Im Grunde ist eine Blockchain ein Netzwerk, in dem eine Kopie einer Transaktion bei jedem Teilnehmer gespeichert wird. Die Daten liegen verschlüsselt auf vielen verschiedenen Rechnern. Es gibt somit keine zentrale Instanz, die die Transaktion verifiziert, sondern ein dezentrales Peer-Peer-Netzwerk. Die Kontrolle der Transaktionen liegt bei den Teilnehmern, die Daten können nicht von einem Einzelnen geändert werden. Dies sorgt für Sicherheit.
Damit hat die Blockchain das Potenzial viele unterschiedliche Branchen grundlegend zu verändern. Dazu zählt auch die Energiewirtschaft.
Energieversorgung wird künftig dezentral
Schließlich wird die Energieversorgung in Zukunft vor allem dezentral sein. Viele verschiedene Teilnehmer werden Daten austauschen und mit Energie handeln.
Dafür braucht es ein Clearing-System – eine zentrale Datenbank, über welche die Transaktionen laufen und die die Verantwortung dafür übernimmt. Die Alternative wäre eine Blockchain, die den zentralen Vermittler ersetzt und trotzdem für Vertrauen sorgt. So können die Nutzer – Unternehmen wie Privatleute – ihre Leistungen direkt miteinander abrechnen.
Die Blockchain habe das Potenzial, energiewirtschaftliche Prozesse in nahezu allen Wertschöpfungsstufen zu optimieren und gleichzeitig die steigende Komplexität im dezentralen Energiesystem zu bewältigen, sagt Professor Jens Strüker, Direktor des Instituts für Energiewirtschaft der Hochschule Fresenius. „Die Blockchain kann die Technologie sein, die die Vernetzung und Interaktion zwischen den Millionen von intelligenten, autonomen Geräten ermöglicht und kleinste Energieflüsse sowie Steuerungssignale zu sehr geringen Transaktionskosten sicher organisiert und nachhält“, so Strüker. „Transaktionen erfolgen in Sekundenschnelle und automatisiert direkt zwischen den Nutzern und es wird direkt in diesem Innenverhältnis abgerechnet.“
Blockchain bietet Mehrwert für Unternehmen in der Energiewirtschaft
Strüker ist einer der Fachgutachter der Studie „Blockchain in der integrierten Energiewende“, die im Auftrag der Deutschen Energie-Agentur (Dena) durchgeführt wurde. Die Studie hat den Beitrag der Blockchain zur Energiewende anhand elf konkreter Anwendungsfälle aus den energiewirtschaftlichen Kernbereichen Asset-Management, Datenmanagement, Marktkommunikation, Stromhandel und Finanzierung untersucht. Das zentrale Ergebnis: Schon heute kann die Blockchain in vielen Bereichen der Energiewirtschaft Mehrwert für Unternehmen und Verbraucher bieten.
Dabei müssen jedoch in jedem Anwendungsfall die verschiedenen Aspekten getrennt voneinander betrachtet und gegeneinander abgewogen werden. Will heißen: Wenn der Einsatz der Blockchain in einem speziellen Fall beispielsweise technisch bereits sehr reif ist, können energie- oder datenrechtliche Hürden den betriebswirtschaftlichen Nutzen verringern.
So zeigt sich etwa aus wirtschaftlicher Sicht: Die Technologie kann über Automatisierungseffekte und Prozessoptimierungen zur Senkung von Betriebskosten beitragen und auf Basis eines gesteuerten Informationsmanagements Zusatznutzen generieren. Anwendungsgebiete mit hohem ökonomischen Nutzen sind etwa die Zertifizierung von Herkunftsnachweisen, die Anmeldung von Anlagen im Marktstammregister und Energiedienstleistungen für Gebäude und Industrieprozesse.
Bei der Beurteilung der technologischen Eignung der Blockchain ragen laut Studie derzeit unter anderem die Energiedienstleistungen für Gebäude und Industrieprozesse sowie der Peer-to-Peer-Handel hervor – also die direkt Interaktion von Marktteilnehmern.
Kleinere Firmen sind experimentierfreudiger
Die Energiewirtschaft beschäftigt sich bereits mit dem Thema. 28 % von rund 300 befragten Energieunternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz testen zurzeit aktiv den Einsatz der Technologie, so ein weiteres Ergebnis der Dena-Untersuchung. Kleinere Firmen mit bis zu 500 Mitarbeitern setzen rund drei Mal häufiger auf die dezentrale Technologie: 21 % experimentieren damit oder haben diese bereits implementiert. Bei den großen Unternehmen sind dies nur 7 %.
Ganz oben steht der Peer-to-Peer-Handel. 60 % der Unternehmen sind hier zurzeit aktiv. Dahinter folgen die Elektromobilität (34 %) sowie Zertifizierung und Asset-Management mit 31 %.
Ein konkretes Beispiel für den Einsatz der Blockchain ist das Projekt Community Network, das Innogy gemeinsam mit dem Startup Conjoule gestartet hat. Über eine Internetplattform können Besitzer privater Photovoltaikanlagen überschüssige Energie an Verbraucher aus der Nachbarschaft abgeben.
Unter den Verbrauchern finden sich Nachbarn ohne eigene Stromerzeugung, ortsansässige Unternehmen, Supermärkte und Schulen. Die Blockchain ermöglicht den Austausch des lokal erzeugten Stroms zwischen den Nachbarn und schafft Transparenz über die Quelle jeder erzeugten Kilowattstunde.
„Die Blockchain steht am Anfang ihrer Lernkurve“
Jetzt ist der Zeitpunkt günstig, sich mit der Technologie zu beschäftigen. „Die Blockchain steht am Anfang ihrer Lernkurve“, sagt Philipp Richard, Teamleiter für Digitalisierung bei der Dena und Projektleiter der Studie. Technologische Weiterentwicklungen in den kommenden ein bis zwei Jahren würden die Transaktionsgeschwindigkeit der Blockchain erhöhen, ihre Interoperabilität und Anwendbarkeit verbessern, Energieverbräuche senken und so die Wettbewerbsfähigkeit stärken. „Es ist ihr zuzutrauen, in den kommenden Jahren Aufgaben zu unterstützen, die weit über die bisher bekannten Anwendungsfälle hinausgehen.“