischen Qingdao. Außerdem sollen Akademien in Chattanooga/USA und in Port Elizabeth/Südafrika entstehen – beides sind nicht zufällig Standorte von Volkswagen. Doch dazu später mehr.
Ganz gleich, ob in Hannover oder an Standorten im Ausland: Die zentralen Themen sind Produktionstechnologien und -anwendungen, die durch die Digitalisierung stärker denn je miteinander vernetzt werden. Industrie 4.0 oder die digitale Fabrik sind Schlagworte dafür. Die verschiedenen Akademien bilden laut Rilke das „Ökosystem des Produktionswissens“ ab. Fester Bestandteil des Konzepts an allen Standorten sind Veranstaltungen plus funktionierende Schulungs- und Demoanlagen, mit denen die Partner ihre Technologiekompetenzen direkt live und vor Ort zeigen können.
Daneben gibt es für die internationalen Standorte Besonderheiten, die nicht aus Hannover importiert wurden: Dies sind produktbezogene Veranstaltungen, aber auch die Bereitstellung von Räumlichkeiten. „Das zeigt, dass die Akademien in Foshan, Nanjing und anderen Standorten im Ausland keineswegs Kopien unserer deutschen Aktivitäten sind“, betont Rilke. „Produktbezogene Seminare und Trainings finden bei uns in Deutschland nicht statt, da unsere Partner dies hierzulande perfekt selbst organisieren und durchführen. Im Ausland helfen wir ihnen dort weiter, wo sie selbst keine eigenen Vertretungen haben. Aus diesem Grund würden wir auch keine Academy in Shanghai aufbauen. Denn dort haben bereits viele unserer Partner ihren Sitz mit eigenen Niederlassungen oder Vertretungen.“
Daneben können die Partner die Räumlichkeiten der Academies im Ausland nutzen, um eigene Kundenveranstaltungen durchzuführen. „Aber auch die Büroräume – wir haben Co-Working-Spaces in unseren Akademien – stehen für sie zur Verfügung, etwa als Vertriebsstandort“, so Rilke.
Ein weiterer Unterschied: Die Deutsche Messe Technology Academy betreibt die ausländischen Standorte nicht selbst. „Wir bauen vielmehr eine Art Franchise-System auf, bei dem wir den Rahmen vorgeben, der durch unsere örtlichen Partner ausgestaltet wird“, so Rilke. „Dieses Konzept verfolgen wir nicht etwa deshalb, weil wir das Risiko scheuen, in China selbst etwas aufzubauen. Wir sind vielmehr überzeugt, dass wir nicht als Deutsche Industrieunternehmen in anderen Ländern sagen sollten, wie deren Produktion am besten laufen sollte.“
Die Marktgegebenheiten beispielsweise in China unterscheiden sich nach seiner Einschätzung deutlich von denen hierzulande – und auch die Standards, die angewendet werden von verschiedenen Branchen. Das berücksichtige man mit den Programmen in den Akademien. Daher werden auch Veranstaltungen von chinesischen Teams gestaltet. Sie finden gemeinsam mit örtlichen Verbänden und Netzwerken statt – sozusagen von Chinesen für Chinesen. Rilke: „Natürlich bringen wir unseren Support ein, wir beraten die Academies, helfen bei der Vermarktung der Veranstaltungen und bringen zum Beispiel neue Anregungen etwa für Themen ein – und dies über viele Jahre. Unser Ziel ist es nicht, eine Akademie aufzubauen und uns dann wieder zurückzuziehen. Wir wollen langfristige Verbindungen eingehen und dafür sorgen, dass etwas Nachhaltiges entsteht – auch im Sinne unserer Partner.“
In Foshan kümmert sich ein Tochterunternehmen des Messeveranstalters Guangdong Tanzhou International Exhibition Co., um den Gesamtbetrieb und das Management der Robotation Academy. In Nanjing ist das Nanjing Robot Research Institute (NRRI) Vertragspartner der „Smart Industry Academy“, die spätestens im Herbst 2020 ihre Tore öffnen soll.
Partner der Robotation Academy in der südchinesischen Industriemetropole Foshan sind deutsche Unternehmen wie etwa Phoenix Contact, Lenze, Igus, Harting, Weidmüller oder Lenze, aber auch der Roboterhersteller Kuka, der chinesische Eigentümer hat. Mit vielen dieser Unternehmen arbeitet die Deutsche Messe Technology Academy auch in Hannover schon lange zusammen. Dazu gehört auch Volkswagen als großes Anwendungsunternehmen. Der Automobilhersteller steht seit der ersten Stunde an der Seite der Akademie. Olaf Kratzer, Leiter Inszenierte Bildung bei der Autostadt GmbH, ist neben Rilke auch Geschäftsführer der Deutschen Messe Technology Academy.
Doch Rilke ist nicht nur stolz darauf, dass Volkswagen bislang Partner an allen internationalen Standorten ist, sondern auch das chinesische Unternehmen Haier, dass mit rund 87.000 Mitarbeitern die Nr. 1 auf dem weltweiten Markt für weiße Ware ist. „Haier ist ein sehr interessantes Unternehmen in Bezug auf seine Produktionstechnik“, erklärt Rilke. „Haier hat sehr viele Partner aus der Automatisierungstechnik und arbeitet mit ihnen gemeinsam an Anlagekonzepten für seine weltweiten Smart Factories. Die Schulungs- und Demoanlage, die wir in Nanjing aufbauen, wird auf die Zwecke und Bedürfnisse von Volkswagen und Haier zugeschnitten.“ Weitere Partner sollen folgen.
