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Spritzguss: Schäumen wird immer einfacher

Spritzguss
Schäumen wird immer einfacher

Auf der Fakuma 2017 wurde eine Schäum-Methode vorgestellt, die keinerlei Veränderungen an der Spritzgießmaschine erfordert: Das Granulat schleust sein Treibmittel selbst ein, mit dem es kurz zuvor beladen wird. Eine weitere Neuheit ist der Silikon-Schaumspritzguss. ❧

Olaf Stauß

Eine maschinelle Vereinfachung brachte schon das physikalische Schäumverfahren ProFoam, das vom IKV entwickelt und von Arburg industrialisiert wurde: Bei dieser Art Schaumspritzguss gelangen Material und Treibmittel gemeinsam über eine Granulatschleuse in die Schnecke, die ansonsten unverändert bleibt. Nun könnte es noch einfacher werden: Das Kunststoff-Institut Lüdenscheid (KIMW) und die Linde AG entwickelten einen Vorprozess, bei dem getrocknetes Granulat mit CO2 als Treibmittel angereichert und dann der Spritzgießmaschine (SGM) zugeführt wird. Dafür entwickelt die ProTec Polymer Processing GmbH derzeit ein Peripheriesystem.

Ein Vorteil besteht darin, dass sich jede normale Spritzgießmaschine ohne konstruktive Veränderungen für das Schäumen eignet. Aber es gibt noch weitere Vorzüge, die ProTec so beschreibt: Generell bietet der neue Prozess sämtliche Vorteile des physikalischen Schäumens, ist dabei aber so einfach zu handhaben wie das chemische Schäumen.

Da das von ProTec entwickelte Peripheriesystem mehrere Spritzgießmaschinen gleichzeitig beliefern kann, lassen sich kleine und große Chargen wirtschaftlich fertigen. Eine Fertigungsmethode, die im Leichtbau große Bedeutung erlangen könne, meint Andreas Kürten vom KIMW auf der Fakuma. Er ist Geschäftsführer der KIMW Anwendungstechnik GmbH, einer der unabhängigen Gesellschaften des Lüdenscheider Instituts. Den Anstoß für die Entwicklung gab – wie bei so mancher neuen Technik – eine unerwartete Entdeckung. Die Forscher wollten testen, ob sich Kunststoffgranulat auch mit CO2 trocknen lässt, berichtet Kürten. „Und dabei erstaunte uns, dass das Kohlendioxid im Material bleibt.“ So entstand die Idee, das im Granulat gespeicherte Gas als Treibmittel zu nutzen.

Trockner belädt Granulat mit Treibmittel

Auf der Fakuma präsentierte Maschinenpartner ProTec eine Peripherielösung, die künftig die SGM vollautomatisch mit dem Treibmittel-behafteten Granulat versorgen soll. Sie besteht aus Trockner, Autoklav und Fördereinheit. Die CO2-Beladung sei bereits an verschiedenen Kunststoffsorten getestet worden – das Granulat bleibe über Stunden hinweg reproduzierbar schäumfähig.

Der Trockner ist verfügbar und wurde auf der Fakuma 2017 gezeigt. Zentral bedient wird die integrierte Anlage über eine netzwerkfähige SPS-Steuerung, mit der bereits heute alle Trockner und Dosierer der Somos-Produktlinien von ProTec ausgestattet sind. Ab der Fakuma 2018 soll die Peripherielösung komplett sein.

Die neue Schäumlösung bietet sich laut ProTec insbesondere für die Automobilindustrie an, die mit Leichtbauteilen den Spritverbrauch reduzieren und die Reichweite elektrischer Fahrzeuge steigern will. Bisherigen Versuchsreihen zufolge soll sich das Gewicht der Teile um bis zu 60 % senken lassen. Zusätzlich bieten die Schaum-Spritzgussteile durch ihre Zellstruktur eine verbesserte Wärme- und Geräuschdämmung. Interessant ist das neue Verfahren aber auch für alle anderen Branchen, die ihren Materialeinsatz verringern wollen, etwa für die Elektro-, Elektronik- und Möbelindustrie oder für Hersteller von Haushaltsgeräten und Freizeitartikeln.

Silikon-Schaumspritzguss ist anwendungsreif

Die M+S Silicon Formteile GmbH versteht sich als Spezialist für das Spritzgießen von Feststoff- und Flüssigsilicon (LSR) und produziert anspruchsvolle, teils sehr spezifische Teile aus diesen Gummi-Materialien. Materialien, die in der Extrusion auch gerne geschäumt und dann für Dichtungen in verschiedenen Formen verwendet werden. Dazu muss das Schaumsilikon zugeschnitten und/oder gestanzt werden. „Am Ende hat man oft mehr weggeworfen als übrigbleibt“, sagt Markus Pflips, Geschäftsführer von M+S Silicon. Immer wieder kommt die Frage: Kann man das nicht auch spritzgießen?

Nun ist es soweit. Auf der Fakuma präsentierte das Unternehmen Silikonschaumteile, die direkt im geschlossenen Werkzeug physikalisch geschäumt werden. Das physiologisch unbedenkliche Treibmittel wird dem unvulkanisierten Flüssigsilikonkautschuk nahezu drucklos hinzugegeben. Im Prinzip ist jedes Flüssigsilikon für den Schäumprozess geeignet, erklärt Pflips.

Bei dem Prozess handelt es sich um eine gemeinsame Entwicklung mit dem Anwendungszentrum UNIpace der Universität Kassel. Die Fertigungsreife sei nun erreicht, betont Pflips. „Wir haben das Verfahren mit bestehenden Werkzeugen getestet. Es funktioniert. Die Anwendungen können kommen.“

Dichtungen etwa, die bisher als Raupe aufgetragen wurden, können nun auch Einlegeteile sein. Geschäumte Silikonformteile lassen sich in neuartigen Geometrien herstellen, wirtschaftlich in Groß- und auch Kleinserien. Neue Anwendungen werden vorstellbar. Nicht zuletzt erweitert sich das Eigenschaftsprofil des Werkstoffs: Geschäumte Silikonteile fühlen sich zum Beispiel anders an als kompakte, haben veränderte haptische Eigenschaften und eine geringere Wärmeleitfähigkeit.

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