Die Control, internationale Fachmesse für Qualitätssicherung, hat fast wieder so viele Aussteller wie im Rekordjahr 2009. Eine vierstellige Ausstellerzahl hält Paul E. Schall in den nächsten Jahren für realistisch. Aber das ist nicht sein erklärtes Ziel. Für den Messechef ist der qualitative Zuwachs entscheidend.
Herr Schall, wie viele Aussteller und Besucher erwarten Sie zur 26. Control?
Wir werden über 850 Aussteller haben und diese kommen aus mehr als 30 Ländern. Damit bilden wir erneut das komplette Angebot im Bereich der industriellen Qualitätssicherung ab und erwarten deshalb über 25 000 Fachbesucher aus mehr als 80 Nationen.
Schon im letzten Jahr konnte die Jubiläumsveranstaltung an das Niveau von 2008 anknüpfen. In diesem Jahr rückt der Ausstellerrekord von 2009 in Sichtweite. Mit der Control geht es steil nach oben. Worauf führen Sie diese Entwicklung zurück?
Vereinfacht ausgedrückt: Qualität hat immer Konjunktur. Dies gilt besonders dann, wenn die Qualität mit wettbewerbsfähigen Preisen einhergeht. Um dies dauerhaft sicherstellen zu können, müssen die Unternehmen buchstäblich Stück für Stück Qualität produzieren und keinen teuren Ausschuss. Somit sind die Produzenten aus allen Ländern, also auch aus den Billiglohnländern, geradezu gezwungen, verstärkt in die Qualitätssicherung zu investieren. Das beschert diesem Markt eine anhaltende Nachfrage. Wer an diesem Markt teilhaben möchte, muss für die potenziellen Kunden mehr denn je sichtbar sein und dazu gehört die Präsenz auf der Control, dem wichtigsten Business-Event in dieser prosperierenden Branche.
Wo soll das alles enden? Erleben wir schon bald die erste Control mit einer vierstelligen Austellerzahl?
Das ist nicht unser erklärtes Ziel – zumal das der Markt entscheidet und nicht wir. Es läuft aber darauf hinaus und darüber sind wir natürlich nicht unglücklich. Jedoch streben wir immer zuerst ein qualitatives und erst in zweiter Linie ein quantitatives Wachstum an. Das Verkaufen von bloßen Quadratmetern ist nicht unser Ding. Die Organisation der für die Branche weltweit wichtigsten Informations-, Kommunikations- und Business-Plattform dagegen schon. Am Ende ist es aber doch so, dass eine solche Fachmesse überschaubar bleiben und ihren Branchen-Charakter wahren muss.
Die Ausstellungsfläche ist mit 52 400 Quadratmetern brutto ebenfalls gewachsen. Daraus lässt sich schließen, dass die Aussteller im Schnitt mehr Fläche buchen. Was ist aus Ihrer Sicht der Grund dafür? Ist die Zuversicht in der Branche gewachsen? Hat das Thema an Bedeutung gewonnen? Oder sitzt einfach nur das Geld lockerer?
Das Thema Qualitätssicherung stellt sich für die Hersteller und Anbieter im Grunde eher heterogen dar. Einigen großen und technologisch breit aufgestellten Unternehmen stehen unzählige, technisch fokussierte und typisch mittelständisch geprägte Unternehmen gegenüber. Mit der Globalisierung der Produktion hat sich speziell für die mittleren und kleinen Technologie-Firmen ein Wachstums-Potenzial ergeben, dass für diese früher so nicht denkbar war. Ob nun das eine oder andere kleinere Unternehmen in einer großen Gruppe aufgeht oder selbst international agiert und damit wächst, in jedem Fall möchten sich alle Firmen dem Weltmarkt adäquat präsentieren und sehen dafür die Control offensichtlich als wichtigsten Branchentreff an. Eine Marke prägen heißt auch, sich als Marke beziehungsweise als leistungsfähiges Unternehmen darzustellen. Insofern kommt dem Auftritt auf der Control eine zentrale Bedeutung zu, der die Position am Markt unterstreichen soll.
Im letzten Jahr ist der Anteil der ausländischen Aussteller kontinuierlich auf 22 Prozent gewachsen. Hält der Trend zur Internationalität an?
