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Ein Porthos für alle Fälle

BMBF-Projekt Porthos macht Roboter auch für KMU attraktiv
Ein Porthos für alle Fälle

Ein Porthos für alle Fälle
Flexibilität ist beim Roboter Porthos Prinzip. Der Anwender kann nicht nur den Einsatzort variieren, ein modulares Servo-Greifersystem passt sich auch den Werkstücken an. Ein integriertes Sicherheitssystem ersetzt die Trennwände (Bild: WZL)
Einmal für mehrere Einsatzbereiche kalibriert, lässt sich der Roboter Porthos schnell um- und flexibel einsetzen. Auch Unternehmen, die nicht über Robotik-Spezialisten verfügen, sollen so deren Vorteile nutzen können. Die Sicherheit gewährleistet ein System aus Laserscannern.

Prof. Dr.-Ing. Christian Brecher ist Professor, Dipl.-Ing. Carlos Almeida und Dipl.-Ing. Ben Schröter sind Mitarbeiter am Werkzeugmaschinenlabor der RWTH Aachen C.Almeida@wzl.rwth-aachen.de

Robotersysteme werden heutzutage primär in der Serien- und Massenproduktion von großen Industrieunternehmen eingesetzt. In diesem Bereich lässt sich Robotertechnik aufgrund der hohen Arbeitsgeschwindigkeit, großer Nutzlasten und hoher Reproduzierbarkeit Kosten senkend einsetzen. Industrieroboter werden üblicherweise stationär betrieben, da sich ihr Einsatz an einzelnen, hoch ausgelasteten Maschinen rentiert.
In kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) ist der Einsatz solcher stationärer Robotersysteme jedoch unwirtschaftlich, da in kleinen Losgrößen und mit großer Variantenvielfalt produziert wird und die Fertigung darüber hinaus auftragsbedingten Schwankungen unterliegt. Die fehlende Flexibilität ortsgebundener Robotersysteme und ihre geringe Amortisation führen deswegen dazu, dass Industrieroboter nur selten in KMU zum Einsatz kommen.
Um die vorhandenen Potenziale zur Automatisierung der Fertigung in KMU besser nutzen zu können, wird im Rahmen des Forschungsprojekts Porthos ein portables Handhabungssystem für den Einsatz in der Produktion entwickelt. Es lässt sich flexibel an verschiedenen Bearbeitungsstationen einsetzen.
Das portable Robotersystem ist intuitiv programmierbar, passt sich automatisch an seine Umgebung an und überwacht seinen Gefahrenbereich mittels optischer Sensoren, so dass separate Trennwände entfallen. Gefördert wird das Projekt Porthos mit Mitteln des BMBF innerhalb des Rahmenkonzeptes „Forschung für die Produktion von morgen“, betreut durch das Forschungszentrum Karlsruhe.
Porthos zeichnet sich durch eine Reihe von Eigenschaften aus, die speziell auf den Einsatz in KMU abgestimmt sind:
  • Portabilität des Robotersystems: Durch die Portabilität ist der Benutzer in der Lage, den Roboter je nach Bedarf ohne großen Aufwand an unterschiedlichen Maschinen einzusetzen. Der Porthos-Roboter wird mittels eines Hubwagens bewegt und vor der Maschine mit standardisierten, mechanischen Schnittstellen angedockt. Hierzu verfügt die Roboterplattform über Vorrichtungen, die mit Gegenstücken am Hallenboden eine schnelle Verriegelung erlauben. Die Versorgung des Roboters mit Elektrizität, Druckluft und Daten lässt sich über wenige Verbindungen herstellen.
