Startseite » Themen » Energieeffizienz »

Folien produzieren Strom

Energieeffizienz
Folien produzieren Strom

Ob polymere Solarzellen künftig wesentlich zur Energieversorgung beitragen können? Es sieht ganz so aus: Sie sind leicht, als Folien problemlos zu verlegen und haben schon heute einen Wirkungsgrad von 9 % – und der soll weiter steigen.

Flexibel, leicht, kostengünstig in der Herstellung und auf Wunsch auch semi-transparent – das sind die Attribute einer neuen Solarzellen-Generation. Während die internationale Forschung bereits seit einigen Jahren einen Boom „Organische Photovoltaik“ erlebt, rückt die fortschreitende Technologie nun auch immer weiter in das Bewusstsein der Industrie, erlaubt sie doch eine Vielzahl von neuen Applikationen, die mit der klassischen Silizium-Photovoltaik nicht realisierbar sind.

Insbesondere für die architektonische Gestaltung, die Integration von Solarzellen in Fassaden oder sogar Fenster eröffnet die Organische Photovoltaik neue Perspektiven, weil sich organische Solarzellen durch einfache Druck- und Beschichtungsprozesse auf nahezu beliebig geformten Oberflächen aufbringen lassen. Aber auch für viele OEM-Applikationen ergeben sich interessante Möglichkeiten, zum Beispiel im Automotive- oder Consumer-Bereich.
Für die Herstellung können klassische und kostengünstige Despositionsverfahren in kontinuierlichen Rolle-zu-Rolle-Beschichtungen verwendet werden, beispielsweise Tiefdruck, Siebdruck, Schlitzguss oder Sprühbeschichtung. Der Einsatz von Kunststoffträgern garantiert die mechanische Flexibilität der Module, so dass sich diese auch auf gekrümmten Oberflächen anbringen lassen.
Dabei besticht die Organische Photovoltaik durch einen sehr sparsamen Einsatz von umweltfreundlichen Rohstoffen, durch eine unproblematische Entsorgung sowie eine konkurrenzlos niedrige Energierücklaufzeit von nur wenigen Monaten. Im Gegensatz dazu benötigen etablierte Silizium-Solarzellen Jahre, um die für die Herstellung erforderliche Energie zurück zu gewinnen.
Seit der Markteinführung der ersten organischen Solarzellen als OEM-Produkte für Taschen und Rucksäcke durch die Konarka Technologies Inc. vor zwei Jahren formiert sich eine stetig wachsende Industrie um diese neue Technologie herum. Die derzeit weltbesten organischen Solarzellen mit einem Labor-Wirkungsgrad von mehr als 9 % wurden im Sommer 2011 von Mitsubishi Electrics gefertigt. Damit ist die Organische Photovoltaik erstmals konkurrenzfähig mit einer anorganischen Dünnschicht-Solarzellentechnologie, dem amorphen Silizium.
Kernstück der organischen Solarzellen sind sogenannte konjugierte, halbleitende Polymere, die aufgrund ihrer molekularen Struktur eine sehr gute Absorption des Lichtes bereits in 100 nm dicken Schichten erlauben (das entspricht etwa dem Tausendstel des Durchmessers eines menschlichen Haares). Werden diese Polymere mit starken Elektronen-Akzeptoren gemischt – üblicherweise Fulleren-Derivate (C60) – so lassen sich an den internen Grenzflächen des Gemisches freie Ladungsträger erzeugen, die zu den Elektroden abgeführt werden können und dort einem externen Verbraucher als elektrische Energie zur Verfügung stehen.
Neben den halbleitenden Eigenschaften müssen die Polymere weitere Randbedingungen erfüllen: Das Absorptionsprofil sollte einen möglichst großen Anteil des sichtbaren und des infraroten Licht-Spektrums abdecken, um einen möglichst hohen Wirkungsgrad der Solarzelle zu garantieren. Ferner müssen die verwendeten Materialien in der Lage sein, die generierten Ladungsträger effizient an die Elektroden abzuführen.
Aber genau hier liegt eine Stärke der Organischen Photovoltaik: Die vielfältigen Synthese-Möglichkeiten für Polymere erlauben eine nahezu beliebige Anpassung ihrer optoelektronischen Eigenschaften. Dies reicht bis hin zu einer Anpassung der Farbe, um die Solarzellen für eine spätere Integration an die Umgebung anzugleichen.
Am Lichttechnischen Institut des Karlsruher Institutes für Technologie (KIT) forscht ein derzeit 30-köpfiges Forscherteam unter der Leitung von Dr. Alexander Colsmann und Prof. Uli Lemmer seit einigen Jahren an der Verbesserung organischer Solarzellen und deren Integration in Anwendungen aller Art. Zum einen arbeiten sie daran, ein Verständnis für die physikalischen Vorgänge in organischen Solarzellen auf molekularer Ebene zu entwickeln, was für die Bauelement-Entwicklung unverzichtbar ist. Daneben forscht die Arbeitsgruppe an Konzepten, um die Effizienz organischer Solarzellen auch künftig zu steigern. Ein Schwerpunkt ist die Entwicklung von Tandemsolarzellen, in denen zwei Solarzellen mit unterschiedlichem spektralen Absorptionsprofil aufeinander aufgebracht und miteinander verschaltet werden, um so das Sonnenlicht besser zu nutzen.
Die Herausforderungen liegen dabei bei der späteren Druckbarkeit dieser Solarzellen, wenn es gilt, organische Multischichten aus der Flüssigphase heraus übereinander abzuscheiden. Mit dieser Technologie wird es mittelfristig gelingen, organische Solarzellen mit einem Wirkungsgrad von deutlich mehr als 10 % zu realisieren.
Weiter arbeiten die Karlsruher Forscher intensiv an der Integration von semi-transparenten Solarzellen in Fenster. Damit könnten die weit verbreiteten Sonnenschutz- oder Sicherheitsfolien mit einer zusätzlichen Funktionalität ausgestattet werden. Eine wichtige Voraussetzung sind leitfähige aber dennoch transparente Elektroden, mit denen sich die generierten Ströme effizient aus der Solarzelle einem Verbraucher zuführen lassen.
Die Realisierung von semi-transparenten organischen Solarzellen wird als Schlüssel-Applikation für die Organische Photovoltaik gewertet, da sich keine andere Technologie besser für das Integrieren von photovoltaischen Elementen in Fenster eignet.
Die anstehenden Herausforderungen, den Wirkungsgrad und die Lebensdauer der organischen Solarzellen zu verbessern, kann dabei nur eine intensive, multi-disziplinäre Kooperation von Industrie und Wissenschaft meistern, in der Physiker, Chemiker, Verfahrenstechniker, Materialwissenschaftler und Ingenieure zusammenarbeiten. Das nationale und internationale Forscher-Netzwerk der Karlsruher Wissenschaftler bietet hierfür die allerbesten Voraussetzungen.
Dr. Alexander Colsmann Andreas Pütz Prof. Dr. Uli Lemmer Lichttechnisches Institut am Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