Trotz der internationalen Aktivitäten vernachlässigt die Deutsche Messe Technology Academy ihr Geschäft in Deutschland nicht. „Genauso wie auf internationaler Ebene entwickeln wir auch hier unser Programm beständig weiter“, sagt Rilke. Das Kerngeschäft mit Robotik und Automation, das in der Robotation Academy angesiedelt ist, wurde in diesem Jahr um zwei weitere Akademien ausgebaut: Eine für Digital Reality, also Virtual und Augmented Reality, und eine für Additive Manufacturing, also 3D-Druck. „Wir wollen damit einen intensiveren Austausch zwischen Anbietern und Anwendern dieser Schlüsseltechnologien für die Optimierung von Produktionsprozessen ermöglichen“, sagt Rilke. „Hannover eignet sich dabei sehr gut, um Neues auszuprobieren. Für das nächste Jahr denken wir an neue Konzepte rund um das Ideenmanagement. Dabei wollen wir stärker noch als bisher Startups und etablierte Unternehmen zusammenbringen.“
Zu den Technologiepartnern der Additive Manufacturing Academy gehören unter anderem die Phoenix-Contact-Tochter Protiq und die Software-Hersteller Autodesk und Dassault. Mit der Initiative „Niedersachsen Additiv“, welche vom Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung gefördert wird, gibt es zudem eine besondere Veranstaltungsreihe, die Events auch direkt in den Unternehmen stattfinden lässt.
Beim Konzept und der Ausstattung der Digital Reality Academy engagiert sich die Volkswagen Group Academy, weil Volkswagen bereits seit vielen Jahren in einer Vielzahl von Anwendungsfällen Systeme von Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) einsetzt. Diese reichen vom Design über die technische Entwicklung, die Fabrikplanung bis zum Training von Mitarbeitern sowohl in der Fertigung wie im Händlernetz. „Die Themen VR und AR entwickeln sich gerade sprunghaft. Dies spiegelt sich bei der Nachfrage nach entsprechenden Veranstaltungen wider“, so Rilke. „Hält diese Tendenz an, werden wir die Themen sicher schon bald in einzelne Konferenz- oder Netzwerkformate in die Auslands-Akademien übertragen.“
Konradin Mediengruppe
als Kooperationspartner
Hannover ist somit eine inhaltliche Blaupause für die internationalen Akademie-Standorte. Damit dies so bleibt, kooperiert die Deutsche Messe Technology Academy seit diesem Jahr erstmals auch mit den großen Fachverlagen Konradin Mediengruppe und dem Süddeutschen Verlag. Gemeinsam mit dem zur Konradin Mediengruppe gehörenden Industrieanzeiger veranstaltet die Robotation Academy in Hannover zum Beispiel im Februar kommenden Jahres bereits den 9. Robotics Kongress. 2019 war er lange im Vorfeld ausgebucht, rund 300 Teilnehmer nahmen starke Impulse für die smarte Fertigung mit nach Hause.
Rund 700 Teilnehmer zählte die erste 5G CMM (Connected Mobile Machines) Expo, die vom 8. bis 10. Oktober in Hannover stattgefunden hat. Auch sie wurde gemeinsam von der Deutschen Messe, der Deutschen Messe Technology Academy und der Konradin Mediengruppe organisiert. Aus dem diesjährigen Kongress 5G CMM Expo wird im nächsten Jahr eine Messe mit begleitender Konferenz. Sie wird vom 1. bis 3. Dezember 2020 in Hannover stattfinden.
Die Deutsche Messe Technology Academy wird den Einsatz der Mobilfunktechnologie 5G in der Produktion zudem mit weiteren Veranstaltungen fokussieren. Den Auftakt macht am 19. und 20. Februar 2020 der 5G Industrie Summit, der ebenfalls gemeinsam mit der Konradin Mediengruppe organisiert wird. „Partner wie die Konradin Mediengruppe helfen uns dabei, das enorme Veränderungspotenzial neuer Technologien für die Produktion für unsere Kunden zu heben“, sagt Rilke.
5G-Campusnetz in Hannover 2020
Und auch bei diesem Thema soll die Kombination aus Veranstaltungen plus funktionierenden Schulungs- und Demoanlagen greifen: Die Deutsche Messe wird bei der Bundesnetzagentur Frequenzen für ein eigenes lokales 5G-Campusnetz beantragen. Damit wäre das über 1 Mio. m² große Areal in Hannover das erste Messegelände weltweit, das mit einer flächendeckenden öffentlichen und privaten 5G-Infrastruktur ausgestattet ist. Geplant ist, so Rilke, dass das neue 5G-Campusnetz in Hannover in 2020 fertig installiert sein wird.
Event-Kalender 2020
Die folgenden Events haben die Deutsche Messe Technology Academy und die Konradin Mediengruppe gemeinsam für das kommende Jahr geplant:
11./12. Februar 2020:
9. Robotics Kongress
19./20. Februar 2020:
1. 5G Industrie-Summit
19. Mai 2020:
Forum Robotik I – Gehilfe Roboter
30. Juni 2020: Smarte Intralogistik – schnell und einfacher vernetzt durch 5G
01. Juli 2020: IT-Security bei der Digitalisierung der Produktion
01. September 2020: Forum Mixed (VR/AR) Reality – Weniger Stillstand
mit Virtual Reality
02. September 2020: Höhere Effizienz in der Fertigung durch 5G
03. September 2020: Fertigungstechnik – Industrie 4.0 leichtgemacht
15. September 2020: Forum Schaltschrankbau
06. Oktober 2020: Additive Verfahren – 3D-Metallteile on Demand
13. Oktober 2020: Fabrikautomatisierung schnell und effizient durch 5G
14. Oktober 2020: Forum Robotic II – Mobile Roboter und Fördersysteme
Weitere Informationen zu den einzelnen Veranstaltungen finden Sie
sukzessive unter:
www.technology-academy.group/programm beziehungsweise unter: