Wie bei vielen deutschen Unternehmen sind die Produktionsflächen in Stadtnähe sehr begrenzt und die Arbeitszeit der Mitarbeiter ein kostbares Gut. Kein Wunder also, dass der Bettwarenhersteller Sanders-Kauffmann den Weg für die Automatisierung von Produktion und Lagerlogistik geebnet hat. Bis zu 4.000 t angelieferte Daunen und Federn pro Jahr sorgen für ein erhebliches Volumen in der Verarbeitung. Was dazu führt, dass die versandfertigen Produkte auf Paletten verpackt mit über 1.000 Lkw pro Jahr ihren Weg zum Kunden finden.
Diese gegenläufigen Warenströme treffen im Produktionsgebäude direkt am Lastenaufzug aufeinander und machen diesen zum Nadelöhr. Der ständige Aufwand, den alten Lastenaufzug mit Paletten zu beladen, um diese dann eine Etage höher oder tiefer wieder mühsam von Hand zu entladen, sollte künftig der Vergangenheit angehören. Auch das kurzfristige Zwischenlagern der Paletten, um den Lastenaufzug wieder freizugeben, wollte das Unternehmen minimieren.
Mit diesen Anforderungen wandte sich Sanders-Kauffmann an HaRo, Spezialist für Anlagen- und Fördertechnik, um die bisherigen Abläufe zu optimieren, Engpässe zu beseitigen und den bis dato manuellen Palettentransport zu automatisieren. Neben der Effizienz standen auch zusätzliche, flexible Pufferplätze auf der Wunschliste, die in die Förderanlage integriert werden sollten.
Fördertechnik Konzept
Bei der Umsetzung der Kundenwünsche setzte HaRo auf das bewährte Vertikalförderer-Konzept mit angegliederter Rollenbahnstrecke. Die neue Anlage übernimmt fortan eine zweigeteilte Aufgabe. Zum einen werden die Paletten aus dem Lager und dem Wareneingang im Erdgeschoss automatisch ins Obergeschoss befördert, dort zwischengepuffert und zur Entnahme durch Hubwagen oder Elektroameisen bereitgestellt. Nach der Weiterverarbeitung und Veredelung müssen die fertigen Produkte wieder ins Erdgeschoss zurückgeführt werden. Aus Sicherheitsgründen durchqueren die Paletten vor der Einfahrt in den automatisierten Bereich eine Konturenkontrolle, um einen reibungslosen Betrieb und einen unfallfreien Transport im Vertikalförderer und auf der Rollenbahn zu gewährleisten. Anschließend fahren die Paletten direkt in den Fahrkorb des Vertikalförderers, der sich hinter einem Schnelllauftor befindet. Im Erdgeschoss angekommen, werden die eintreffenden Paletten auf weiteren Pufferplätzen Zug um Zug zur Abnahmestation für den Gabelhubwagen gefahren. Auf diese Weise wird automatisch sichergestellt, dass die Paletten den Vertikalförderer jederzeit verlassen können, um den Fahrkorb für eine neue Palette freizugeben.
Die Umsetzung
Im ersten Schritt mussten in den Produktionshallen einige Vorbereitungen getroffen werden, unter anderem ein Wanddurchbruch im Obergeschoss, so dass ein Schnelllauftor und die dahinter liegenden Rollenbahnen vom Vertikalförderer räumlich getrennt werden konnten. Außerdem mussten einige Palettenstellplätze geräumt werden, um Platz für die angetriebene Rollenbahn mit ihren dynamischen Pufferplätzen zu schaffen. Die bisher im Unternehmen eingesetzten Hand- und Gabelhubwagen konnten weiterhin im Obergeschoss eingesetzt werden.
Die Gesamtanlage wurde in der Konstruktionsabteilung von HaRo als 3D-CAD-Projekt umgesetzt, um bereits in dieser frühen Phase viele Details der Anlage sichtbar zu machen. Anschließend erfolgte die Fertigung aller Förderanlagensegmente am Standort Rüthen. Eine Besonderheit stellt dabei die Probemontage der Elemente für einen Testlauf vor der Auslieferung dar. Die SPS-Grundprogrammierung erfolgte bereits im Werk, um die Montage- und Inbetriebnahmezeiten bei Sanders-Kauffmann zu verkürzen.
Paletten Blockstau
Die neu konzipierte Fördertechnik ermöglicht sowohl den automatisierten, vertikalen Palettentransport zwischen den Ebenen als auch die flexible Pufferung der Paletten auf den horizontalen, angetriebenen Rollenbahnelementen. Durch den abschnittsweisen Einsatz der SEW-Antriebsmotoren wurden 13 zusätzliche Pufferplätze geschaffen, die die ankommenden Paletten nahezu lückenlos im Blockstauverfahren puffern und weitertransportieren. Dabei wird auf einem Rollenbahnsegment jeweils ein Block von drei Paletten gebildet, der dann in einem Stück auf das nächste freie Rollenbahnsegment weitergefördert wird. Dieses Prinzip reduziert die Anzahl der notwendigen Antriebseinheiten in den Rollenbahnen, ohne die Funktionalität oder Flexibilität der Anlage einzuschränken. Die Kostenreduzierung ist ein willkommener Nebeneffekt.
Vertikalförderer mit vorgelagerter Konturenkontrolle
Die optische Außenkonturkontrolle gewährleistet einen sicheren Transport der kommissionierten Paletten während des Automatikbetriebs der Förderanlage. Darüber hinaus trägt die Konturenkontrolle zu mehr Sicherheit im täglichen Betrieb der Anlage bei, da verrutschte oder überladene Fördergüter bereits vor der Einfahrt in den Vertikalförderer erkannt und an den Bediener zurückgemeldet werden. Auf diese Weise werden unnötige Schäden an den Produkten und der Anlage vermieden.
Zahlen – Daten – Fakten
Der eingesetzte Vertikalförderer mit einer Gesamthöhe von acht Metern und einem Eigengewicht von drei Tonnen sorgt für einen geräuscharmen und schnellen Transport der Güter innerhalb des Gebäudes. In der Spitze erreicht der Fahrkorb eine vertikale Transportgeschwindigkeit von bis zu 10,4 m/min. Das für diese Anwendung relevante Fördergut mit bis zu 550 kg Gewicht pro Palette wird durch entsprechende Frequenzumrichter an den jeweiligen Haltepunkten sanft abgebremst. Ein im Antriebsmotor integrierter Inkrementalgeber sorgt dafür, dass die SPS-Steuerung jederzeit weiß, wo sich der Fahrkorb im Vertikalförderer zwischen den Ebenen gerade befindet. Der zu überwindende Höhenunterschied beträgt 4.800 mm zur jeweiligen Oberkante der angrenzenden Rollenbahnen. Für den Zweischichtbetrieb bei Sanders-Kaufmann wurde bereits in der Konzeption der Fördertechnik Raum für zukünftige Erweiterungen eingeplant. Derzeit beträgt die Anzahl der Palettenbewegungen ca. 220 pro Tag. Bei kontinuierlicher Bestückung der Anlage sind bis zu 30 Takte pro Stunde möglich, was theoretisch 480 Palettenbewegungen pro Tag ermöglicht. (dak)