„Power Plastics“ für Fassaden und Autodächer

Konarka Technologies forciert den Einsatz von organischen Solarzellen durch Kooperation mit großen Industrieunternehmen

Konarka Technologies macht Ernst mit der Einführung von polymeren Solarzellen auf breiter Ebene – und zwar durch Partnerschaften mit potenten Marktplayern. Darunter sind Firmen wie Webasto, Lapp Kabel und ThyssenKrupp Steel Europe.
IAA-Besucher konnten sich über zahlreiche Neuheiten zur E-Mobilität informieren. Am Zugang zur „smart urban stage“ faszinierte die organische Photovoltatik: Rund 90 Module mit Power-Plastic-Technologie von Konarka machten das „Solar Gate“ nicht nur zum architektonischen Hingucker, sondern auch zum Vorzeigebeispiel einer Stromquelle, die auch einen Elektro-Smart versorgen könnte. Die Lapp-Gruppe übernahm mit ihren Epic-Solar-Anschlusssystemen die Kontaktierung der transparenten Solarzellen.
Was aufhorchen ließ: Der Energieertrag der Konarka-Module ist bei gleicher Nennleistung um 30 bis 40 % höher als mit kristallinen Modulen, denn die Power-Plastic-Folie ist wesentlich weniger abhängig vom Einfallswinkel der Sonne. Das rund 60 m² große Solartor gab zum Beispiel eine Leistung von 670 kWp ab. Noch interessanter als die Leistung ist, dass sich organische Photovoltaik auf verschiedensten Trägermaterialien applizieren lässt wie Stahl und Glas, aber auch Folien und Textilien.
So hat Automobilzulieferer Webasto eine Zusammenarbeit mit Konarka bekannt gegeben und will die organischen Solarzellen in Autodächer integrieren. Webasto entwickelt und produziert seit 20 Jahren Dachsysteme mit Solarfunktionalität. Mit Wirkungsgraden von 8,4 % sei die Leistung der Power Plastics bei suboptimalen Einstrahlungswinkeln höher als mit konventioneller Photovoltaik, heißt es. „Wir haben mit Fahrzeugherstellern intensive Gespräche zur Bewertung organischer Solarzellen geführt“, sagt Dr. Jörg Löffler, Global Vice President Product Group Efficiency Technologies. „Die organischen Solarzellen von Konarka bieten eine transparente, leichte und kostengünstige Lösung für Dachsysteme. Die Hauptaufgabe der Zusammenarbeit wird sein, den Wirkungsgrad weiter zu erhöhen.“
Fassaden- und Dachelemente aus Stahl mit organischer Photovoltaik stehen im Fokus einer Entwicklungskooperation von ThyssenKrupp mit Konarka. Die avisierte Lösung soll ohne die schweren Ständerkonstruktionen auskommen. Und, ein weiterer Vorteil: Weil organische Solarzellen die Sonnenenergie auch bei ungünstigen Einstrahlwinkeln gut nutzen, bleibt die Fassade nicht mehr eine weitgehend ungenutzte Fläche. Mit den Power Plastics könnte der Stahl in der Coil-Coating-Fertigungsstufe inline ausgestattet werden. os
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 7
Ausgabe
7.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de