Wir waren im Jahr 2010 mit rund 17 Prozent schon auf einem hohen Niveau in Bezug auf die Beteiligung ausländischer Hersteller und Anbieter. Mit einer Steigerung um 5 auf 22 Prozent im vergangenen Jahr und einer weiteren Zunahme in diesem Jahr ist die Internationalisierung immer noch im Steigen begriffen. Das betrifft vor allem asiatische und auch US-amerikanische Anbieter. Diese und andere ausländische Unternehmen haben erkannt, dass sie in den eigenen Märkten nur noch begrenzt wachsen können und wagen sich nun nach Europa in die Höhle des Löwen. Wer hier erfolgreich ist, der hat auf allen Märkten der Welt eine Chance. Und damit schließt sich nach meiner Ansicht auch wieder der Kreis der globalisierten Produktion.
Sie sind mit der Control bislang gut und praktisch unbeschadet durch jede Krise gekommen. Sind die Qualitätssicherung und damit die Control krisenresistent?
Solange sich fast täglich in den verschiedenen, produzierenden Branchen neue Wettbewerber zeigen, wird es im Bereich Qualitätssicherung auch Wachstum geben. Die Qualitätssicherungs-Branche ist vielleicht nicht ganz so anfällig gegen Krisen wie einzelne Maschinenbau- oder Konsumprodukte-Sparten, aber keineswegs krisenresistent. Hätten sich parallel zur Rezession in Europa und den USA in den vergangenen Jahren nicht die neuen Märkte in Asien, Osteuropa und den BRIC-Staaten sehr stark entwickelt, hätte es auch für die Unternehmen aus der Mess- und Prüfbranche deutlich weniger Geschäft und damit eine Stagnation gegeben. Da die Qualitätssicherung jedoch Querschnitts-Charakter besitzt, kann kaum jemand auf eine gewisse Investition in dieses Thema verzichten – auch nicht in schlechten Zeiten.
Ist das Ende des Wachstums für die Control erreicht oder planen Sie thematische Erweiterungen in die eine oder andere Richtung?
Einer der Erfolgsfaktoren der Messe ist die vergleichsweise strikte Auslegung und Handhabung der Nomenklatur. Nur bedingt und auf der Grundlage von anhaltenden technischen Veränderungen geben die Nomenklaturen einen Spielraum für thematische Erweiterungen. Im Übrigen brauchen wir keine neuen Themen aufgreifen, weil die Entwicklungen in der Qualitätssicherung selbst genug Treibsatz für weiteres Wachstum beinhalten. Als Beispiel wäre das Thema Medizintechnik zu nennen, das gerade in aller Munde ist. Ist denn die Qualitätssicherung in der medizintechnischen Mechanik eine grundlegend andere als in der Hochpräzisions- und Feinwerktechnik? Bis auf die entsprechende Zertifizierung, die materialtechnischen Bearbeitungs-Anforderungen und der lückenlosen Dokumentationen eigentlich nicht. Auf der Control werden diese Zusammenhänge schon lange gezeigt. Und in jüngster Zeit eben auch ausdrücklich mit Bezug auf die Medizintechnik. Solche anwendungsorientierten und für die Branchenvertreter dann oft neuen Themen bieten Wachstumspotenzial genug, um nicht in anderen Bereichen wildern zu müssen. Was sich im Übrigen zumeist negativ und sogar kontraproduktiv auf den Stellenwert einer Branchen-Fachmesse auswirkt.
Und zu guter Letzt: Wie ist die Stimmung unter den Ausstellern?
Wenn man die Größe und Strahlkraft der Messe als Spiegelbild der Branche ansieht und sich nicht von den destruktiven Begleiterscheinungen der Euro- und Finanzkrise beeinflussen lässt, dann ist die Stimmung gut bis sehr gut. Abgekoppelt von der Finanzpolitik gehen die produzierenden Industrien ihren Weg. Und das ist gut so. Denn wer sich auf die politischen Rahmenbedingungen verlässt, der hat schon verloren. Da ist es doch besser, seinen Geschäften nachzugehen, sich auf möglichst viele Märkte zu begeben und sich konjunkturell breit abzustützen. Die Control ist für viele Aussteller ein Sprungbrett in neue Märkte. Die Fachbesucher kommen aus nunmehr über 80 Ländern. Für die Aussteller bedeutet das im Umkehrschluss, dass sie in mindestens 80 Ländern Geschäfte machen können.
Uwe Böttger uwe.boettger@konradin.de
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