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Kurbelwellen ohne Ecken und Kanten

Qualitätssicherung: Messen im laufenden Prozess
Kurbelwellen ohne Ecken und Kanten

Der Automobilzulieferer Weber Automotive zeigt, dass eine Null-Fehler-Produktion auch bei der Kurbelwelle möglich ist, dem komplexesten, rotationssymmetrischen Bauteil eines Motors.

Von Beginn an setzte die Weber Automotive GmbH auf Qualität. Auch das im Jahr 1999 aufgebaute Geschäftsfeld „Kurbelwellenbearbeitung“ wurde nach denselben Prinzipien strukturiert, die das Unternehmen bereits bei der Gehäusebearbeitung zum Erfolg geführt haben.

Pragmatisch, wie es der mittelständisch geprägten Industrieregion am Bodensee entspricht, hat man dem hauseigenen Produktions- und Qualitätssystem keinen marketingnahen Slogan gegeben, geht aber an entscheidenden Stellen eigene Wege. Die Begriffe, die für Weber den Unterschied ausmachen, sind Teileverfolgung und Anlagenflexibilität.
Bei der Konzeption der Anlage zur Kurbelwellenfertigung hatte Christian Weber, Geschäftsführer und zuständig für Produktion und Beschaffung, Flexibilität bei hoher Produktivität und Prozesssicherheit im Fokus. Schließlich war ein breites Volumenspektrum von 5000 bis 300 000 Einheiten pro Jahr wirtschaftlich darzustellen. Realisiert wurde das Ziel, indem das Beschicken der Einzelmaschinen vom Materialfluss entkoppelt wurde. Stattdessen werden die Werkstücke gepuffert. „Dadurch gelingt es uns, mehrere Produktvarianten auf einer Linie zu fahren“, so Christian Weber. „Den laufenden Wartungs- und Rüstbedarf schaffen wir in kurzer Zeit ohne Anlagenstillstand.“
Der hohe Automatisierungsgrad der Kurbelwellenanlage prägt auch das Tätigkeitsbild der Belegschaft. „Unsere Mitarbeiter sind heute vorwiegend mit qualitätsbezogenen Aufgaben beschäftigt“, umschreibt Christian Weber die Veränderung in der Wertschöpfung. Dazu zählen das Prüfen auf Materialfehler und die optische Begutachtung von Bearbeitungsergebnissen. Diese messtechnischen Schritte ließen sich bislang nicht automatisieren.
Zur Realisierung der Anlage holte man sich Partner an Bord. Ein Großteil der Projektierung und der Maschinenausstattung wurde zusammen mit der Firma Heller geplant und realisiert. Das entscheidende Auswahlkriterium für die Maschinen war die Prozesssicherheit. Ein Vorteil im internationalen Wettbewerb ist für Christian Weber die Nähe zu den Lieferanten. Dies sorge für einen technischen Vorsprung und kurze Reaktionszeiten. „Viele Kunden unterschätzen die Vorteile, die uns unsere industrielle Infrastruktur in Deutschland bietet“, meint der Geschäftsführer.
Das Aufbrechen des linearen Produktionsprozesses war ohne die genaue Kenntnis des Status eines Werkstücks im Produktionsprozess nicht möglich. Bereits Anfang der 90er Jahre wurde bei Weber Automotive damit begonnen, die erforderliche Kompetenz zur hundertprozentigen Teileverfolgung aufzubauen. Schon damals war für Unternehmensgründer Albert Weber erkennbar, dass die Zukunft der Qualitätssicherung in der Automobilindustrie in der vollständigen Dokumentation eines jeden Bearbeitungsschritts liegen würde.
Der Mittelständler traute sich zu, statt über den Umweg der statistischen Auswertungen direkt von jedem Teil im laufenden Prozess alle messbaren Parameter zu ermitteln und auszuwerten. Dadurch ergibt sich in der Praxis eine Reihe von Einzelauswertungen, die exakte Aussagen über die Prozessfähigkeit eines jeden Einzelschritts zu jedem Zeitpunkt zulassen. Das Endergebnis wird für alle gefertigten Produkte durch eine optische Prüfung der relevanten Merkmale abgesichert. Eine weitere Gegenprüfung erfolgt über ein taktiles Messverfahren.
„Uns war bereits vor 15 Jahren klar, dass Massenspeicher langfristig keine entscheidende Kostenposition sein würden“ fasst Christian Weber die Bedenken zusammen, die zu Anfang bestanden, und rekapituliert den damaligen Stand der Technik: „Zu diesem Zeitpunkt waren die bekannten Softwareanbieter noch weit davon entfernt, unsere Philosophie der vollständigen Teileverfolgung mitgehen zu können“. Also entschied man sich, die Teileverfolgung mit eigenen Mitteln zu programmieren.
Zugute kam dem Unternehmen, dass man bei Standardprozessen durchgängig auf Standardsoftware setzt. Nur in Prozessen, die Weber Automotive vom Wettbewerb abheben, wurden proprietäre Lösungen angestrebt. Das Konzept der Teileverfolgung wurde bis in die seit 2003 bestehende Motormontage ausgeweitet. Dadurch verfügen die Markdorfer über ein Instrument, das die Reaktionszeit bei der Fehlerermittlung entscheidend verkürzt.
Hinzu kommt ein Aspekt, der nur durch jahrelange Erfahrung einzubringen ist: „Man muss die ermittelten Daten nicht nur auswerten, sondern auch interpretieren können“ erklärt Bernhard Hauser, der seit 40 Jahren bei Weber Automotive arbeitet und heute für die Qualitätssicherung zuständig ist. „Wegen der hohen Anforderungen an die Bearbeitungspräzision und die verschärften Eingriffsgrenzen stoßen wir mit der heutigen Messtechnik an physikalische Grenzen“, so Hauser weiter. „Eine Aussage ist nur möglich, wenn man den Produktionsprozess durch und durch versteht.“ Deshalb sei der ständige Dialog mit den Hard- und Softwareanbietern wichtig, um die Qualität im Unternehmen weiter zu entwickeln.
Um die anstehenden Messaufgaben zu bewältigen, steht der Qualitätsprüfung bei Weber Automotive ein ganzes Arsenal an Messeinrichtungen zur Verfügung. Zur Grundausstattung gehören 3D-Messmaschinen von Hexagon, eine Zylinderkoordinaten-Messmaschine des Herstellers Adcole sowie ein Formtester, ein polares Koordinatenmessgerät und Oberflächenmessplätze von Mahr. Diverse Hand- und Härtemessmittel rundet die Ausstattung ab. Die klimatisierte Messraumfläche beträgt rund 800 m².
Gegenprüfung mit taktiler Messtechnik

Marktchancen
Die Weber Automotive zeigt, wie sich Marktchancen erfolgreich nutzen lassen. Der Automobilzulieferer hat das Beschicken der Maschinen vom Materialfluss entkoppelt. Stattdessen werden die Werkstücke, in diesem Fall komplexe Kurbelwellen, gepuffert. Dadurch ist es den Markdorfern gelungen, mehrere Produktvarianten auf einer Linie zu fahren.
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