  • Programmierplattform: Eine der Zielsetzungen des Porthos-Projekts ist die Entwicklung einer Programmierplattform, die den Randbedingungen von KMU gerecht wird. In der Regel steht dort kein oder nur wenig Personal mit Roboter-Fachwissen zur Verfügung. So sollen sich durch die Entwicklung einer intuitiven, aufgabenorientierten Programmiermethodik betriebssichere Roboterprogramme mit einem stark reduzierten Aufwand und ohne umfangreiche Programmierkenntnisse generieren lassen. Da der Roboter durch das häufige Umsetzen auch neu kalibriert und programmiert werden muss, wurde ein zweistufiges Benutzungskonzept entwickelt. In der ersten Phase – der Installation –, wird ein Datenmodell aller Roboterstationen erstellt, an denen das System eingesetzt werden soll. Dieser Schritt muss im Idealfall nur einmal von einem Experten durchgeführt werden. Die dadurch entstehenden Zellenmodelle bilden die Grundlage für die grafisch interaktive Programmerstellung in der zweiten Phase – der Betriebsphase. Im Rahmen der Programmierung lassen sich dann die Handhabungsaufgaben in aufgabenorientierter Form beschreiben (etwa „Entnehme Rohteil aus Rohteilpalette“). Dies führt schließlich automatisch zu einem lauffähigen Roboterprogramm.
  • Flexible, sensorbasierte Handhabung: Ein flexibler Einsatz des Robotersystems bedeutet neben einem variablen Einsatzort vor allem, dass der Roboter unterschiedliche Aufgaben ausführen kann. Daher wurde ein modulares Servo-Greifersystem entwickelt, welches sich an unterschiedliche Werkstücktypen anpasst. In den Greifer wurden optische Sensoren integriert, die der automatischen Kalibrierung und der Objekt- und Lageerkennung dienen. Aufgrund der modularen Bauweise lassen sich sowohl Abstands-, Lichtschnitt- oder bildgebende Sensoren als alternative Lösungsvarianten einsetzen.
  • Sensorbasierte Personensicherheit: Trennende Schutzeinrichtungen werden heute noch fest mit jeder Maschine verbunden, wodurch an jedem Einsatzort des portablen Robotersystems ein Sicherheitszaun zur Gewährleistung der Personensicherheit erforderlich wäre. Dies führt jedoch zu dem Verlust der Flexibilität des Porthos-Roboters und verursacht darüber hinaus hohe Kosten. Um den Flexibilitätsanforderungen auch beim Sicherheitssystem Rechnung zu tragen, wird zur Absicherung des Gefahrenbereichs eine sensorbasierte Vorrichtung mitgeführt, die aus Laserscannern besteht. Die Scanner überwachen den frei programmierbaren Sicherheitsbereich aktiv und verfügen darüber hinaus über Funktionen zur Selbstkontrolle, um den korrekten Betrieb der Sensoren zu überwachen.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Der Einsatz von Industrierobotern in kleinen und mittleren Unternehmen erfordert die Entwicklung von flexiblen, intelligenten und leicht bedienbaren Systemen. Ein für diese Anforderungen geeigneter Roboter muss ortsflexibel sein und sich schnell an wechselnde Einsatzumgebungen und Aufgaben anpassen können. Der Zeitaufwand für die Umrüstung muss kurz und die Bedienung von angelernten Mitarbeitern einfach durchzuführen sein. Nur so kann die Anforderung bezüglich Wirtschaftlichkeit bei stark variabler Auftragslage und geringer Auslastung einzelner Maschinen erfüllt werden. Der Porthos-Roboter erfüllt diese Anforderungen durch seine Portabilität, die intuitive Programmierplattform, die flexiblen Handhabungskonzepte und die neuartige Sicherheitstechnik in geradezu optimaler Weise.
Ein Robotikexperte ist im Idealfall nur einmal zu Rate zu ziehen

Veranstaltung
Das WZL-Forum veranstaltet am 15. Juli ein Seminar zum Thema „Innovative Robotertechnik zur Werkstückhandhabung“. Im Rahmen des Seminars werden aktuelle Verfahren zur Programmierung von Industrierobotern, zur industriellen Bildverarbeitung, zur adaptiven Greiftechnik und zur Sicherheitstechnik vorgestellt und diskutiert.
Kontakt:
WZL-Forum gGmbH
Fr. Kirstin Marso
Tel. (0241) 80-23614
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