Der Trend ist schon seit Jahren zu erkennen: Die Losgrößen werden kleiner, die Produktion muss entsprechend flexibler werden. Auf ein und derselben Anlage werden unterschiedliche Teile in geringen Stückzahlen gefertigt. Entsprechend groß ist der Druck, die Rüstzeiten zu reduzieren. Automatisierung erhöht jedoch zunächst die Komplexität einer Anlage, was zu tendenziell längeren Rüstzeiten führt.
Das ist eine Herausforderung. Auf dem digitalen Robotics Kongress zeigten Technikanbieter aus dem Automatisierungsumfeld, wie sie dieser begegnen. Im Mittelpunkt standen Technologien, mit denen sich die Fertigung flexibler und autonomer gestalten lässt – von Robotersystemen wie etwa von Stäubli über Komponenten wie Greifsysteme von J. Schmalz bis zu adaptiven Transportlösungen wie die von B&R.
Ein wichtiges Werkzeug dabei sind Methoden der künstlichen Intelligenz (KI) wie Machine Learning. Der Kongress zeigte, dass diese in einer ganzen Reihe von Anwendungsfeldern signifikante Verbesserungen bringen. Dazu zählen zum Beispiel die Inbetriebnahme, die Prozessüberwachung, die Qualitätssicherung oder das Condition Monitoring.
Keine Computer-Vision ohne KI
In der Bildverarbeitung sind die entsprechenden Methoden bereits fest etabliert. „Computer Vision ist heute undenkbar ohne KI“, sagte Jonathan Balzer, CTO von Vathos. Bildverarbeitung – unterstützt durch Machine Learning – biete die Möglichkeit, die Autonomie des Roboters zu steigern. „Sobald die Maschine beginnt, ihr Umfeld wahrzunehmen, ist die Voraussetzung geschaffen, dass sie autonom handelt.“ Vision sei außerdem der Schlüssel, um generell die Programmierung des Roboters zu vereinfachen.
Dank KI lässt sich der Roboter schneller integrieren, weil er per Teach-In in Betrieb genommen werden kann. „Das spart Zeit und vereinfacht die Programmierung“, erklärte Viktor Treichel, Channel Development Manager bei Universal Robots. Der Roboter kann mit weniger Aufwand an sich verändernde Aufgaben angepasst werden.
Das kann auch Geld sparen. Denn ein großer Teil der Kosten für ein Robotersystem verursacht nicht die Hardware selbst, sondern die Integration. Es bringe nichts einen vermeintliche kostengünstigen Roboter auszuwählen, für den dann aber ein Experte benötigt wird, der die Programmierung übernimmt, so Treichel. „Die Experten- und Integrationskosten, die dann entstehen, wiegen die Einsparungen bei der Hardware wieder auf.“
Viele Fragen von den Teilnehmern
So offensichtlich die Vorteile durch die KI sind, so groß sind die Bedenken der Anwender hinsichtlich Sicherheit und Verlässlichkeit der entsprechenden Lösungen. Das zeigten die vielen Fragen zu dem Thema, die auf dem Robotics Kongress von den über 700 Teilnehmern gestellt wurden.
Balzer wies dabei aber darauf hin, dass KI immer nur eine Komponente in einer Gesamtlösung sei – nur „ein Glied in der Kette“. „Um ein mehrstufiges Sicherheitssystem kommt man trotzdem nicht herum“, so der CTO. Die letzte Instanz in diesem System seien die Sensoren, welche die Drehmomente in den Gelenken des Roboters messen und rechtzeitig bemerken, wenn eine Kollision droht.
Martin May, Head of Research und Cyber Physical Systems bei Schunk, hob hervor, dass es in der Robotik nicht nur KI gebe. „So ein Roboter arbeitet nach wie vor mit einem großen Anteil von klassischen modellbasierten Ansätzen.“ Ob nun diese oder datenbetriebene Ansätze zum Einsatz kommen, hänge immer von der Anwendung ab
Jens Kotlarski, CEO von Yuanda Robotics, berichtete außerdem von neuen Ansätzen, bei denen Veränderungen innerhalb von Applikationen geclustert werden. So muss eine Anwendung nicht jedes Mal komplett neu bewertet werden. Das sei auch für das Gesamtkonzept Cobot entscheidend. „Wenn ein Cobot heute an Machine A eingesetzt werden soll und morgen an Maschine B, dann möchte man ja nicht immer wieder zum Beispiel eine Kraftmessprüfung durchführen.“
Kopfzerbrechen bereitet es vielen Anwendern aber auch, wenn Daten aus der Produktion nach außen getragen werden. Das geschieht etwa, wenn Anbieter Informationen auswerten, die von den Robotern beim Kunden kommen.
Einige Referenten zeigten, dass dies grundsätzlich viele Vorteile für den Hersteller, aber auch für den Anwender haben kann. Auf Basis der analysierten Daten lassen sich dann zum Beispiel die Lösungen vor Ort optimieren oder Ausfälle verhindern, weil Wartungen zielgerichteter durchgeführt werden.
Laut Balzer müsse ein solches Konzept auf drei Säulen stehen. Erstens sollte den Kunden der Benefit klar dargestellt werden. Zweitens müssten Datenschutzrichtlinien und Best Practices konsequent angewandt werden. Und drittens sei Transparenz sehr wichtig. Die Unternehmen müssen wissen, welche Daten für welche Zwecke verwendet werden.
Daten fließen aber auch beim Einsatz von Cloud Computing. Der Kongress zeigte, dass der Einsatz von KI ohne die Cloud kaum denkbar ist. Denn diese sorgt für die nötige Rechenpower.
Doch auch hier gibt es Konzepte, die Anwender beruhigen dürften. Mithilfe von Edge-Computing kann die Menge an Daten reduziert werden, welche die Werkshallen verlässt. Entsprechende Systeme werden nahe der Produktion installiert und verarbeiten bereits einen Teil der Daten aus der Fertigung, sodass diese nicht in die Cloud wandern. So lassen sich etwa Bilder auf einer kleinen Recheneinheit im lokalen Netzwerk auswerten. So wird also nicht nur die Robotik, sondern auch die dazugehörige Datenverarbeitung flexibel gestaltet.
Video und Präsentationen
Die Präsentationen der Vorträge und die Video-Aufzeichnung zum diesjährigen Robotics Kongress finden Sie hier: