Kollaborierende Roboter werden in der Gastronomie als Barista oder zur Essensausgabe eingesetzt, sie bohren und leimen in Schreinereien oder unterstützen als Erntehelfer in der Landwirtschaft: Die Einsatzmöglichkeiten von Cobots sind vielfältig und noch lange nicht ausgeschöpft. Durch mangelnde Expertise für die Programmierung und hohe Kosten in der Anschaffung und Wartung waren Roboter lange Zeit für kleine und mittelständische Unternehmen keine Option. Cobots könnten nun der Gamechanger sein: Denn Fortschritte in den Bereichen KI, Sensorik und sinkende Investitionskosten für Cobots machen diese auch für KMU interessant – unter anderem als Lösungsansatz für Nachwuchssorgen und Fachkräftemangel.
Cobots und KMU
Viele innovative Köpfe der Robotik-Industrie arbeiten daran, dass die Nutzung von Cobots nicht mehr nur Experten vorbehalten ist. Die Zielgruppe KMU wurde von den Herstellern bisher noch nicht flächendeckend erschlossen, denn dieser Markt ist heterogen und schwer zugänglich. Das liegt unter anderem daran, dass den potenziellen Anwendern häufig das Know-How fehlt, um die Einsatzmöglichkeit eines Cobots zu identifizieren. „Wir brauchen noch viel mehr Anwendungsbeispiele beispielsweise aus handwerklichen Berufen, damit die Betriebe eine Vorstellung davon bekommen, was möglich ist“, erklärt Tim Bartl, Director New Editorial Products in der Vogel Communications Group (VCG).
Auf den großen Industriemessen wie der SPS, Automatica oder Hannovermesse sind die Cobot-Experten zwar vertreten, erreichen aber die Zielgruppe der KMU nicht, denn die Hemmschwelle für den kleinen Steinmetzbetrieb oder den Gasthof ist in diesem Kontext groß. „Mir fehlt die Vorstellungskraft, dass Cobots in meinem Betrieb hilfreich sein könnten. Innovation oder bahnbrechende Veränderungen kommen im Werkzeugbereich sehr selten vor,“ bestätigt Josef Hofmann, Eigentümer des Steinmetzbetriebs Steinwelten und Vize-Präsident der Handwerkskammer Unterfranken, das Problem. Hier müssen noch neue Vertriebs- und Kommunikationswege entwickelt werden, um Hersteller und Anwender zusammenzubringen. Die Bereitschaft bei den Herstellern ist da – so werden beispielsweise Cobots zum Leasing angeboten, um auf saisonale Bedürfnisse einzugehen oder auch Testläufe zu ermöglichen.
Wissenschaft als Vermittler
Die Wissenschaft kann hier eine Schlüsselrolle einnehmen und wichtige Synergieeffekte schaffen. Forschung lebt von der praktischen Problemstellung, sodass Universitäten gerne Allianzen mit der Wirtschaft eingehen: „Ein Schreiner, der Studierenden die Türe öffnet, seine Arbeitsabläufe erklärt und um eine Einschätzung bittet, wo und wie man einen Cobot einsetzen kann, ist ein Traum für die Forschung. Eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten,“ erklärt Professor Pascal Meißner vom „Center for Artificial Intelligence and Robotics“ (CAIRO). Studierende können ihr Wissen praktisch anwenden, KMU erhalten eine fachliche Beratung und können im nächsten Schritt ihre Bedürfnisse gegenüber Herstellern präzise formulieren. Um mit Firmen in Kontakt zu kommen, nutzt das CAIRO die Veranstaltungen des Netzwerks „Cobot Initiative Mainfranken“, das zuletzt gemeinsam mit der Handwerkskammer eingeladen hat. Dieses Bündnis kann als Vorbild für andere Regionen herangezogen werden.
Warum sind Cobots für KMU interessant?
Warum also sollten KMU sich mit dem Thema Cobots beschäftigen? Ein wesentlicher Aspekt sind entlastete Arbeitnehmer bei gefährlichen und ergonomisch ungesunden Tätigkeiten. Doch auch die Attraktivität des Unternehmens wird profitieren, wenn repetitive und unliebsame Aufgaben von Cobots unternommen werden. Die Zusammenarbeit mit Cobots kann sogar als besonderer Anreiz auf Mitarbeitende wirken. Da nahezu jede repetitive Aufgabe, die mindestens 100 Wiederholungen erfordert, von einem Cobot übernommen werden kann, erhalten die Mitarbeitenden die Möglichkeit, sich anspruchsvolleren, kreativen Aufgaben zu widmen. Cobots sind damit nicht nur für die Effektivität und Produktivität ein Gewinn, sie können auch Teil der Lösung für den Fachkräftemangel sein.