Umformverfahren haben große Vorteile beim Produzieren von Metallbauteilen: Im Vergleich etwa zur Zerspanung benötigen sie weniger als die Hälfte der dort aufgewendeten Energie, insbesondere beim Einsatz der Kaltumformung. Ein weiteres Plus: Umformteile haben sehr gute mechanische Eigenschaften. Häufiges Hindernis ist jedoch, dass die Fertigungsgenauigkeit bei der Umformung nicht ausreicht, um Präzisionsbauteile herzustellen. Dann bleibt nur die Wahl der präziseren zerspanenden Verfahren. Die Voraussetzung für eine breitere Nutzung der Umformung ist eine hochgenaue Inline-Qualitätskontrolle.
100%-Prüfung im Flug
Das Fraunhofer IPM stellt dafür eine Lösung vor: ein optisches Freifall-Inspektionssystem, das im Rahmen eines vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geförderten Forschungsprojekts mit Partnern entwickelt wurde. Es prüft kaltumgeformte Bauteile mit Genauigkeiten im Bereich einiger hundertstel Millimeter auf geometrische Maßhaltigkeit und Oberflächenqualität.
Eingesetzt werden soll es am Ende von mehrstufigen Umformprozessen. Der Inline-Prozessablauf: Die Bauteile werden ohne zusätzliches Handling über ein Förderband im Sekundentakt einzeln in eine Hohlkugel befördert. Sechzehn gleichmäßig über die Oberfläche der Kugel verteilte Kameras nehmen das Bauteil im freien Fall durch die Kugel gleichzeitig auf, so dass jede Stelle des Teils mindestens einmal abgebildet wird.
Das System prüft Bauteile mit einer Kantenlänge von 0,5 bis 6 cm. Eine schnelle Datenauswertung ermöglicht die direkte Rückkopplung in den Produktionsprozess, um Prozessparameter anzupassen und so Ausschuss zu reduzieren. Bei Einfahrprozessen oder Änderungen von Materialeigenschaften, zum Beispiel beim Coil-Wechsel, unterstützt die Messtechnik dabei, den Prozess schneller zu adaptieren.
Fingerprint ermöglicht künftig Rückverfolgung
Zusätzlich zur Qualitätsprüfung soll in Zukunft bei der Bildaufnahme die individuelle Oberflächenstruktur an einer definierten Stelle hochaufgelöst aufgenommen werden. Eine Datenbank registriert sie inline als Fingerabdruck zur Bauteilrückverfolgung.
So können die Bauteile später durch erneute Bildaufnahme an der Fingerprint-Stelle identifiziert und ihnen die individuellen Prozessparameter oder Qualitätsmerkmale zugeordnet werden. Und: Mit dieser Möglichkeit der Rückverfolgung legt das Inline-Inspektionssystem die Grundlage für eine selbstlernende Optimierung von Umformprozessen. (os)